Legilimentik

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You've got power,
power,
you've got power
over me.

(Isak Danielson - Power)

Sie begegnete Ginny beim Abendessen. „Er weiß es", sagte sie leise, nachdem sie sich neben sie gesetzt hatte.

„Wer weiß was?", fragte die irritiert zurück.

Hermine fing ihren Blick ein. „Er weiß, was wir besprochen haben. Neulich am See."

Ginnys Gesichtszüge erschlafften. „Scheiße", murmelte sie. „Wie?"

Hermine schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht hier darüber reden. Genau genommen wollte sie gar nicht darüber reden, jedenfalls mit niemandem außer Severus. Ihr Blick geisterte über den mit Essen überladenen Tisch, aber sie hatte keinen Appetit. „Ich geh ins Bett", beschloss sie und stand auf, keine zwei Minuten nachdem sie sich gesetzt hatte.

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Missing Scene LIV:

Obwohl Ginny irgendwie damit gerechnet hatte, wurde ihr ganz anders, als am Sonntagmorgen die Eule vor ihr auf dem Frühstückstisch landete und ihr das Bein entgegenstreckte. 10 Uhr, mein Büro. Mehr stand nicht in der kurzen Notiz, aber sie hätte die Handschrift unter Tausenden erkannt. Sie schluckte und steckte die Nachricht weg, bevor irgendjemand sie sehen konnte.

War das jetzt gut oder schlecht? Würde Snape ihr die Erinnerung nehmen? Würde er sie nachsitzen lassen? Ihr androhen, sie rausschmeißen zu lassen, sollte sie jemals ... Ginny presste die Lippen aufeinander. Sie wünschte, Hermine wäre hier. Aber sie hatte sie seit dem Abendessen gestern nicht mehr gesehen und vorhin erfolglos an ihre Tür geklopft. Nur dass sie dieses Mal sicher wusste, dass Hermine nicht ihre Zeit mit Snape genoss. Entweder hatte sie sie ignoriert oder sie lief mal wieder ihre Runden um den See. Oder war ganz woanders.

„Ginny?"

Sie merkte auf. „Hm?"

Lucy sah sie mit gerunzelter Stirn an. „Geht es dir gut? Du siehst so abwesend aus ..."

„Oh, nein. Ich meine, ja, es geht mir gut." Sie lächelte ihre Klassenkameradin an und hoffte, dass es ehrlich aussah. Lucy war in den letzten zwei Monaten nach Charlies Tod und seitdem es zwischen Harry und ihr so schwierig geworden war, noch aufmerksamer geworden, als sie es ohnehin schon gewesen war. Manchmal wurde es Ginny fast ein bisschen zu viel. Aber sie war ihr auch sehr dankbar dafür.

Den Weg hinab zu Snapes Büro musste sie eine Stunde später dann trotzdem allein gehen. Ginny sah sich nach links und rechts um, klopfte und wischte sich die nassen Hände an ihrer Hose ab, während sie wartete. Snape hatte sie noch nie in sein Büro zitiert – sie hatte diese Erfahrung nicht vermisst.

Die Tür schwang mit einem leisen Knarren auf und sie schielte in den von so vielen Schülern gefürchteten Raum, der eigentlich viel harmloser aussah, als sie erwartet hatte. Sie holte tief Luft und trat ein. „Sie wollten mich sprechen, Professor Snape?", sagte sie und reckte das Kinn.

Er saß an seinem Schreibtisch und hob jetzt den Blick von seiner Lektüre. Bevor er in irgendeiner Form reagierte, knallte die Tür hinter ihr zu und Ginny zuckte zusammen. „Setzen Sie sich", schnarrte er und deutete mit der Spitze der Feder, die er in der Hand hielt, auf den Stuhl vor dem Schreibtisch.

Sie kam der Aufforderung nach, rutschte auf der Sitzfläche nach ganz hinten und begegnete seinem stechenden Blick. Ihre Nackenhaare stellten sich auf und sie fragte sich, wie Hermine in diese Augen sehen und Zuneigung empfinden konnte.

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtWhere stories live. Discover now