Die Wohltat der Leere

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Anytime tomorrow I will lie and say I'm fine.
I'll say yes when I mean no.
And any time tomorrow
the sun will cease to shine.
There's a shadowman who told me so.

(K's Choice – Shadowman)

Hermine hatte die Hände zu Fäusten geballt, während sie neben Ginny zum Krankenflügel lief. Zum Glück waren die Ärmel ihrer Robe lang genug, um es zu verbergen. Es war anstrengend, ihren Geist so konsequent zu okkludieren – und gleichzeitig fühlte es sich so gut an, dass sie nicht damit aufhören konnte. In ihr war es ruhig, zum ersten Mal seit gestern Abend.

Ein paar Schüler begegneten ihnen und sahen sie neugierig an. Hermine wusste nicht, wie viel von dem, was letzte Nacht passiert war, sich bereits in Hogwarts herumgesprochen hatte. Und erst recht wusste sie nicht, wie viel von ihrer Rolle dabei durchgesickert war. Dass die Weasleys die Nacht in Hogwarts verbracht hatten, zusammen mit einigen anderen Ordensmitgliedern, die medizinisch hatten versorgt werden müssen, war sicherlich nicht unbemerkt geblieben. Aber niemand sprach sie an, also waren es vermutlich nur Gerüchte.

Trotzdem vermisste sie die Stille von heute Morgen. Dabei sollte sie als Schulsprecherin ansprechbar für jeden sein und die Lehrer entlasten ...

„Dürfen wir jetzt zu ihm?", fragte Ginny auf einmal und Hermine riss sich blinzelnd aus ihren Gedanken. Sah sich irritiert um. Sie waren tatsächlich schon im Krankenflügel, Madam Pomfrey stand mit grimmiger Miene vor ihnen. Die Strapazen der letzten Nacht waren auch ihr anzusehen. Da das St.-Mungos in der Hand der Todesser gewesen war, waren alle verletzten Ordensmitglieder hierher gebracht worden. Was mit den verletzten Todessern passiert war, wusste Hermine nicht und sie fragte sich, ob es sie beunruhigen sollte, dass es sie auch nicht interessierte. Sie schob den Gedanken von sich, beschwor die Ruhe wieder herauf. Atmete tief aus. Ja, das war besser.

„Fünf Minuten", entschied Madam Pomfrey in diesem Moment und während sie Ginny passieren ließ, stellte sie sich Hermine in den Weg. „Und Sie möchte ich untersuchen, bevor Sie wieder gehen, Miss Granger."

„Es geht mir gut", sagte sie.

„Dann spricht ja nichts dagegen." Mit diesen Worten wandte sie sich um und verschwand in ihrem Büro.

Hermine seufzte und ließ ihren Blick durch den Krankensaal schweifen. Ginny verschwand gerade hinter einem Vorhang am anderen Ende des Saals und sie folgte ihr langsam. Viele der Betten waren noch belegt, aber überall waren die Vorhänge zugezogen, sie konnte nicht sehen, wer noch behandelt wurde.

Als sie Harrys Bett erreicht hatte, holte Hermine tief Luft. Ron und seine Eltern waren auch gerade da, alle hatten rot geränderte Augen und sahen sie niedergeschlagen an. Harrys Oberkörper war dick bandagiert, auf einer Hälfte seines Gesichts war eine gelbe Paste aufgetragen. Da er seine Brille nicht tragen konnte, kniff er die Augen zusammen. „Hermine", sagte er dann.

Sie schluckte. „Hey", entgegnete sie, verschränkte die Arme vor der Brust und blieb am Fußende des Bettes stehen.

„Meine Liebe", murmelte Molly und kam zu ihr, schloss sie in die Arme. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht."

Hermine nickte. „Es tut mir so leid, Mrs Weasley", hauchte sie, aber es war laut genug, dass auch Arthur es hörte. Er senkte den Blick.

Molly schniefte, löste sich von ihr und strich ihr mit einem gequälten Lächeln über die Wangen, bis Arthur ihr eine Hand auf die Schulter legte und sie sich in seine Arme flüchtete.

Hermine schnürte sich die Kehle zu. Sie wandte den Blick ab und begegnete Rons. „Bist du okay, Mine? Du warst auf einmal verschwunden ..."

„Ja, ich bin okay."

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtWhere stories live. Discover now