05| einfach nur will

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c o d y a n

Was zum Teufel hatte ich mir nur dabei gedacht?

Zwei Köpfe überragte ich das Mädchen vor mir. Einen Kopf den Typen, der mich aus aufgerissenen Augen anfunkelte und aussah, als würde er gerade abwägen ob er auf mich losgehen könnte.

Seine pochende Halsschlagader wirkte so, als hätte er mir gern die Zähne ausgeschlagen.

Er entschied sich wohl doch dagegen. Was besser so war.

Meine Augen schossen zu dem Arm des Mädchens, wo bis eben seine gekrampfte Hand geruht hatte.

»Was machst du da?«, fragte ich den blonden Jungen mit ruhiger Stimme, dessen Unterton wohl alles andere als ruhig war, weil er nun mit gehobenen Händen zurücktrat und dabei mit dem Rücken gegen die Wand stieß.

»Hast du sie gerade angefasst?«

»Entspann dich, Bro. Ich habe nichts...«

»Nenn mich nicht Bro. Und ich habe dich etwas gefragt.«

»Hey, hör mal, ich habe nichts gemacht. Sie ist gestolpert und ich habe ihr geholfen.«, laberte er irgendeinen ausgedachten Scheiß.

Sofort schoss sie herum. »Hör auf zu lügen, Arvid! Noch ein einziges Mal und ich gehe persönlich zum Direktor, das schwöre ich dir!«, fuhr sie ihn wutentbrannt an. Ihre Hände zitterten dabei jedoch.

»Das würdest du bereuen, Estella.« Seine Augen blitzten nur gehässig, dann drehte er sich um und verschwand wortlos um den Gang herum.

Was für ein kleiner Feigling.

Ich sah ihm nicht mehr nach, sondern beäugte das Mädchen. Ihr langes braunes Haar hing ihr etwas kraus ins Gesicht. Sie hatte ziemlich scharfe Gesichtszüge- ausgeprägte Wangenknochen und eine spitze Nase, dazu die grünen Augen.

Sie starrte auf einen unsichtbaren Punkt an der Wand. Ihre rosigen Lippen waren ein kleines Stück geöffnet. Ihre Brust hob und senkte sich unruhig. Sichtlich atmete sie einmal tief durch.

Mein Blick ließ nicht von ihr ab.

»Alles klar?«, fragte ich.

Als hätte sie mich bis eben nicht bemerkt, fuhr sie zu mir herum. Ihre Augen fixierten mich kurz, dann murmelte sie:»Ja. Danke. Danke für die Hilfe.« Sie strich sich ihr Haar zurück und lächelte.

»Melde ihn wirklich, wenn sowas nochmal passieren sollte.«

»Mache ich.«

Ich sah sie ein letztes Mal an. Dabei ignorierte ich das Gefühl, wie ich mein Herz schlagen spüren konnte. Wie ich Luft holte, bevor ich mich umdrehte und ging, weiter nach meinem Kursraum Ausschau hielt.

Die lauten Stimmen eben hatten mich auf sie aufmerksam gemacht. Eigentlich hatte ich im Südteil Unterricht. Ein kleiner Umweg.

Aber egal. Zu spät kommen würde ich eh, weil das Gespräch mit Mr Evensen viel zu lange gedauert hatte.

Er hatte mich bombardiert mit allen möglichen Informationen, Ratschlägen und mitleidigen Reden über den Sinn des Lebens, so bescheuert das auch klang. Wahrscheinlich wollte er mich motivieren. Mich dazu bringen, etwas aus mir zu machen und mich nicht selbst aufzugeben.

Hatte meine Mutter ihm das etwa angedeutet?

Wahrscheinlich- von keinem anderen würde ich das sonst erwarten.

Seufzend blieb ich vor Raum 143 stehen. Und drückte die Klinke herunter, nur um einen Moment später von über zwanzig Augenpaaren durchbohrt zu werden.

The light you brought Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora