Eine Nacht zum Feiern 1/3

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Drei Sekunden herrschte absolute Stille. Dann, wie das Anrollen eines Flugzeugs, schwoll der Lärmpegel an, bis man bald sein eigenes Wort nicht mehr verstand. Überall fielen sich die Widerstandkämpfer in die Arme und schrien vor Begeisterung, während die wenigen verbliebenen Todesser, geschockt vom Tod ihres Anführers, ihre Zauberstäbe fallen ließen. Harry traute seinen Augen kaum, als er sah, dass sich Sirius und Snape ein High Five gaben. Snape drehte sich auch schnell wieder um und ging zu Albus hinüber. Auch dem war die Erleichterung deutlich anzusehen.

"Harry!"
"Harry!"
Harry wurde beinahe umgeworfen, als Ginny und Hermine ihm um den Hals fielen.
"Es ist geschafft!"
"Wir haben es geschafft!"
"Voldemort ist vernichtet!"
"Es ist vorbei!"
Harry wimmelte die Umarmung aber ab und stieß auch Sirius zur Seite, der zu ihnen getreten war und sie alle drei in seine Arme schließen wollte. Das einzige, woran er jetzt denken konnte, war die Sorge um seine Mutter. Er befreite sich aus der Umarmung und lief zu Lily hinüber. Unterwegs hob er schnell seinen eigenen Zauberstab auf und warf den anderen beiseite.

Auch James und Remus fielen ihm glücklich um den Hals, als er bei ihnen ankam. Dann wandte er sich aber schnell Lily zu, die nicht mehr bewusstlos war, aber ziemlich schwach aussah. Auch Snape und Albus näherten sich jetzt der Gruppe.
"Lily muss umgehend ins St. Mungo", sagte Snape. "Oder zu Madam Pomfrey." Albus nickte.
"Ich werde einen Portschlüssel herstellen, der sie direkt in den Krankenflügel in Hogwarts transportiert. Ihr könnt selbst entscheiden, wer sie begleiten will. Die hiesigen Angelegenheiten werden wir schon regeln." Er sah sich suchend nach einem geeigneten Objekt um, das er in einen Portschlüssel verwandeln konnte. Da er nichts Brauchbares entdeckte, beschwor er ein großes Sofakissen herauf, legte es neben Lily auf den Boden, richtete seinen Zauberstab darauf und murmelte "Portus!".

Das Kissen leuchtete kurz blau auf, somit war der Portschlüssel aktiviert. Harry wollte seine Mutter unbedingt begleiten, ebenso wollte James seine Frau nicht alleine lassen, auch er war besorgt um die Zwillinge. Auch Sirius und Hermine wollten Lily begleiten. So fassten sie schließlich zu fünft das Kissen an und wurden einen Moment später in einen Strudel aus Farben gerissen.
Sie landeten mitten im Krankensaal in Hogwarts. Harry und James konnten gerade noch verhindern, dass Lily ungebremst auf dem Boden aufschlug; so landete sie nun auf James. Aufgeschreckt durch den Lärm meldete sich Madam Pomfrey aus ihrem Büro.
"Was ist denn los da? Sind Sie das, Mr. O'Malley? Was fällt Ihnen ein, solch einen Lärm zu machen, es ist halb zwölf in der Nacht?"

Madam Pomfrey bog um die Ecke, sah die Gruppe und blieb wie angewurzelt stehen. "W-was machen Sie hier? Mr. Potter? Mr. Black? Sind Sie das? Wie sind Sie hier reingekommen?"
"Dumbledore", sagte James knapp. "Er hat uns mit einem Portschlüssel hergeschickt. Poppy, bitte kümmern Sie sich um Lily! Sie hat einen Fluch abgekriegt und viel Blut verloren. Und Sie wissen ja, dass sie schwanger ist." Er hatte Mühe, die Panik in seiner Stimme zu unterdrücken.
"Natürlich", sagte die Schulheilerin, jetzt wieder ganz in ihrem Element. Sie half James, Lily in ein Bett zu legen und begann augenblicklich damit, sie zu untersuchen. "Hat sie schon irgendwelche Tränke geschluckt?", fragte sie an James gewandt.
"Ja. Einen blutbildenden Trank und einen einfachen Heiltrank", bestätigte James. Weitere Minuten vergingen, während Madam Pomfrey immer wieder Beschwörungen murmelte und ihren Zauberstab über Lilys Bauch kreisen ließ.

Schließlich wandte sie sich an James. "Ich habe gute Nachrichten. Ihre Frau wird sich vollständig erholen. Sie muss allerdings ein paar Tage strenge Bettruhe einhalten. Was Ihre Kinder angeht –" Sie zögerte kurz. "Nun, Mr. Potter, ich kann Ihnen nichts versprechen, aber ich bin zuversichtlich, dass die beiden es schaffen werden. Wir müssen die Nacht abwarten." James schluckte, ebenso Harry, doch sie nickten der Heilerin dankbar zu.
"Ein Glück, dass sie den blutbildenden Trank genommen hat", fuhr Madam Pomfrey fort. "Ansonsten weiß ich nicht, ob sie es überstanden hätte. Die Kinder hätte sie auf jeden Fall verloren." James schlug sich die Hand vor den Mund, während Madam Pomfrey in ihr Büro ging, um weitere Heiltränke für Lily zu holen.
"Ich glaube, wir schulden Snape einen gewaltigen Dank", flüsterte Harry tonlos. Sein Vater nickte nur wie betäubt.

"Aber erzählen Sie mal, was ist denn überhaupt geschehen?", fragte Madam Pomfrey, als sie mit den Heiltränken zurückkam. Da die beiden anderen Patienten, die in den Nachbarbetten lagen, ohnehin durch den Lärm aufgewacht waren, redete sie wieder in normaler Lautstärke.
Sirius lachte befreit auf. "Voldemort ist vernichtet, das ist passiert!"
Es klirrte. Madam Pomfrey war heftig zusammengezuckt und den Becher mit Heiltrank fallen lassen. "Wie bitte!? Was meinen Sie damit, Sie-wissen-schon-wer sei vernichtet?"
"Er ist tot! Das meint er damit", rief Harry. "Er ist ein für alle Mal und endgültig tot. Es ist vorbei!" Madam Pomfrey griff sich ans Herz und ließ sich auf einen Stuhl sinken.

"Meint ihr das ernst?", fragte der Junge zwei Betten weiter begeistert, aber auch ungläubig. Er war etwa 16 Jahre alt und saß mit einem Mal kerzengerade in seinem Bett. Auch das etwa zwölfjährige Mädchen im Bett gegenüber sah mit großen Augen zu der Gruppe hinüber.
"Ja", bestätigte nun Hermine. "Wir haben mit eigenen Augen gesehen, wie Voldemort gestorben ist."
"Das ist der Wahnsinn!", jubelte der Junge und sprang aus dem Bett. "Das muss ich Neil und Mike erzählen!" Er lief zur Tür und wollte den Krankenflügel verlassen.
"Mr. O'Malley, bleiben Sie hier!", rief Madam Pomfrey. "Legen Sie sich sofort wieder hin! Sie brauchen Ruhe!"
Grinsend drehte sich der Junge um. "Sie sehen doch, Poppy, mir ging es nie besser! Und alles dank ihrer Fürsorge. Bis morgen!" Mit diesen Worten verließ das Zimmer und lief aus dem Krankenflügel.

"Wer war das?", fragte Sirius erstaunt, aber auch belustigt.
"Connor O'Malley", antwortete Madam Pomfrey mit unzufriedener Miene. "Er und seine beiden Freunde Neil Sheppard und Michael Gallagher landen alle zwei Wochen hier im Krankenflügel, weil sie mal wieder irgendetwas Gefährliches angestellt haben und sie wollen nie auf mich hören, wenn es um ihre Gesundheit geht. Man könnte fast meinen, James Potter und Sirius Black seien wieder an der Schule."
Die Angesprochenen kicherten. "Ach, lassen Sie ihm den Spaß, Poppy", beschwichtigte James. "So einen Grund zum Feiern gab es schon lange nicht mehr!"
Madam Pomfrey nickte. "Ja, das ist wahr. Ich kann es gar nicht glauben, dass Ihr-wisst-schon-wer verschwunden sein soll. Weiß denn der Direktor schon davon?"
"Aber natürlich, er war maßgeblich daran beteiligt", antwortete Harry. "Ich denke, er wird irgendwann im Laufe der Nacht zurückkehren, ebenso wie die Professoren McGonagall, Flitwick und Snape."

Madam Pomfrey nickte. "Mr. Potter, jetzt sagen Sie mir doch mal, was für ein Fluch ihre Frau getroffen hat."
"Der Fluch heißt 'Sectumsempra'", antwortete Harry für seinen Vater. "Es ist ein schwarzmagischer Fluch, bei dem der Zauberstab wie ein Schwert wirkt und den Gegenüber aufschlitzt. Lily hat es im Brustbereich, am Bauch und an den Beinen erwischt. Wie tief die Verletzungen gingen, weiß ich nicht. Zum Glück konnte Professor Snape sie rasch heilen."
Wieder nickte Madam Pomfrey verständig und verabreichte Lily einen weiteren Heiltrank. "Nun denn. Mrs. Potter braucht jetzt Ruhe. Ich muss Sie bitten, jetzt den Krankensaal zu verlassen."
"Ich möchte bei ihr bleiben", widersprach James.
"Na schön", sagte Madam Pomfrey nach kurzem Zögern. "Sie können bei ihr bleiben, aber nur Sie. Ihre Freunde müssen den Krankensaal wirklich verlassen."

Harry küsste seine Mutter noch kurz auf die Wange und verließ dann mit Hermine und Sirius den Krankenflügel. Jetzt erst hatte er Zeit, über das Geschehene nachzudenken. Jetzt erst realisierte er tatsächlich, dass Voldemort ein für alle Mal vernichtet war und dass nie wieder von ihm eine Gefahr ausgehen würde. Ihm war aber auch bewusst, dass einige Kämpfer des Phönixordens und andere Freiwillige diesen Sieg mit ihrem Leben bezahlt hatten. Moody und Kingsley und mindestens drei andere hatte er sterben sehen bzw. ihre Leichen und er wusste nicht, wer sonst noch gestorben war. Trotz dieser Opfer überwog in ihm die Erleichterung.

Sie bogen gerade um eine Ecke, als ihnen Filch entgegen schlurfte. "Schüler aus den Betten!", keuchte er. "Schüler aus den Betten!"
"Tja, das ist nicht unser Problem, Filch!", rief Sirius grinsend.
Filch hielt auf ihn zu und stoppte erst, als er ihn erkannte. "Black!", knurrte er. "Was hast du hier verloren?" Sirius, Harry und Hermine hatten überhaupt keine Lust, mit Filch zu diskutieren und liefen einfach in eine andere Richtung weiter.

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