08| mein lieblingsplatz

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~suddenly i see- kt tunstall

e s t e l l a

Verdammt.

Am liebsten hätte ich mich umgedreht und wäre einfach weggerannt. Weg vor Norah, weg vor Codyan, der mich mit einem Blick bedachte, bei dem mir schlecht wurde.

Und wie Norah vielleicht recht hatte mit seiner durchgängigen schlechten Laune. Wahrscheinlich konnte er so etwas wie Freude gar nicht erst empfinden. Oder nicht mal lachen. Abgesehen wenn er in Williams Gegenwart war, hatte ich ihn noch nie lächeln gesehen. Aber das war auch nichts besonderes. Wenn Will eins schaffte, dann andere zum Lachen zu bringen.

Ich zupfte meinen Rock zurecht und unterdrückte den Impuls, mir das Haar zurück zu streichen.

Was hatte Norah gesagt? Ich würde ihm eine Führung geben müssen?

Das könnte ja lustig werden.

Begeisterung sah bei ihm auf jeden Fall anders aus. Seine sowieso harten Gesichtszüge schienen angespannt. Seine blauen Augen trüber als sonst.
Er steckte in einer Trainingshose und einem weißen Shirt. Seine Haare waren noch nass. Nichts an ihm sah aus, als hätte er in irgendeiner Weise Lust auf meine Führung.

Unwillkürlich fragte ich mich, wer von den Mädchen das übernommen hätte, wenn ich nicht in dieses Unglück hineingeraten wäre. Wahrscheinlich Esther.

»Toll, danke.«, sagte Codyan nur ausdruckslos. »Aber ich denke es ist keine gute Idee wenn...«

Norah hielt ihm drohend ihren Zeigefinger vor die Nase. »Oh nein, mein Lieber, du brauchst dich gar nicht erst davor drücken. Die meisten Schüler bekommen ihre Führung am ersten Tag! Ich lasse deine Ausreden nicht mehr zählen. Sie werden langsam zu einfallslos.«

Codyans Lippen verzogen sich missbilligend.

»Außerdem ist Estella eine wirklich nette Mitschülerin. Sie geht in die Zwölfte. Du hast Glück mit ihr. Sie kennt hier jeden Fleck.« Ein erwartungsvoller Blick in meine Richtung. »Stimmt's?«

Ich räusperte mich. »Ja, klar...«

»Kennt ihr beiden euch?«

Codyan sagte nichts, also meinte ich:»Ähm, flüchtig?«

»Ah, okay. Wie auch immer. Fünf Minuten, dann legt ihr los. Verstanden?« Norahs Ton duldete keine Widerworte. Also straffte Codyan nur seine beachtlich breiten Schultern durch. Ich sah, wie er sich das genervte Seufzen verkniff und dann die Tür wieder schloss, um sich umzuziehen.

»War das jetzt ein Ja?«, fragte Norah mich. Ich zuckte schmunzelnd die Schultern.

»Er ist ja echt gut drauf.«

»Oh ja. Immer.«

Norah wartete solange, bis Codyan sein Zimmer abgeschlossen hatte und dann neben mir stand. Er trug immer noch die Traingshose und dazu einen dicken Pullover.

Gott, dieser Typ war vielleicht ein Riese...

Norah, die noch ein ganzes Stück kleiner als ich war, sah im Vergleich zu ihm aus wie ein Zwerg. Ein Zwerg, der sich verdammt gut durchsetzten konnte.

»Ich wünsche euch beiden viel Spaß! Und Codyan, denk gar nicht erst dran abzuhauen!«, rief sie noch winkend, bevor sie um einen Gang verschwunden war. Wahrscheinlich auf der Suche nach einem neuen Schüler, den sie belagern konnte.

Überrascht blickte ich Codyan an, der sich noch nicht gerührt hatte. Ich hatte fest damit gerechnet, dass er mich einfach auf dem Flur stehen lassen würde, sobald Norah verschwunden war. Doch er machte keine Anstalten zurück ins Zimmer zu kehren. Starrte nur äußerst gelangweilt auf sein Handy, was er in der Hand hielt.

The light you brought Where stories live. Discover now