Familiengespräche 1/2

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Harry saß immer noch wie vom Donner gerührt auf dem Sofa und starrte ihr fassungslos hinterher. "Aber ... aber ..." Harry sah zu seinen Eltern, die in der Tür zu Esszimmer standen. "Ich wollte das doch nicht für sie entscheiden! Ich wollte ihr die Möglichkeit geben." Hilflos ließ er die Hände wieder sinken.

"Lass ihr etwas Zeit, Harry", sagte Lily. "Das war ziemlich viel heute. Sie macht gerade Schreckliches durch."
Harry nickte langsam. "Ja, wahrscheinlich hast du Recht." Man sah ihm aber an, dass er von dem Spruch über seine Eltern verletzt war.

Nach zehn Minuten stand Ginny auf, um nach Hermine zu sehen. Sie fand ihre Freundin, wie sie auf ihrem Bett lag und weinte. "Was bildet der sich ein?", fragte Hermine halb wütend, halb weinend und wandte sich zu Ginny um. "Denkt er, damit wäre alles wieder gut? Denkt er, er könne einfach meine Eltern ersetzten? Glaubt er, er könne einfach bestimmen, wo ich wohnen soll?"
Ginny setzte sich neben Hermine, legte ihr einen Arm um die Schultern und zog sie an sich. "Natürlich nicht", beruhigte sie ihre Freundin. "Und so hat er das auch nicht gemeint, das weißt du. Er wollte nicht über dich oder dein Leben bestimmen, er wollte dir nur die Möglichkeit vorschlagen. Die Entscheidung liegt selbstverständlich bei dir. Und ... ganz ehrlich ... ihr seid doch quasi wie Bruder und Schwester, oder?"

"Ja, schon", sagte Hermine nach einem Moment des Schweigens. "Ich weiß ja, er hat es gut gemeint, aber ... mein Gott, meine Mutter wird sterben! Mein Vater liegt schon tot hier nebenan. Und ich kann nichts dagegen tun!" Sie schluchzte wieder auf und ließ sich in Ginnys Umarmung fallen. Ginny hielt sie ein paar Minuten einfach nur im Arm und wiegte sie hin und her wie ein Kind.
"Kannst du dir denn gar nicht vorstellen, bei Lily und James zu leben?", fragte sie schließlich.
"Ich weiß nicht", antwortete Hermine. "Also ... ich meine ... Lily und James sind schon ... schon tolle Eltern für Harry, oder?"
Ginny nickte bestätigend. "Das sind sie."

"Glaubst du, Harry hat das angeboten, weil er denkt, er sei es mir schuldig?", fragte Hermine nach einer Weile.
"Wie meinst du das?", entgegnete Ginny verwirrt.
"Naja, glaubst du, er gibt sich die Schuld am Tod meiner Eltern, weil wir ja hier die Vergangenheit geändert haben? Und denkst du, dass er meint, es mir schuldig zu sein, mich in seine Familie aufzunehmen?"
Ginny brauchte einen Moment, um überhaupt Hermines Gedankengang zu verstehen. Dann schüttelte sie langsam den Kopf. "Nein, das glaube ich nicht. Ich meine ... gut ... du kennst Harry. Er wird sich immer für alles verantwortlich fühlen, was passiert, auch wenn es hier vollkommen absurd ist. Niemand hätte das vorhersehen, geschweige denn verhindern können. Aber das ist sicher nicht der Grund, warum er dir das vorgeschlagen hat. Er liebt dich wie eine Schwester, das war schon immer so. Er betrachtet dich schon lange als seine Familie und will dich davor bewahren, in einem vollkommen lieblosen Zuhause aufzuwachsen, wie er es getan hat."

Hermine waren wieder Tränen in die Augen gestiegen, diesmal aber vor Ergriffenheit. "Ich hätte dir das gleiche vorgeschlagen, wenn Harry es nicht getan hätte", fuhr Ginny fort.
"Wie? ... Was meinst du?", fragte Hermine verwirrt.
Ginny sah ihrer Freundin fest in die Augen. "Hermine, du bist meine beste Freundin", sagte sie ernst. "Ich hätte dir genauso angeboten, als meine Schwester in meiner Familie aufzuwachsen."
"Ist ... ist das dein Ernst?", fragte Hermine.
"Natürlich", sagte Ginny lächelnd. "Allerdings gäbe es auch zwei Argumente, die dagegen sprächen. Zum einen kennen dich meine Eltern noch gar nicht; sie wissen ja nicht einmal, dass wir in der Zeit zurückgereist sind. Aber das ließe sich im Ernstfall ja ändern. Wichtiger ist das zweite Argument."
"Und das wäre?", fragte Hermine. "Überleg doch mal, Hermine. Du bist Rons Freundin. Wenn du bei uns als unsere Schwester aufwachsen würdest, würdest du wahrscheinlich niemals mit Ron zusammenkommen."
Hermine lachte kurz auf. "Da hast du wohl recht. Das Problem gäbe es bei Harry nicht." Sie seufzte. "Und – ja, er hat Recht; ihr habt beide Recht. Er ist schon lange mein Bruder."

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