Naginis Groll

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Healing comes so painfully
and it chills to the bone.
Will anyone get close to me?
I'm damaged, as I'm sure you know.

(Plumb – Damaged)

Hermine blieb ein paar Schritte vor Snape stehen, holte tief Luft. Er war nicht bewusstlos, wie sie geglaubt hatte. Dieses Mal nicht. Die Realität dieser Situation traf sie unvermittelt und genauso hart wie in der ersten Nacht dieses Schuljahres. Was würde er tun, wenn er sie sah?

Sie biss die Zähne aufeinander und reckte das Kinn, bevor sie weiter auf ihn zuging. Hermine trat auf einen Stock und das Knacken ließ ihn den Kopf herumreißen. Selbst in dieser Dunkelheit konnte sie erkennen, wie sein Blick sich verfinsterte. „Miss Granger ..." Es klang wie eine Beleidigung und er verzog das Gesicht, als hätte er plötzlich einen üblen Geruch in der Nase. „Verschwinden Sie, ich brauche Ihre Hilfe nicht." Er stemmte seine Hände in den Boden und versuchte sich aufzusetzen, aber genauso wie seine Beine eben wollten auch seine Arme sein Gewicht nicht tragen. Er sackte mit einem Keuchen zurück auf den Boden.

Hermine schluckte. Ihn so zu sehen, war, wie die eigenen Eltern beim Sex zu erwischen – einfach nicht okay. Trotzdem schlich sie noch ein paar Schritte näher heran und ging neben ihm in die Hocke. „Ich ähm ... werde Sie in den Krankenflügel bringen, Sir."

„Nein", grollte er und sein Blick ließ sie erstarren. „Nicht in den Krankenflügel."

„Aber Sie ... Sie sind verletzt, Sir. Sie brauchen Hilfe."

Er schnaubte abfällig und schloss die Augen. Presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie ganz weiß wurden und kaum noch zu erkennen waren. Dann stemmte er sich wieder hoch und dieses Mal zwang er sich auf beinahe unmenschliche Art dazu, seinen Körper in eine sitzende Position zu bringen. Als sein Bein sich dabei bewegte, stieß er unwillkürlich ein Stöhnen aus und verzog das Gesicht. Er erstarrte und atmete, sekundenlang blieb er still.

Hermine musste die Hände zu Fäusten ballen, um ihn nicht zu berühren. Sie wollte ihm helfen, ihn stabilisieren, ihn fortbringen und Madam Pomfrey Bescheid sagen, aber wenn sie ihn jetzt so rücksichtslos überging, würde er ihr niemals vertrauen. Nach etwa einer Minute räusperte sie sich leise und sein Blick zuckte zu ihr. „Wie kann ich Ihnen helfen, Professor Snape?"

Er funkelte sie an. „Verschwinden Sie! Und kommen Sie nie wieder hierher."

„Das kann ich nicht tun, Sir", entgegnete Hermine. Ihr Herz schlug so heftig, dass sie überzeugt war, er müsste es sehen können. „Soll ich Professor Dumbledore holen? Sie wollten Ihren Patronus zu ihm schicken, oder?"

„Das geht Sie nichts an."

Sie seufzte. „Ich weiß, schon gut." Sie stand auf, zum einen weil ihre Beine zu kribbeln begannen, zum anderen weil das doch so ohnehin keinen Zweck hatte. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, nach Professor Snape sehen zu wollen? Er war schon unnahbar und unfreundlich, wenn es ihm körperlich gut ging; jetzt war er wie ein verwundetes Tier, das sich vermutlich lieber das Bein abbeißen würde, anstatt sich aus der Falle helfen zu lassen.

Aber sie hatte zugegebenermaßen auch nicht damit gerechnet, ihn jemals bei Bewusstsein und so hilflos anzutreffen. Sie hatte gedacht, er würde sich entweder selbst helfen können oder bewusstlos sein. Eine Begegnung wie diese hatte sie nicht kommen sehen.

Als sie sich wieder zu ihm umwandte, hatte er sich in seiner sitzenden Position stabilisiert und den Kopf in den Nacken gelegt. Mondlicht floss über sein Gesicht, er war entsetzlich blass. Und auf dem Boden rund um sein Bein herum hatte sich eine Blutlache gebildet. Hermine holte zischend Luft. „Sir, das ... sieht wirklich übel aus."

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtDonde viven las historias. Descúbrelo ahora