Quidditch

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"Das Jahr war ja sogar noch gefährlicher als das letzte", stellte Remus schließlich sachlich fest.
Harry nickte. "Tja, die anderen werden nicht weniger aufregend." Harry setzte die Erinnerungen an sein zweites Jahr wieder in seinen Kopf ein und ließ sich auf ein Sofa nieder. Nachdem sie einige Minuten dort gesessen hatten, beschloss Sirius unter allgemeiner Zustimmung, dass es Zeit sei für das Mittagessen. Im Denkarium hatten sie keinen Hunger verspürt, doch sie hatten dort etliche Stunden (Denkarium-Zeit) verbracht und waren dementsprechend ausgehungert. Sie entschieden sich – es sollte nicht allzu viel Zeit in Anspruch nehmen – für Spaghetti Bolognese.
So langsam leerten sich Sirius Vorratsschränke. Bald würde sich jemand aus dem Haus trauen müssen, um einzukaufen. Wie sie dieses Problem lösen wollten, wussten sie noch nicht, bestand doch die Gefahr, dass auch der 'Hundezwinger', wie Sirius sein Haus selbstironisch getauft hatte, von Todessern bewacht wurde. Jetzt aber ließen sie sich erst einmal die Spaghetti schmecken.

Nach dem Essen kam James die Idee, Quidditch zu spielen oder zumindest fliegen zu gehen. Hinter dem Haus erstreckte sich ein recht großer Garten, sogar ein Quidditchfeld war vorhanden – es war eben ein altes Anwesen der Familie Black – und dieses war auch von dem Fideliuszauber umschlossen, sodass sie sich problemlos darin bewegen konnten.
Sirius hatte sieben Besen im Haus, ausreichend für eine ganze Quidditchmannschaft. Es waren nicht die neusten Modelle, mit einem Nimbus 2000 oder einem Feuerblitz schon gar nicht zu vergleichen, doch sie reichten allemal aus, um sich mal wieder durch die Lüfte zu schwingen. Da Hermine und Lily aber lieber mit den Füßen auf dem Boden bleiben wollten, gab es auch keinen Streit, wer nicht mitfliegen dürfte.

Harry, Ron, Ginny, James, Sirius und Remus spielten drei gegen drei, nur mit einem Quaffel, ohne Schnatz oder Klatscher. Zunächst spielten sie Alt gegen Jung, also die Rumtreiber gegen den Rest. Remus und Ron betätigten sich als Hüter, während die anderen versuchten Tore zu werfen. Sirius und James waren gut eingespielt; zwar hatte Sirius in Hogwarts als Treiber gespielt, er füllte aber auch die Jägerposition gut aus. Ron hielt aber, wie immer, wenn er nicht unter großer Beobachtung stand, fantastisch.
Harry und Ginny hatten dagegen noch nie zusammen als Jäger gespielt. Überhaupt spielte Harry zum ersten Mal als Jäger. Mit dem Fangen des Quaffels hatte er keine Probleme, jedoch bekam er keine harten Würfe zustande. Seine Würfe wurden fast immer von Remus abgewehrt, der gegen Ginnys Würfe dagegen kaum Chancen hatte.
Also verlegte sich Harry nach einigen Minuten darauf, den Quaffel im richtigen Moment Ginny zuzupassen, die ihn anschließend versenkte. Nach etwa 45 Minuten stand es 150:110 für die Zeitreisenden, was hauptsächlich an Ron und Ginny lag. Harry bedauerte, dass sie ohne Schnatz spielten, da hätte er größere Chancen gehabt. Aber, so stellte Sirius grinsend fest, man konnte nicht alles können.

Schließlich wechselten Harry und Remus das Team, sodass Harry jetzt mit seinem Vater und seinem Paten zusammen spielte. Diesmal war er der Hüter. Er hatte keine Chance gegen Ginnys pfeilschnellen und harten Würfe, lediglich einmal konnte er einen ihrer Würfe mit den Fingerspitzen abwehren. Remus dagegen hatte wie Harry keinen so starken Wurfarm.
Schon bald verfolgten Ginny und Remus die gleiche Strategie wie zuvor Harry und Ginny, nämlich dass Remus Ginny zupasste und diese dann vollstreckte. Nach einer weiteren Dreiviertelstunde stand es 210:100 für Ginnys Team. Sirius und James konnten Harrys schlechte Hüterleistung nicht ausgleichen. Erschöpft sanken alle sechs zu Boden und gingen mit den Besen zurück zum Haus Richtung Dusche. Trotz des nieseligen Novemberwetters waren sie ganz schön ins Schwitzen gekommen.

Lily und Hermine dagegen hatten sich mit Klein-Harry und Teddy in ein Spielzimmer begeben, dass Sirius für sein Patenkind eingerichtet hatte. Die beiden kleinen spielten eine Weile mit magischen Bauklötzen, die von Zeit zu Zeit die Farbe und bei Bedarf auch Größe und Form veränderten. Dabei war Klein-Harry der aktivere, der seinem jüngeren Spielkameraden immer wieder verschiedene Bauklötze zeigte und sie aufeinanderstapelte. Teddy quietschte immer, wenn sich ein Klotz veränderte und versuchte danach zu greifen. Lily und Hermine saßen daneben auf dem Boden und sahen den beiden zu.

Klein-Harry hatte die Nachricht, dass er bald ein Geschwisterchen bekommen würde, nicht sonderlich beeindruckt. Er hatte seiner Mutter zwar zugehört, sich dann aber schnell wieder den Spielsachen zugewandt. Lily war sich sicher, dass es noch einige Monate dauern würde, bis der Kleine verstehen würde, dass es bald noch einen weiteren Menschen in seiner Familie geben würde. Sie hoffte, dass er nicht zu eifersüchtig reagieren würde und sah versonnen den beiden Kindern beim Spielen zu.
Schließlich wedelte Teddy vergnügt mit den Armen und warf dabei den Turm an Bauklötzen um. "Mummy!!!" Klein-Harry gefiel das gar nicht und er lief heulend zu seiner Mutter.
Diese beruhigte ihn schnell. "Das hat Teddy doch nicht mit Absicht gemacht. Er wollte mit dir spielen, mein Schatz. Teddy wollte dir auch einen Turm bauen, aber er ist noch kleiner und kann das noch nicht so gut wie du. Und jetzt ist Teddy auch traurig, weil du traurig bist." Harry schniefte jetzt nur noch und schaute zu Hermine und Teddy herüber.

Teddy war, erschrocken von Harrys Geschrei, zu Hermine gekrabbelt und klammerte sich an sie. Auch er fing jetzt leise an zu weinen. Auch Hermine beruhigte ihren Schützling schnell.
"Du musst keine Angst haben, Teddy. Harry hat sich nur erschrocken. Und er ist traurig, weil du seinen Turm umgeworfen hast. Du solltest dich bei ihm entschuldigen, dann ist er auch nicht mehr traurig."
Teddy hörte nun auf zu weinen und sah Hermine verständnislos an. Er streckte seine Ärmchen in die Luft und Hermine kam der Aufforderung nach und nahm ihn auf den Arm. Auch Klein-Harry hatte offenbar seine Wut auf Teddy vergessen. "Na komm", forderte Lily ihn auf, "willst du nicht zu Teddy und Hermine rübergehen? Teddy will sich entschuldigen."
Klein-Harry nickte und tapste langsam die zwei Meter zu Hermine und Teddy herüber. Unterwegs hob er einen der Bauklötze auf und streckte ihn den beiden entgegen. "Da! Teddeehhh! Mineehhh!" Er lief zu ihnen. "Da! Teddeehhh nich taulig!"
Hermine war überrascht. "Du kannst ja unsere Name sagen, Harry! Und du hast Teddy ein Bauklötzchen mitgebracht. Das ist aber lieb von dir! Nicht war, Teddy?" Teddy löste sich nun von Hermine und streckte Klein-Harry die Hand entgegen. Als der Klotz in seiner Hand lag, quietschte Teddy wieder vergnügt.

Schnell waren die beiden wieder in ihr Spiel vertieft. Wenn sie genauer darüber nachdachte, war es für Hermine schon merkwürdig, ihren besten Freund, der für sie wie ein Bruder war, als Kleinkind zu sehen, doch sie freute sich unheimlich, dass auch dieser Harry sie zu mögen schien. Für Harry selbst musste das ganze aber noch merkwürdiger sein. Darüber, dass sie selbst zu diesem Zeitpunkt woanders als zweijähriges Mädchen lebte, dachte sie gar nicht nach.
Harry schien jetzt Gefallen am Reden gefunden zu haben, er plapperte munter vor sich hin und erklärte Teddy viel zu jedem Spielzeug, dass er in der Hand hatte. Teddy antwortete dann und wann mit einem undeutlichen Brummen.


Gegen vier Uhr am Nachmittag saßen sie wieder zu acht im Wohnzimmer. Sie wollten sich auch den weiteren Verlauf von Harrys Schulzeit ansehen. Doch Harry wusste, er konnte seinen Eltern, Remus und vor allem Sirius nicht unvorbereitet die Erinnerungen an sein drittes Schuljahr zeigen. Also begann er, Sirius Geschichte zu erklären.

"Bevor ihr die Erinnerungen an mein drittes Jahr seht, muss ich euch eine Geschichte erzählen; besonders dir Sirius. Diese Geschichte wird euch nicht gefallen." Er sah auf und blickte in verwirrte, aber auch neugierige Mienen. "Ihr erinnert euch ja daran, dass sehr viele Leute, unter anderem Dumbledore und Remus überzeugt waren, du seiest der Geheimniswahrer meiner Eltern." Einhelliges Nicken.
"Nun, nachdem in meiner Vergangenheit meine Eltern ermordet worden waren, waren diese Leute alle überzeugt, du, Sirius, hättest meine Eltern an Voldemort verraten. Die einzigen, die das besser wussten, waren du, Peter und Voldemort selbst, wobei letzterer körperlich nicht mehr existent war. Blieben also noch du und Peter. Peter hatte natürlich nun, da sein Meister verschwunden war, nicht das geringste Interesse daran, aufzufliegen. Du dagegen, in all deiner Wut und Verzweiflung über den Tod deiner besten Freunde, warst nur auf eines aus: Vergeltung!
Du jagtest also Peter und hast ihn schließlich auf einer belebten Straße inmitten von Dutzenden Muggeln gestellt. Du wolltest ihn töten und somit Lilys und James' Tod rächen. Peter reagierte aber schneller als gedacht. Er schrie so laut, dass es jeder hören konnte, du hättest Lily und James verraten. Bevor du einen Fluch sprechen konntest, sprengte er hinter sich die Straße in die Luft, wobei zwölf Muggel starben.

In all dem Rauch und Chaos hackte er sich einen Finger seiner Hand ab, verwandelte sich in eine Ratte und verschwand in einem Kanalloch. Als wenige Minuten später die Auroren eintrafen, standest du da und hast gelacht in schierer Verzweiflung über die Dreistigkeit deines verräterischen Freundes. Da niemand von eurem Tausch wusste, geschweige denn davon, dass Peter ein Animagus war, sah es für die ganze Welt so aus, als hättest du zunächst Lily und James verraten und anschließend, als Peter dich stellen wollte, diesen mitsamt einem Dutzend Muggel in die Luft gesprengt. Peters Finger war dabei von entscheidender Bedeutung als Beweisstück.
Da die Beweislage so klar schien, hat Barty Crouch dich ohne Gerichtsverhandlung zu lebenslanger Askabanhaft verurteilt. Peter dagegen erhielt 'postum' den Orden des Merlin 1. Klasse, da er sich dir 'so mutig entgegengestellt' habe. Ich selbst habe bis zu Beginn meines dritten Schuljahres nie etwas von Sirius gehört oder gesehen. Dann bist du aus Askaban ausgebrochen und damit begann mein drittes Schuljahr."

Harry sah wieder auf und sah bei Lily und den Rumtreibern in geschockte Gesichter. Besonders Sirius saß auf dem Sofa und starrte apathisch ins Feuer. Für einige Minuten sagte niemand etwas. Schließich meldete sich Remus mit zitternder Stimme zu Wort. "Sagtest du, Sirius sei aus Askaban ausgebrochen?" Remus schaute Harry skeptisch an. "Aber kein Mensch kann aus Askaban ausbrechen. Das ist unmöglich, das weiß jeder!"
Harry sah kurz zu Sirius und grinste. "Du hast recht, Remus, kein Mensch kann aus Askaban ausbrechen. Ein Hund dagegen schon." Nach einem kurzen Moment der Verwirrung hellten sich die Mienen auf. "Im Übrigen", fuhr Harry fort, "haben es in meinem fünften Schuljahr einige Todesser geschafft, aus Askaban zu fliehen, ich vermute mal mit Voldemorts Hilfe. Aber das ist eine andere Geschichte, die kommt später."

Harry zog jetzt die Erinnerungen an sein drittes Schuljahr aus seinem Kopf und ließ sie in das Denkarium fallen. Nacheinander tauchten sie in das Denkarium ein.

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