46| wahre gerüchte

95 3 0
                                    


e s t e l l a

i know it won't work- gracie abrams

Es war die allerbeste Zeit des Jahres: Dezember. Die Weihnachtszeit. Kekse backen, Weihnachtsmärkte, Schlittschuhlaufen und vor allem die Vorfreude auf das Julfest.

Und obwohl ich wusste, dass Codyan all das hasste, fand ich es süß, wie sehr er versuchte, mich vom Gegenteil zu überzeugen.

»Also, du bist dir sicher? Du lässt das Training ausfallen?«, fragte ich nochmal und warf einen flüchtigen Blick über die Schulter, bevor ich mich wieder meinem Spiegelbild widmete. Codyan stand mit gekreuzten Armen da und hatte sich in den Türrahmen gelehnt. Er sah einfach nur unfassbar gut aus.

»Stella. Natürlich.«, sagte er mir nur ermahnend und ich lächelte. Wir hatten spontan geplant heute nach Oslo auf einen der allergrößten und schönsten Weihnachtsmärkte zu fahren. So eine Art Doppeldate, denn Winnie und Keeton kamen mit.

»Okay.« Meine Stimme klang glücklich, denn so fühlte ich mich auch.

Schnell trug ich etwas schimmernden Lipgloss auf und warf eine Haarbürste in meine lederne Handtasche, die ich danach schulterte. Ich stand auf und schlüpfte in meine warme Jacke. Darunter trug ich mehrere Schichten. Es war so kalt draußen, dass ich nicht zu einem verdammten Eisblock gefrieren wollte.

Ich blieb vor Codyan stehen und blickte ihn an. Er wickelte mir einen Schal um den Hals. »Nicht, dass du nochmal krank wirst.« Als er mir einen sanften Kuss auf die Stirn gab, konnte ich nur lächeln und das Gefühl eines Kribbeln im Bauch genießen.

Unsere Hände verschränkten sich wie von selbst, während wir den Flur entlang gingen um Winnie und Keeton draußen zu treffen. Wir würden das Stück ins Dorf gehen und von dort aus mit dem Zug nach Oslo fahren.

Ein erstes, richtiges Date, dachte ich verstohlen.

Wir kamen vorbei an der Gemeinschaftsküche, aus der lautes Lachen und ein himmlischer Geruch drang. »Hi, Stella!« Edda winkte mir grinsend vom Herd aus zu, genau wie Carlie, die einen Kochlöffel in der Hand hielt und sich eine Schürze umgebunden hatte. Nur Esther starrte erst mich, dann Codyan ausdruckslos an und schnitt schnell weiter Gemüse auf einem Brett.

Fast hatten wir die Küche hinter uns gelassen, da hörte ich ihre absichtlich laut gesprochenen Worte:»War ja klar, dass sie uns allen ihre tolle Beziehung zeigen muss. Wie kann man so arrogant sein.«

Ein eiskalter Schauer kroch mir die Wirbelsäule empor und setzte sich wie eine Kralle um mein Herz.
Hatten die anderen recht? Hatte ich mich so sehr in meiner alten Freundin getäuscht?

Schluckend schlüpfte ich durch die Tür, die Cody mir offen hielt. Er hinderte mich jedoch am Weitergehen, indem er stehengeblieben war und meinen Arm sanft festhielt.

»Stella? Ist alles gut?« Seine Augen wanderten über mein Gesicht, als erwarte er eine bestimmte Reaktion. Ich gab mir die größte Mühe meine Emotionen zu kontrollieren, aber darin war ich schon immer schlecht gewesen.

Es hatte eh keinen Zweck zu lügen. Ich wollte es ihm früher oder später sagen, also erwiderte ich:»Du kennst Esther, ja? Hast du gehört, was sie eben gesagt hat?«

»Ja, ich kenne sie. Sie ist deine Freundin.« Codyan griff nach meiner Hand und führte mich zu den Treppen. Er schien bemerkt zu haben, wie ich mehrmals schlucken musste- wie ich kurz vorm weinen war. »Was hat sie gesagt? Ich habe nichts gehört?«

Ich suchte nach den richtigen Worten- aber alles was ich gerade denken und fühlen konnte war eine
verdammt bittere Enttäuschung.

»Stella-« Er drückte mich sanft aber bestimmt auf die Treppen, sodass ich mich hinsetzen konnte.

The light you brought Where stories live. Discover now