27| brichst du ihr herz

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c o d y a n

hang with me- robyn

Es war nach ein Uhr nachts, als ich Estellas Schreibtisch fertig aufgeräumt hatte. Es gab viele Menschen, die einfach in purem Chaos lebten, ohne irgendeine Ordnung, aber bei ihr schienen eher Zeitmangel oder Stress der Grund für den verwüsteten Tisch zu sein.

Die letzten Stifte wanderten in einen Aufbewahrungsbecher und ich legte meinen Aufsatz über Genetik zur Seite, den ich ihr schnell geschrieben hatte. Hoffentlich würde es ihr etwas Entlastung schaffen. Ein Grund, damit sie sich morgen verdammt nochmal ausruhte.

Ich stand auf, schloss das gekippte Fenster aus dem die kalte Luft hereinströmte, und ging leise zu Stella herüber.

Sie hatte sich stundenlang herumgewälzt und öfter unverständliche Sachen genuschelt. Der Tisch neben ihrem Bett sah aus wie eine Krankenstation: Vier ausgetrunkene Tee Tassen, Medikamente und mehrere Taschentuchpackungen. In nur wenigen Sekunden hatte ich für etwas Ordnung gesorgt.

Schließlich kniete ich mich neben sie und sah ihr entspanntes, dennoch blasses Gesicht an. Die langen Wimpern, ihre geschwungenen Lippen und die dunklen Augenbrauen. Auch im tiefen Schlaf schienen Stellas Wangen erhitzt und ab und zu verlief selbst unter der warmen Daunendecke ein Zittern durch ihren geschwächten Körper.

Es hatte sie übel erwischt. Und all das nur, weil sie am Samstag nass wurde. Hätte ich ihr meinen Pullover eher gegeben, eher dafür gesorgt, dass ihr nicht kalt war, wäre das vielleicht gar nicht erst passiert.

Mit der Hand fühlte ich ihre Stirn, woraufhin sie sich anspannte und wieder etwas murmelte. Das Fieber schien gestiegen zu sein. Hauptsache sie würde morgen endlich zum Arzt gehen und sich nicht länger davor drücken. Stella schien gewaltige Angst davor zu haben.

Meine Hand verharrte über ihrer Wange. Doch ich zog sie schnell zurück. Fuck, was dachte ich mir überhaupt?

Es hatte alles keinen Sinn.

Ich stand auf, zog ihr die Decke etwas höher und schaltete dann das kleine Licht auf dem Schreibtisch aus. Beinahe lautlos zog ich die Zimmertür hinter mir zu und atmete einmal aus.

Gott, wie viele Stunden hatte ich nur bei ihr verbracht?

Ein flüchtiger Blick auf mein Handy verriet mir, dass einige Jungs wohl noch wach waren. Ein paar hatten mir geschrieben und gefragt, wo ich denn bleiben würde. Will schickte ein Selfie von sich und einem Bier. Er wirkte nicht mehr ganz nüchtern.

Während ich durch den Gang ging und mein Schmunzeln nicht unterdrücken konnte, bemerkte ich nicht mal, dass in der Gemeinschaftsküche der Mädchen noch das große Licht angeschaltet war. Und es irgendwie verbrannt roch.

»He«, rief eine Stimme. Ich blickte von meinem Handy auf, nur um Winnie, Stellas beste Freundin, anzusehen. Sie hockte gekrümmt auf einem der Barhocker, den Kopf lässig auf ihre Handfläche gestützt. Ein zweites Mädchen stand im Satinpyjama am Herd und rührte lustlos in einem Topf herum, aus dem dieser verbrannte Gestank kam. Ihre Haare waren in unzählige Lockenwickler gedreht. Hatte Stella mir mal nicht ihren Namen gesagt? Carlie?

»Warte mal« Winnie hopste von dem Hocker herunter und strich sich das kirschrote Haar hinters Ohr. Sie kam auf mich zu. »Codyan, ich habe eine Frage.«

Ich trat näher und mein Blick wanderte vom einen Mädchen zum anderen. Mit der Schulter lehnte ich mich leicht in den Türrahmen. »Was gibts?«

»Pass mal auf, ich sage es jetzt direkt, ohne drumherumzureden: Was für Spielchen spielst du da mit ihr?«

Einen Moment verharrte ich bloß regungslos. Sie wollte eindeutig auf Estella hinaus.

»Du schläfst mit ihr in einem Zelt? Du kümmerst dich um sie, wenn sie krank ist? Verbringst mehrere Stunden in ihrem Zimmer? Nicht zu vergessen: Die Sache mit Arvid? Was wird das?« Winnie wirkte schon immer überbeschützend, was ihre beste Freundin anging.

The light you brought Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt