Mores monstrare

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Give me all of you,
cards on the table, we're both showing hearts,
risking it all, though it's hard.

(John Legend – All of you)

Severus war weder im Salon noch im Herrenzimmer. Hermine lauschte, konnte aber nichts hören. Wohin hatte er sich jetzt zurückgezogen? Im Sommer war es sein Labor gewesen, aber der Schuppen lag in Schutt und Asche. Und wo auch immer er war: Was tat er da? Sie schloss die Augen, als sie hören konnte, wie er seine Hand ... Sie schüttelte den Kopf. Zog ihren Umhang aus, trocknete ihre Kleidung mit einem schnellen Zauber und ... stockte.

Es hatte funktioniert. Beim ersten Versuch. Und sie hatte keine Okklumentik benutzt! Ihr Herz überschlug sich, sie stieß ein leises Geräusch aus, irgendetwas zwischen Schluchzen und Lachen. Wischte sich über die feuchten Augen und wollte so instinktiv Severus erzählen, dass es geholfen hatte, seinen Fluch zu lernen, dass sie sich umdrehte und die verlassene Treppe hinaufsah. Ihr Lächeln verblasste und sie ging in den Salon.

Inzwischen war es nahezu komplett dunkel, also entzündete sie die Lampen an den Wänden (ebenfalls problemlos) und warf ihren Umhang über die Lehne des Sessels, sah sich nachdenklich um. Sie war müde, nach der emotionalen Achterbahnfahrt draußen sogar extrem müde, aber ihr Kopf war unruhig und sie wollte nicht schlafen gehen, ohne die Dinge mit Severus geklärt zu haben. Sie machte sich Sorgen um ihn, wurde den Gedanken nicht los, dass er sich wieder wehtun könnte und dieses Mal sie diejenige gewesen war, die ihn dazu getrieben hatte. Und sie wollte auch nicht allein schlafen. Nicht nachdem sie gerade wieder zueinander gefunden hatten.

Ihr Blick fiel auf das Klavier und sie lächelte freudlos. Im Sommer hatte es eine Brücke geschlagen zwischen ihnen. Hatte ihm den Anstoß gegeben, sich mit seiner zerrissenen Seele auseinanderzusetzen und die Heilung zuzulassen. Vielleicht konnte es noch mehr heilen als eine Seele.

Also setzte sie sich, klappte den Klavierdeckel hoch und begann zu spielen. Die Töne zerschnitten unangenehm laut die Stille und sie fühlte sich im ersten Moment genauso kribbelig wie im Sommer; als würde sie etwas Verbotenes tun. Ihr Herz flatterte in ihrer Brust, ihre Finger zitterten viel zu sehr, um fehlerfrei spielen zu können, und mit einem Ohr horchte sie auf Schritte hinter sich. Ihr Nacken prickelte, als würde Severus in der Tür stehen und sie beobachten.

Was er vermutlich nicht getan hatte, denn es dauerte über eine halbe Stunde, bis er neben ihr auftauchte. „Was tust du da, Hermine?", fragte er und sah sie mit unbewegter Miene an.

„Klavier spielen", entgegnete sie und legte die Hände in den Schoß. Jetzt war die Stille plötzlich irgendwie bedrückend. Ihr Blick zuckte zu seiner Hand, aber es war nicht zu sehen, ob er ...

„Warum?"

Sie blinzelte. „Weil ich nicht wusste, wo du bist, und dich nicht zwingen wollte, dich mit mir auseinanderzusetzen."

„Und das ist kein Zwang?", fragte er missmutig und gestikulierte zum Klavier.

„Nein, das ist ein Klavier." Sie biss sich auf die Unterlippe, als er sie verdrossen ansah, lachte leise. „Spiel mit mir", bat sie dann und rutschte zur Seite.

„Ich will nicht."

Sie nickte. „Okay. Können wir dann wenigstens reden?"

„Worüber?"

Hermine seufzte. „Über Anstand?" Er rümpfte die Nase. „Oder über deine Eltern. Was ist mit ihnen passiert? Leben sie noch? Oder darüber, warum du in den Erinnerungen, die du mir gegeben hast, verschlissene Umhänge getragen hast, während ihr hier gelebt habt." Sie ließ den Blick durch den Salon wandern. „Oder darüber, wer Madelaine ihren Namen gegeben hat, wenn du es nicht warst." Sie sah zu ihm auf. „Über irgendetwas, Severus. Ich will alles über dich wissen."

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon