70| mom und dad

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e s t e l l a

tv- billie eilish

»Oh, ich bitte dich, du Mistkerl! Du spazierst hier rein, als wäre rein gar nichts! Sechs Tage! Sechs Tage hat es gedauert, bis du dich ins gottverdammte Flugzeug gesetzt hast, um mal nach deiner kranken Tochter zu gucken!«, schrie meine Mutter und kam meinem Vater in ihrer Wut so nah, dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berühren.

Dieser schnaubte und verschränkte die Arme. »Emma, das kannst du besonders gut, oder?
Dich immer als besseres Elternteil darstellen?
Stell dir vor, ich habe tatsächlich gearbeitet!
Für meine Tochter! Für meine Familie!«

»Red dir das meinetwegen weiter ein, wenn es dir hilft, dich besser zu fühlen! Wir beide kennen ja die Wahrheit. Ich habe sofort die Arbeit sofort hingeschmissen, als ich den Anruf bekommen habe und bin auf direktem Weg hergeflogen.«

»Wir beide kennen die Wahrheit? Wir beide?!
Gott, du machst mich so wahnsinnig!«

»Warum bist du dann überhaupt hergekommen?«, fragte Mom trocken und mit ihrem herablassenden Ton, den sie besonders gut draufhatte.

Alles ging wieder von vorne los. Aber das wunderte mich nicht. So war es schließlich immer, wenn meine Eltern aufeinander trafen. Es endete bloß in einem riesigen Streit, bei dem man kaum mehr unterscheiden konnte, wer gerade wen anschrie.

Gott sei Dank befand Codyan sich im Augenblick in Skogsgård, auch wenn ich mich nach ihm sehnte.
Ich hätte es nicht ausgehalten, wenn er hier wäre, weil es mir unangenehm war, wenn er dieses Drama ansehen müsste. Zumal er meinen Vater noch nicht mal richtig kennengelernt hatte.

Aber den kümmerte das im Moment eh kaum.
Viel zu sehr war er damit beschäftigt, die Vorwürfe, die meine Mutter ihm sekundenweise machte, mit neuen Anschuldigungen zu überbieten. Ich lag einfach daneben im Bett, konnte mich fast nicht bewegen und sah ihnen stumm dabei zu.

Warum musste es nur immer so schwierig sein? Warum konnten sie sich kein einziges Mal zusammenreißen?

»Die auf den anderen Zimmern können euch übrigens hören.«, sagte ich einfach heiser, als Mom wieder lauter wurde und drohend den Zeigefinger hob.

Auf der Stelle fuhren beide herum und starrten mich an. Der Blick meiner Mutter wurde augenblicklich sanfter, sie kam sofort auf mich zu und setzte sich zu mir, um mir die Hand zu tätscheln. Auch Dad trat näher und räusperte sich verlegen.

»Entschuldige, mein Schatz. Du solltest das nicht mitbekommen. Wir... wir sind einfach beide im Augenblick sehr besorgt um dich und deine Gesundheit.«

»Ist gut. Alles gut. Reißt euch bitte einfach mal für eine kurze Weile zusammen. Wenigstens solange ihr hier in meinem Zimmer seid.«

»N- Natürlich...«, stammelte meine Mutter, die selbstbewusste Fassade fiel kurz. Ich sah ihnen beiden an, wie sie mit ihren Gefühlen kämpften. Der Satz musste sie getroffen haben, aber wenn das dazu beitrug, dass sie endlich aufhörten sich anzubrüllen, war es das wert.

Mein Vater seufzte ein weiteres Mal. »Also gut- wie geht es dir, Stella?«

»Was ist das denn für eine Frage? Siehst du diese drei Infusionen hier stehen? Und ihren Puls auf dem Monitor? Denn dann wüsstest du, wie verdammt schwach dieses überanstrengte Herz deiner Tochter ist.«, keifte meine Mutter.

Ich sah, wie mein Vater sofort zurückschießen wollte, es aber mir zu Liebe schaffte, die Fassung zu bewahren. Dankbar entspannte sich mein Körper. Einen weiteren Streit hätte ich nicht ausgehalten. Nicht hier, nicht jetzt. Nicht, wenn mein Herz sowieso so sehr schmerzte.

The light you brought Where stories live. Discover now