Im Raum der Wünsche

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Louder, louder than a lion
'cause I am a champion
and you're gonna hear me roar.

(Katy Perry - Roar)

Die Wände im Raum der Wünsche flimmerten vor Magie. Hermine ließ ihren Blick mit offen stehendem Mund über die Banne wandern, die – so vermutete sie – jede Form von Magie absorbieren würden, die sie produzierte. Sie war allein hier, es gab nichts außer den geschützten Wänden ... Severus hatte recht gehabt, der Raum hatte ihr einen Ort erschaffen, an dem sie sich mit ihrer Magie befassen konnte, ohne dass etwas passierte.

Ihr kleines Schluchzen überraschte sie so sehr, dass sie sich eine Hand vor den Mund schlug. Merlin ... Sie war es so leid, sich mit der Blockade in ihrem Kopf arrangieren zu müssen. Und offensichtlich war es ja nur das. Wenn sie ihre Gefühle komplett okkludierte, hatte sie keine Schwierigkeiten zu zaubern. Es war Angst, die an ihrem Vertrauen nagte. Eiskalte Angst. Was, wenn es nochmal passierte, dass sie einen tödlichen Fluch auf jemanden losließ, ohne das überhaupt zu wollen? Ohne darüber nachgedacht zu haben? Ohne zu zögern?

Sie wusste, dass Severus recht hatte. Dass es am Einfluss der Urne gelegen hatte. Aber da war dieser Restzweifel ... Sie konnte einfach nicht darauf vertrauen. Was, wenn es doch wieder passieren würde? Was dann? Was?

Mit einem Kopfschütteln riss sie sich aus ihren Gedanken, bemerkte erst da, dass sie zu zittern begonnen hatte. Spitzte die Lippen und atmete langsam aus. Das Trommeln ihres Herzschlages wurde etwas langsamer.

Seitdem sie gestern Narcissa in Severus' Geist gehört hatte, saß ihr diese Angst noch viel kälter im Nacken als in den letzten Wochen. Diese Angst und die, dass Severus ihre Strafe würde verbüßen müssen. Woher wollte er wissen, dass niemand ihm den Mord an Lucius Malfoy anhängte? Severus hatte schließlich selbst gesagt, dass der auch noch im Tod mehr Einfluss hatte, als es ihr bewusst war. Vielleicht würde Narcissa es schaffen, dass irgendjemand ihr zuhörte. Vielleicht würden die Beweise verschwinden, die Severus entlasteten. Vielleicht konnte niemand getötet werden, ohne dass jemand einen Preis dafür bezahlte. Einen Preis, der höher war, als das dumpfe Ziehen ihrer vernarbten Seele hinter ihrem Brustbein.

Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr zog sich ihr Magen zusammen. Nachdem sie heute Morgen in ihr Zimmer zurückgekehrt war, war es so schlimm gewesen, dass sie einen Moment lang nicht hatte atmen können. Wie sollte sie damit bloß leben? Wie konnte es einen Weg geben, das auszuhalten? Severus hatte ihr gesagt, er würde ihr dabei helfen, aber wie wollte er das tun? Indem er sich für sie verurteilen ließ?

Hermine sank in die Hocke, als der leere Raum um sie zu schwanken begann. Stützte sich mit den Händen auf dem kalten Boden ab und wartete, bis es nachließ. Bis sie wieder atmen konnte und ihr Gesicht nicht mehr kribbelte.

Sie hatte Severus versprochen, sich nicht dem Ministerium zu stellen, und sie würde dieses Versprechen halten. Vorerst. Wenn es im Laufe seines Prozesses danach aussah, dass man ihm doch diesen Mord anhängen wollte, würde sie ihr Versprechen brechen, egal, was für Konsequenzen das für sie oder ihre Beziehung zu Severus haben würde. Sie würde ihn nicht für ihre Taten bezahlen lassen.

Hermine blinzelte und zog die Nase hoch, wischte sich mit dem Handrücken darüber und sah zur flimmernden Wand ihr gegenüber. Hob den Zauberstab und versuchte zu ignorieren, dass er zitterte. „Stupor!", sagte sie leise.

Nichts passierte.

- - -

Hermine verbrachte über zwei Stunden im Raum der Wünsche – ohne Erfolg. Genauso wie sonst auch gelang ihr ungefähr jeder dritte Zauber ohne Okklumentik und alle mit. Selbst nachdem sie ihre Angst so ungefiltert zugelassen hatte, dass sie eine Panikattacke bekommen hatte, war der Schnitt nicht besser geworden. Dafür war sie müde, ausgelaugt und zittrig und konnte sich nicht dazu bringen, auch nur noch einen Zauber zu wirken. Nach dem Mittagessen war sie wieder mit Severus verabredet, da musste sie noch genug zaubern.

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz