04| da bist du ja

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~vár- fay wildhagen

e s t e l l a

Das Frühstück lag mir noch schwer im Magen, als ich um halb neun auf dem hellen Boden des Ballettsaals saß und die Beine gerade ausstreckte. Ich beugte mich vor und umschloss mit den Händen meine Füße. Die Dehnung zog sich schmerzhaft, gleichzeitig so wohltuend durch meinen ganzen Körper.

Die Pause wegen der Grippe, die ich hatte, hatte mir echt nicht so gut getan.

Es war eine Erleichterung, nun endlich wieder tanzen können, ohne vor Husten stoppen zu müssen.

Wir waren heute eine kleine Gruppe. Viele waren noch krank. Wahrscheinlich lag es am überraschendem Umschwung des Wetters.

Trotz der Kälte wärmten nun hereinfallende Sonnenstrahlen meine blanke Haut. Ich steckte in einem schlichten Ballettanzug und hatte darüber eine dünnes Röckchen aus Chiffon in Wickeloptik angezogen.

Meine Haare hatte ich auch als wir auf unsere Zimmer zurückgekehrt waren, nicht bändigen können, also wurden sie jetzt einfach von einer Klammer hoch gehalten.

Für die nächsten neunzig Minuten würde ich trainieren, danach hieß es schnell duschen, umziehen und mit der Schule starten. Mathe stand gleich als erstes an. Ein perfekter Start.

Schon bald würden die Auditions für unser diesjähriges Theater stattfinden. Nussknacker.
Es würde ein riesiges Spektakel werden: Atemberaubende Show, todschickes Dinner und alle Eltern der Schüler würden kommen. Zudem einige Talent- Scouts von richtigen Ballettschulen. Eine wahnsinnige Chance.

Ich würde mein beste geben, das hatte ich mir fest vorgenommen.

So lehnte ich mich noch etwas tiefer in die Dehnung.

Madame Fournier war im Nebenraum schwerst beschäftigt. Sie gab ein paar Zusatz- Stunden für die neuen Schüler und Schülerinnen, die teilweise zum aller ersten Mal in ihrem Leben tanzten. Am Anfang war es für sie wichtig, erstmal ein Gefühl für Ballett zu entwickeln.

Ein Gefühl, worauf sie sich hier eingelassen hatten.

Ich sah in den Nebenraum, während ich meine Füße dehnte. So böse meine Lehrerin auch werden konnte, ich hatte den Eindruck mit den Jüngeren ging sie um einiges sanfter um. Bei uns war ihr wahrscheinlich längst die Geduld ausgegangen.

Manche kleinen Schüler machten planlos einige Aufwärmungs Übungen an der Stange nach. Ihre Bewegungen waren großteils einfach nur schlaksig. Ich lächelte, als ich sah, wie sehr sie sich bemühten und anstrengten.

Nach knappen zehn Minuten war ich warm
und ging als erstes auch an die sogenannte Barre, vor der riesigen Spiegelfront. Selbstkorrektur war äußerst wichtig.

Erstmal lagen ein paar simple Achsen zur Vorbereitung an. Danach würde ich in der Mitte Platzierungsübungen wiederholen. Einige meiner Sprünge waren auch noch ausbaufähig.

Die anderen Mädchen und Jungen aus meiner Gruppe verteilten sich quer im Raum, jeder war mit sich selbst beschäftigt- mit den Aufgaben, die Madame Fournier uns am Anfang der Stunde aufgetragen hatte. Sie entschuldigte sich mehrmals, weil sie irgendwas falsch geplant hatte, sodass sie nun eben zusätzlich die Neuen trainierte.

Ich tanzte vielleicht insgesamt zehn Minuten höchstkonzentriert auf Spitzenschuhen, da schoss Madame Fournier auf einmal herein.

Sofort wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, die irgendwo beim Frühstück fest gehangen hatten- Codyan Walsh und sein plötzliches Auftreten gingen mir einfach nicht aus dem Kopf.

Warum auch immer.

Aus dem normalerweise strengen Dutt meiner Lehrerin hatten sich ein paar graue Strähnen gelöst und umrahmten ihr schmales Gesicht.

The light you brought Where stories live. Discover now