Der letzte Abend

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We are the reckless,
we are the wild youth,
chasing visions of our futures,
one day we'll reveal the truth.

(Daughter - Youth)

Am nächsten Nachmittag saß Hermine neben Ginny auf den Tribünen des Quidditchfelds und beobachtete die Jungs, wie sie sich 'ein paar Bälle zuwarfen' – so hatte Ron es genannt. Für sie sah es eher so aus, als versuchten sie, sich gegenseitig umzubringen. Fred, George, Harry und Ron jagten in halsbrecherischem Tempo durch die Luft und Hermine war schon mehr als einmal zusammengezuckt – sehr zu Ginnys Vergnügen. „Beruhig dich, Mine! Das muss so."

„Ich weiß", entgegnete Hermine gequält und wandte mal wieder den Blick ab, als Fred den Klatscher in Harrys Richtung schlug. „Warum spielst du eigentlich nicht mit?"

Ginny lehnte sich zurück und schlug ein Bein über das andere. Ihre langen roten Haare flatterten im Wind und sie strich sie sich über die Schulter. „Ich hatte keine Lust."

Hermine zog eine Augenbraue hoch. „Du hattest keine Lust", wiederholte sie ungläubig. „Seit wann hast du keine Lust auf Quidditch? Noch dazu so!" Sie gestikulierte zu den Jungs. „Da würde Harry dich definitiv nicht mehr übersehen."

Ginny schürzte die Lippen und ihre ohnehin schon geröteten Wangen verfärbten sich noch mehr. „Er hat mich neulich bemerkt ...", sagte sie vage.

„Und?"

Sie seufzte. „Aber nur, weil er glaubt, ich wäre die Richtige, um dich von deinen Plänen abzuhalten."

Hermine kniff die Augen zusammen. „Welche Pläne?"

„Snape."

„Na klar ...", schnaubte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. Missmutig beobachtete sie Harry, der heute mal nicht nach dem Schnatz suchte, sondern zusammen mit Fred den Jägerposten übernommen hatte, während Ron als Hüter und George als Treiber spielten. Beide sahen inzwischen ziemlich erschöpft und ein bisschen mitgenommen aus, dabei spielten sie nur mit einem Klatscher. „Was hat er dir denn gesagt?", wandte sie sich wieder an Ginny.

„Dass du ... dich in irgendetwas reinsteigerst. Und dass du es traurig findest, dass Snape ein Arsch ist? Und dass du sein Vertrauen gewinnen willst."

Hermine blinzelte.

„Lass mich raten, Harry hat was falsch verstanden?", fragte Ginny und jetzt klang sie beinahe so ernüchtert wie Hermine eben.

„Ich hätte es anders formuliert, aber wenn man bedenkt, dass es von Harry kommt ...", gab sie vorsichtig zu.

Jetzt zog Ginny die Augenbrauen hoch.

Hermine seufzte. „Ich hab ... Professor Snape letztes Jahr verletzt auf den Ländereien gefunden, als er ..." Sie sah sich um, aber sie waren nach wie vor allein auf der Tribüne. „Als er von einem Todessertreffen zurückkam. Ich hab ihn in den Krankenflügel gebracht, sonst wäre er da draußen wahrscheinlich gestorben."

„Krass", murmelte Ginny und beugte sich ihr ein bisschen entgegen, weil Hermine so leise sprach. Dass Snape als Spion für den Orden arbeitete, war auch ihr nicht entgangen. Nachdem Arthur angegriffen worden war, waren die Weasleys (abgesehen von Ron, der ins Schloss zurückgekehrt war) im Haus am Grimmauldplatz untergekommen, weil sie das St.-Mungos von dort aus schneller hatten erreichen können. Sie hatte ihn dort gesehen, wenn der Orden sich traf, und Hermine hatte ihr nach den Ferien gestanden, dass sie das schon gewusst hatte.

Nun nickte sie. „Er hatte anscheinend ziemliche Schwierigkeiten, das Vertrauen von Du-weißt-schon-wem zurückzugewinnen. Da hab ich mir einfach Sorgen gemacht, dass das nochmal passieren könnte, und hab nach ihm gesehen, wenn Harrys Narbe wehgetan hat."

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtWhere stories live. Discover now