Geburtstagstänze - Teil 2

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I'll take you up
above ground.
Over feel,
overfire.

(THC – Overfire)

Das Lieblingslied ihrer Mutter war längst vorbei und trotzdem bewegten sie sich noch auf eine Art, die man mit ein bisschen Fantasie tatsächlich als Tanzen bezeichnen konnte. Hermine hatte auch immer noch ihr Gesicht gegen seine Brust geschmiegt und Severus' Herzschlag war lauter als die Musik. Es war ein Geräusch, nach dem sie süchtig werden könnte, gleichzeitig beruhigend und elektrisierend. Seine Wärme an ihrem Gesicht, seine Nähe, sein Geruch ... Es fühlte sich so unwirklich an, dass das passierte. Dass ihr unnahbarer und unterkühlter Lehrer es zuließ, dass sie ihm so nahe kam, ihn berührte, umarmte, küsste, mit ihm tanzte. In genau diesem Moment fühlte es sich sogar so unwirklich an, dass sie überzeugt war, gleich in ihrem Bett im Gryffindor-Schlafsaal aufzuwachen, weil sie immer noch in der sechsten Klasse war und nur mal wieder zu sehr ihren Träumereien nachgehangen hatte.

„Das ... passiert gerade wirklich, oder?", hörte sie sich fragen und war davon selbst so überrascht, dass sie erstarrte.

Auch Severus hielt inne. „Was meinst du?"

Hermine schluckte, sah dann aber doch zu ihm auf. „Das alles hier. Ich und ... du."

Er runzelte die Stirn, sein Blick sprang zwischen ihren Augen hin und her und irgendwie wirkte er ... besorgt. So als hätte er Angst, sie würde gerade den Verstand verlieren. Nur langsam schien er zu begreifen, was sie meinte, aber dann nickte er. „Ja."

Sie biss sich auf die Unterlippe. Für ihn musste es genauso unwirklich sein, sich auf jemanden einzulassen, der vor gefühlt fünf Minuten noch seine Schülerin gewesen war; auf jemanden, der so viel jünger war als er. Er hatte sie kennengelernt, als sie knapp zwölf Jahre alt gewesen war. Konnte sie ihm auf lange Sicht überhaupt geben, wonach er suchte? Mangelte es ihr nicht an Lebenserfahrung und Reife? Würde er nicht bald anfangen, sich mit ihr zu langweilen? Frustriert sein, weil sie so vieles in ihrem Leben noch erreichen musste, was er schon längst hinter sich hatte? Was wollte er überhaupt mit ihr? Sie war doch nur ...

Severus beendete ihr Gedankenkarussell, indem er ihr Gesicht in seine Hände nahm und sie küsste. Wahrscheinlich hatte er ihr mal wieder angesehen, worüber sie sich den Kopf zerbrach; sie neigte dazu, nicht so arg auf Okklumentik zu achten, wenn sie bei ihm war. Es störte sie einfach nicht, wenn er ihr ihre Emotionen ansehen konnte. Und wahrscheinlich wusste er nicht, was er dazu sagen sollte, denn was sollte er auch sagen? Es war nun mal Fakt, dass er beinahe zwanzig Jahre älter war als sie, keine Worte dieser Welt konnten das ändern. Und ob es zu Problemen führen würde, mussten sie abwarten.

Hermine seufzte gegen seinen Mund. Sie hasste es, nicht zu wissen, was auf sie zukam. Sie hasste es, ins kalte Wasser zu springen und schwimmen zu müssen. Und sie hasste es, dass ihre Mum recht gehabt hatte, damals vor inzwischen elf Jahren. Als sie auf Hermines Frage, woher sie gewusst hatte, dass sie ihren Dad für immer lieben würde, geantwortet hatte: „Ich weiß es nicht, Mina. Ich will es und dein Dad will es auch und deswegen passiert es."

„Und wenn du oder Dad es nicht mehr wollen?", hatte Hermine gefragt und sie wusste noch, dass ihr Herz auf einmal ganz schnell geschlagen hatte.

„Darum mach ich mir Gedanken, falls es dazu kommen sollte. Dann ist immer noch Zeit dafür."

Hermine hatte das damals nicht verstanden und tagelang diese nagende Angst mit sich herumgetragen, dass ihre Eltern irgendwann aufhören könnten, einander lieben zu wollen. Es war erst besser geworden, als sie sich getraut hatte, ihren Vater zu fragen, ob er glaubte, dass das jemals passieren würde. Rückblickend vermutete sie, dass ihre Mum ihm von ihrem Gespräch erzählt hatte, denn er wirkte nicht überrascht. Eher erleichtert, vielleicht weil er ihr angesehen hatte, wie sehr sie dieses Gespräch beschäftigte. „Warum sollte ich damit aufhören wollen?", hatte er sie gefragt und zu ihrer Mum gesehen, die gerade die Rosenbüsche beschnitten hatte. „Deine Mum und du, ihr seid alles, was ich jemals haben wollte."

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtWhere stories live. Discover now