Verschlusstechniken

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There is no sense in pretending.
Your eyes give you away.
Something inside you is feeling like I do.
We've said all there is to say.

(Noe Venable – Breakdown)

Als Hermine das nächste Mal aufwachte, fühlte sie sich – noch mehr als in der Nacht zuvor – als ob sie aus einem schlechten Traum erwachen würde. Dabei hatte sie gar nicht mehr geträumt. Es dauerte auch dieses Mal eine Weile, ehe ihr einfiel, was passiert war, und dann begann ihr Herz wieder so heftig zu schlagen, dass ihr ganz schwindelig davon wurde.

Ob das wohl jemals aufhören würde? Oder gehörte das von jetzt an zu ihrem Leben? Und wenn es so war – hatte sie es nicht verdient? Sie hatte jemanden umgebracht. Severus hatte es Notwehr genannt, aber sie war sich unsicher, ob das Ministerium das genauso abtun würde. Immerhin handelte es sich um Lucius Malfoy.

Sie hatte sich gerade aufgesetzt und die Beine über den Rand des Bettes fallen lassen, als Severus in der Tür auftauchte. Er hatte ein kleines Tablett in der Hand; eines von denen, mit denen sie im Unterricht ihre Zutaten holten. Einige Phiolen standen darauf, daneben lag ein Stapel sauberer Tücher. „Ich muss deine Wunden versorgen, sonst hext Minerva mich ins nächste Jahrhundert."

Sie lächelte schwach. „Okay."

Er stellte das Tablett neben ihr auf dem Nachtschrank ab, dann holte er sich einen Stuhl und setzte sich ihr gegenüber. Während er mit gerunzelter Stirn eine Phiole öffnete und etwas von dem Trank auf ein Tuch gab, studierte Hermine sein Gesicht. Er hatte seine eigenen Wunden offensichtlich bereits geheilt, denn es war nichts mehr davon zu sehen. Dafür hatte er dunkle Ringe unter den Augen und sah blass und angespannt aus.

„Wir hätten das schon letzte Nacht tun sollen", stellte er fest, als er den Kratzer auf ihrem Nasenrücken betupfte. Es brannte und sie verzog das Gesicht.

„Es ist mir egal", murmelte sie abwesend. Sollte es sich doch entzünden. Sollten doch Narben zurückbleiben.

Er hielt inne und sah ihr in die Augen. „Einige dieser Wunden könnten Narben hinterlassen."

Sie zuckte mit den Schultern. „Würde es dich stören?"

„Darum geht es nicht."

Hermine senkte den Blick auf seine Hände, die jetzt bewegungslos in seinem Schoß lagen. Dann wieder hinauf zu seinem Gesicht. Er hatte eine kleine Narbe an der Stirn. Sie streckte die Hand danach aus und erst wich Severus vor ihrer Berührung zurück, dann biss er die Zähne aufeinander und ließ es zu. Ihre Finger tasteten über die schmale weiße Linie, die sich nicht von seiner Haut abhob. „Woher hast du die?"

„Ich bin als Kind von der Schaukel gefallen."

„Ich auch", murmelte sie gedankenverloren. „Hatte eine schlimme Gehirnerschütterung. Hat sich genauso angefühlt wie ..." Sie stockte, als ihr Herz einen Satz machte und Voldemorts Gesicht vor ihr auftauchte. Sie kniff die Augen zusammen und rieb sich die Stirn. Krallte ihre freie Hand in das Bettlaken neben sich und hielt die Luft an.

„Sieh mich an, Hermine." Sie tat es widerwillig. „Wie hat es sich angefühlt?"

Sie schluckte. Ihr schlug das Herz bis zum Hals und sie schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht darüber reden. Sie wollte, dass das aufhörte!

„Sprich es aus."

Sie rieb mit dem Daumen über ihren Handrücken, auf dem auch eine Schramme war. Es tat ein bisschen weh und irgendwie tat das gut. „Wie nach ... Du-weißt-schon-wer hat meinen Geist durchsucht, wie du ... vermutet hattest. Hinterher hab ich mich genauso gefühlt wie damals."

Inter Spem et Metum - Zwischen Hoffnung und FurchtWhere stories live. Discover now