56| nussknacker

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e s t e l l a

never felt so alone- labrinth

Die Vorhänge öffneten sich langsam. Nicht ein einziges winziges Surren erklang dabei, alles blieb geräuschlos.

Die heißen Scheinwerfer erleuchteten, sorgten dafür, dass ich kaum eine klare Sicht auf die Menschenmassen hatte, deren Blicke auf der Bühne klebten.  Jeder war gespannt- erwartungsvoll.

Das Stück war groß angepriesen worden. Menschen aus aller Welt waren angereist. Familien, Freunde, Unbekannte und Trainer.

Das Publikum war mucksmäuschenstill.

Niemand regte sich, wagte es bloß zu atmen.

Ich verharrte in meiner Ausgangsposition. Die Arme grazil von meinem Körper gestreckt. Das Kinn entgegen meiner Brust gereckt. Ich verharrte ohne Rührung auf meinen Spitzen, spürte die routinierte Anspannung meiner Füße. Mein Herz donnerte wild in meiner Brust

Nicht ins Publikum schauen, nicht ins Publikum schauen...

Schon setzte die erste Musik des professionellen und vor allem imposanten Orchesters ein. Die Töne klangen absolut himmlisch. Anfangs erschien die Melodie ruhig, schließlich baute sie sich immer weiter auf.

Der erste Akt des Stücks begann im Hause der Familie Silberhaus. Klara feierte dort ihr Weihnachtsfest und traf schließlich auf ihren Onkel Drosselmeier- ihm gehört der verwunschene Nussknacker.

Der Tanz begann sanft. Der beeindruckende Tannenbaum erleuchtete und wurde geschmückt. Ewigkeiten hatten die anderen gebraucht, um dieses Bild zu erschaffen.

Ich hielt mich tänzelnd im Hintergrund. Kinder kamen nach und nach auf die Bühne gewirbelt, schließlich folgten die verkleideten Eltern.

Die Kulissen waren noch eher schlicht gehalten- eine schöne Darstellung des urigen Wohnzimmers, in dem das Fest sich abspielte. Ein Sofa, eine alte Turmuhr und Dekorationen.

Andere Tänzer und Tänzerinnen begannen den Tanz um mich herum. Jeder sah heute Abend unglaublich aus, in den aufwendig hergestellten Kostümen.

Die pompöse Bescherung folgte, Drosselmeier, der von einem riesigen Kerl namens Ruben getanzt wurde, präsentierte mir den Nussknacker, von dem ich ganz hingerissen war.

Ich folgte ihnen- wirbelte zwischen den anderen durch. Jeder Moment in dem ich kurzzeitig von den Spitzen sank und kurz die Anspannung aus meinem Körper weichen ließ, ließ mich aufatmen und das Engegefühl aus meiner Brust schwand.

Langsam flackerte das Licht. Der Abschied der Gäste fand statt. Die Musik wurde lauter- wurde wilder. Die anderen verschwanden tänzelnd von der Bühne und es zeigte sich die heran schreitende Nacht.

Ich schlich in großen Kreisen, setzte zu einem Sprung an, sobald sich die Schlacht zwischen den Spielzeugsoldaten aus Pfefferkuchen und dem beängstigenden Heer des Mausekönigs abspielte.
Ich liebte die Musik während dieser Szene, die herrlich dramatischen Streicher und die laute Querflöte, die einen Rhythmus der Bewegungen  vorgab. 

Der Nussknacker drehte sich erschrocken immer schneller in dem Tanz, der einen wilden Kampf darstellte- Klara mittendrin, und doch hielt sie sich im Hintergrund. Kein einziges Mal wagte ich es währenddessen einen direkten Menschen im Publikum anzublicken. Meine volle Konzentration lag auf meinem Tanz.

Die letzte Minute brach ein. Ich griff nach dem bereit liegenden Pantoffel und warf ihn dem Mausekönig an den Kopf. Quietschend flohen die Mäuse. Der Nussknacker verwandelte sich zurück, wechselte in flinken Umdrehungen das Kostüm, was sich wenden ließ.

The light you brought Where stories live. Discover now