Der Spion

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I was just guessing at numbers and figures,
pulling the puzzles apart.
Questions of science, science and progress
do not speak as loud as my heart.

(Coldplay – The Scientist)

Missing Scene XXVI:

Sie hat nicht unrecht, weißt du?

„Halt dich da raus, Albus!", grollte Severus und lief ein paar Runden durch das alte Schlafzimmer seiner Jugend.

Hab ich mich nicht lange genug herausgehalten?

Severus knurrte leise. Diese Magie von Dumbledore war tatsächlich noch aufdringlicher als der Schulleiter selbst es gewesen war. Gedankenverloren rieb er sich das Brustbein, hinter dem es so heftig brannte, seitdem ...

Du weißt, dass kein Weg daran vorbeiführt, Severus. Du musst deine Seele heilen lassen. Und du musst es tun, bevor du vor Erschöpfung zusammenbrichst.

„Ich kann nicht." Er lief gegen eine Kommode und dieser Schmerz ließ ihn scharf Luft holen, klärte aber auch kurz seinen Verstand. Für einen Moment verschwand die Musik aus seinem Kopf. Warum hatte er sich bloß zu ihr gesetzt? Warum hatte er bloß mitgespielt? Er sollte ihr fernbleiben! Er sollte sie fortschicken! Sollte dafür sorgen, dass sie nicht länger Gefahr lief, wieder ...

Dafür musst du sie nicht wegschicken, mein Junge.

Severus blieb abrupt stehen. „Hör auf, mich so zu nennen! Ich bin nicht dein Junge!"

Zu seiner Überraschung schwieg die Magie tatsächlich und Severus lief weiter. Merlin, er war so müde! Selbst Wachtränke konnten einen nur so weit bringen. Das alles hier war eine Übergangslösung, weil er hoffte, einen anderen Weg finden zu können als ... das. Aber ja, eigentlich wusste er, dass es keinen anderen Weg gab. Wenn die letzten Tage ihm etwas bewiesen hatten, dann das.

Nicht mal Madelaine hatte etwas geändert, dabei hatten sie und ihre grenzenlose Gutmütigkeit ihm sonst immer geholfen, zur Ruhe zu kommen. Kein Mensch hatte ihn jemals so angesehen wie dieses Pferd, das er nie hatte haben wollen. Aber auch sie war nicht allmächtig. Es gab Dinge, die auch sie nicht heilen konnte. Oder nur lindern.

Eigentlich wusste er, dass Hermine recht hatte. Er hatte es auch schon gewusst, bevor sie ihm das Buch gezeigt hatte, schließlich hatte er die Bücher gelesen, die er besaß. Aber er wusste auch, was es bedeutete, die Schuld zuzulassen und aufrichtig zu bereuen. Keine Okklumentik anzuwenden. Es auszuhalten und zu heilen. Schon beim Gedanken daran brannten seine Augen (und das nicht vor Müdigkeit) und Severus schlug mehrmals mit der Faust gegen die Wand, bis es aufhörte. Seine Fingerknöchel waren aufgeschrammt und blutig, seine Hände zitterten. „Verdammte Scheiße ...", hauchte er und lehnte sich gegen die Wand, sank daran zu Boden.

Es war nur eine kleine Nische, in der er saß. Rechts von sich der Nachtschrank, links eine Kommode. Das Holz an beiden Seiten seines Körpers zu spüren, tat unerwartet gut. Wie Grenzen. Er zog die Beine an, stützte die Ellbogen auf die Knie, verbarg das Gesicht hinter seinen Armen. Er musste seine Seele heilen lassen. Je länger er zögerte, desto größer war das Risiko, dass der Dunkle Lord ihn rief. Und nach dem, was beim letzten Mal passiert war, würde er seinen Geist gründlich durchsuchen. Severus musste den Todesser-Teil nutzen können, ohne dass er wieder die Kontrolle übernahm und alles vermasselte. Wenn der Dunkle Lord nochmal so viel Widerwillen in Severus' Geist finden würde, würde er ihn umbringen, loyaler Diener hin oder her.

In seinem Magen kitzelte es, als er blicklos zur Zimmertür sah. Es lag ein Imperturbatio-Zauber auf diesem Zimmer; Hermine konnte nicht hören, was hier passierte. Vermutlich hätte sie sonst auch schon längst in der Tür gestanden, nachdem er eben die Wand verprügelt hatte. Severus streckte die Finger durch, verzog das Gesicht. Das tat zu sehr weh, um nur verschrammt zu sein. Er schnaubte. Hatte geglaubt, dass er das seltener tun würde, wenn Dumbledore erst mal ... Wenn dieser ... dieser Druck endlich ... Er zog seinen Zauberstab hervor und deutete auf seine linke Hand. „Episkey!", murmelte er und die Schmerzen verschwanden fast komplett. Um die Schrammen würde er sich später kümmern. Am besten bevor Hermine sie sah.

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtOù les histoires vivent. Découvrez maintenant