Die Münzen

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Trundle my troubles away,
drown my sorrows same way.
It seems no matter how hard I try,
it feels like there's something just missing inside.

(Brandie Carlile – What can I say)

Am nächsten Morgen erhöhte Hermine die Dosis ihres Trankes. Sie hatte die Nacht damit verbracht, sich von einer Seite zur anderen zu wälzen, was ihr Bett gegen halb drei dazu veranlasst hatte, sie unvermittelt auf den Boden zu schmeißen.

Hermine war einen Moment lang erschlagen liegengeblieben und hatte gehorcht, ob Lavender oder Parvati aufwachten, aber anscheinend hatten sie ihre Betten mit den gleichen Zaubern belegt wie Hermine; solange sie hinter den Vorhängen waren, drangen keine Geräusche zu ihnen durch. Schließlich war sie wieder in ihr Bett gekrochen und hatte sich bemüht, still liegenzubleiben – trotz der Ameisen, die durch ihre Glieder wanderten. Offensichtlich waren von der Trankwirkung nur die Nebenwirkungen übrig geblieben, denn nach den Geschehnissen des letzten Abends fühlte sie sich wieder genauso verwirrt und verloren wie in der Nacht, in der Hagrid sie zum Spiegel Nerhegeb geführt hatte.

Der Spiegel Nerhegeb ... Für einen Moment hatte sie die fixe Idee, sich Harrys Umhang zu holen und den Geheimgang zur Hütte zu suchen. Sie wollte es noch einmal sehen, noch einmal beinahe spüren, wie Snape nach ihrer Hand griff und sich zu ihrem Ohr herunterbeugte. Sich an seinen Atem auf ihrem Hals erinnern, als er ihr zugeflüstert hatte: Potter darf das Schloss nicht verlassen! Das ist eine Falle! Sie schauderte.

Es war das erste Mal seit Monaten, dass sie ihre Gedanken und Gefühle nicht unter Kontrolle bekam – nicht durch den Trank und auch nicht mit Okklumentik. Sie sollte nicht so für ihren Lehrer empfinden. Eigentlich sollte sie gar nicht mehr empfinden!

Hellwach starrte sie das Zifferblatt ihres Weckers an, versuchte die Unruhe zu beherrschen, das Ziehen in ihrer Brust zu ignorieren und wartete auf den Morgen. Damit es Zeit wurde für die nächste Dosis des Tranks. Damit alles wieder normal wurde. Damit sie endlich aufhören konnte, sich nach ihm zu sehnen.

Als der Trank nun zusammen mit den ersten Sonnenstrahlen ihren Geist klärte, atmete sie erleichtert auf – gleich nachdem die Kopfschmerzen verschwunden waren. Sie waren heftiger bei der höheren Dosierung, aber sie hatte sich inzwischen so sehr daran gewöhnt, dass sie ihnen keine Bedeutung mehr beimaß. Und selbst wenn ... Heute stand Zaubertränke auf dem Stundenplan und sie konnte es sich nicht leisten, sich irgendetwas anmerken zu lassen. Wenn sogar Dean schon etwas bemerkt hatte, musste sie definitiv besser aufpassen. Nicht auszudenken, wie Snape sie behandeln würde, wenn er davon erfuhr ...

Als es nach dem Mittagessen dann soweit war, stand sie trotzdem unruhig neben Dean vor der Tür zum Klassenzimmer. Was, wenn der Trank wieder aufhörte zu wirken? Was, wenn sie sich trotz des Trankes wieder in ihn verliebt hatte und es jetzt nichts mehr gab, mit dem sie es unterdrücken konnte? Was, wenn ihre Gefühle so stark waren, dass ...

Sie schloss die Augen und biss sich auf die Unterlippe. Fest. Genoss den scharfen Schmerzen, weil er sie ablenkte von der Angst, die ihr das Herz bis zum Hals schlagen ließ.

„Hey! Ist alles okay?", fragte Dean leise.

Sie zuckte zusammen, rang sich ein Lächeln ab. „Ja, es geht mir gut. Nur müde ..."

Er nickte und erwiderte ihr Lächeln schief.

Hermine wandte den Blick ab. Sie musste sich zusammenreißen, bevor so viele ihrer Mitschüler hinter ihr Problem kamen, dass sie es nicht mehr kontrollieren konnte. Ginny wusste es und Harry ahnte es; wenn Dean jetzt auch noch seinen Verdacht bestätigt sah, würde es bald Gerüchte geben. Ihr Wangen wurden warm, als sie sich nur vorstellte, was das bedeutete.

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtWhere stories live. Discover now