44| der wert einer freundschaft

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e s t e l l a

scott street~ phoebe bridgers

Es hörte nicht auf.

Unbekannt hörte nicht auf mir ähnliche Nachrichten über wildfremde Nummern zu schreiben. Es waren bisher drei Neue. Drei neue Texte, in denen er mir immer wieder sagte, ich müsste das beenden, sonst würde am Ende Licht auf etwas fallen, was zu lange Zeit im Schatten lag.

Was zur Hölle.

Langsam war es nicht mehr lustig. Es gruselte mich. Jedes Mal erschauderte ich nahezu, wenn mein Handy neben mir vibrierte. Aber ich konnte es auch niemandem erzählen. Weder einem meiner Lehrer, noch Codyan oder Winnie. Verdammt. Cody...
Er hätte nur eine der Nachrichten lesen müssen und sofort gemerkt, dass jemand auf ihn anspielte. Ich verstand es ja selbst sofort. Nach all dem schrecklichen Drama mit den Artikeln und den Fotos konnte ich ihm das nicht auch noch aufhalsen. Er war ja allein durch seine Wettkämpfe und Finals im Stress.

Es wäre gelogen zu behaupten, es würde mich nicht verdammt beunruhigen. Mittlerweile lief ich jeden Tag mit einem dünner werdenden Nervenkostüm durch die Schule. Der Unterricht lief okay, das Tanzen brachte mich auf andere Gedanken und bei Codyan zu sein war wohl oder übel mein schönster Part des Tages.

Ich hatte mich so sehr in ihn verliebt und war unendlich glücklich.

Deswegen konnte dieser verfluchte Unbekannt mich mal. Ich blockierte eine Nummer nach der nächsten und ignorierte es einfach, so gut ich jedenfalls konnte. Es hatte eh keinen Zweck, sich den Kopf zu zerbrechen.

Wenn etwas mit Codyan war, dann hätte er es mir selbst gesagt. Davon war ich einfach fest überzeugt. Er würde mich nicht belügen. Ich vertraute ihm.

Das war das einzige, was es schaffte, mich selbst zu beruhigen. Was die zu laut werdenden Gedanken stoppen konnte.

Stattdessen fokussierte ich mich in den nächsten Wochen auf Klausuren, auf meine Freunde und auf meinen Freund. Noch immer sprang mir mein Herz bei diesem Titel fast aus der Brust. Ich war überglücklich und niemand hatte das Recht, mir das zu zerstören.

Der erste Dezember stand gerade vor der Tür, da hatte ich schon seit mehr als einer Woche Ruhe gehabt. Niemand schrieb mir solche Nachrichten und niemand der vielen Mädchen tötete mich im Flur regelrecht mit ihrem Blick, sobald sie Codyans Hand sah, die fest um meine Taille geschlungen war.

Selbst die Mathe Klausur lief dank seiner Hilfe auch gut- jedenfalls hoffte ich das innig.

Der Schnee hörte gar nicht mehr auf zu fallen und die ganze Landschaft in ein glitzerndes Weiß zu tauchen. Oft- meistens am Abend- wenn Ruhe in das ganze Internat eingekehrt war, saß ich bloß auf meiner Fensterbank, den Kopf an die kühle Scheibe gelehnt, und starrte in die weiten Wälder.

Ich versuchte alles in mich aufzusaugen. Jeden noch so kleinen Moment. All die Erinnerungen und Eindrücke. Meine Zeit hier würde irgendwann vorbei sein. Bald war es nur noch ein Jahr. Und bald machte Codyan seine Finals, flüsterte eine verräterische Stimme.

In solchen Augenblicken versuchte ich mich einfach daran zu erinnern, dass dies erst im Frühjahr geschehen würde. Einige Monate lagen vor uns, in denen er noch hier wäre. Hier, bei mir.

Seufzend klappte ich meinen Laptop zu und stand aus meinem Schreibtischstuhl auf. Schluss für heute mit Lernen. Ich streckte mich ausgiebig und gähnte. Es war Sonntag. Bis eben hatte ich mit meinen Eltern telefoniert. Sie hatten nicht gestritten, aber die Stimmung war angespannt gewesen. Vielleicht war irgendwas mit Casper passiert. Ich beschloss meinem Bruder zu schreiben.

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