55| unverzeihliche forderung

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c o d y a n

agape- nicholas britell

Weihnachten verging quälend langsam und ich fühlte mich wie gelähmt.

Ich saß an den Tischen der schicksten Restaurants, redete mit tausenden Menschen, deren Namen ich mir kaum länger als zehn Sekunden merken konnte, und besuchte die Firma.

Jedes einzelne Ereignis war verdammt schrecklich.

Ich hasste es.

Alles passierte, als wäre ich gar nicht richtig anwesend. Als würde alles bloß auf einer riesigen Leinwand vor mir laufen, und ich würde es mir stumm anschauen.

Ich war nicht mal ein Teil davon, sondern bloß weit entfernt.

Wie sollte das auch gehen? Wie sollte ich ein Teil von all dem, hier in England sein?
Ich wurde aus meinem alten Leben gerissen, hatte das einzige, was mir Halt gegeben hatte verloren, und sollte nun irgendwie weitermachen. Das war das, was man von mir erwartete. Es kam mir vor, als würde mit jedem Tag der verstrich, der Druck auf meinen Schultern einfach immer weiter wachsen.

Aber das war nicht einmal das schlimmste.

Die Nächte, in denen ich wach lag und die Decke anstarrte, weil ich an Stella dachte, übertrafen einfach alles.

Kein Schmerz war jemals mit dem vergleichbar, den ich empfand, als ich sie auf der Gala vor allen Gästen ansehen musste, und ihr einfach so das Herz brach. So, als hätte sie mir niemals etwas bedeutet.

Als ich sie anschaute, das wunderschöne Mädchen, das ich mehr als alles andere liebte, und es genau aus diesem verdammten Grund beenden musste.

Mir blieb keine Wahl. Stella zu schützen war das einzige, was ich jemals gewollt hatte. Es war das wichtigste, meine oberste Priorität. Vielleicht verstand sie es irgendwann. Jedenfalls hoffte ich das. In vielen Jahren, wenn sich die Dinge geändert hatten, vielleicht wusste sie, wieso ich es getan hatte. Aber dann war es längst zu spät.

Ich war mir sicher, sie würde irgendwann die talentierteste Tänzerin werden, die das Ballett je gesehen hatte. Niemand anderes hatte solch ein Durchhaltevermögen, solch eine Leidenschaft und solch einen Elan, wie Stella.

Und selbst wenn sie sich gegen diesen Weg entschied, eine völlig neue Richtung einschlug, wusste ich, dass sie die Welt mit ihrem Licht ganz sicher zu einem besseren Ort machen würde.

Und ich würde ihr dabei zusehen. Aus der Ferne.

Ich würde irgendwann Walsh& Fox Industries übernehmen, mit in das knallharte Geschäft einsteigen, nachdem Calum sich ausdrücklich vor meinen Eltern geweigert hatte, und auch Joshua immer mehr durchdrehte.

Nun blieb eben nur noch ich übrig. Es war keine freiwillige Entscheidung, da war ich mir sicher.

Und ich würde der perfekte, eiskalte Geschäftsmann werden, genau wie mein Vater- ich würde widerwillig in seine Fußstapfen treten und so tun, als würde es mir rein gar nichts ausmachen.
Als wäre all das mein Traum.

Ich glaubte damals an das Schicksal, als ich nach Skogsgård kam. Das sich Stellas Weg mit meinem kreuzte, hatte unmöglich Zufall sein können.
Denn egal was wir taten, wir fanden immer wieder zueinander. Es war, als wären wir irgendwie miteinander verbunden.

Als hätte sich seit meinem ersten Tag eine unsichtbare Schnurr zwischen uns gespannt, die uns immer wieder zusammenzog.

Aber jetzt wusste ich es so viel besser: Es hatte keinen Zweck mir irgendwas zu wünschen, meine Hoffnungen in sinnlose Träume zu stecken oder an das Schicksal zu glauben. An irgendwelche Zufälle, die mich und Stella immer wieder zusammengebracht hatten.

The light you brought Where stories live. Discover now