Ein Plan

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"Wie Professor Dumbledore schon erwähnt hat, haben wir durch unser Auftauchen in dieser Zeit die Geschichte verändert. Wir sind an Halloween letzten Jahres plötzlich im Wohnzimmer im Haus meiner Eltern aufgetaucht. Da wir aus meiner Vergangenheit wussten, dass an jenem Tag Voldemort meine Eltern überfallen würde, konnten wir uns vorbereiten und seinen Angriff abwehren. In meiner Vergangenheit wurden meine Eltern dagegen nicht gewarnt. Voldemort drang in das Haus meiner Eltern ein. Mein Vater stellte sich ihm entgegen, um meiner Mutter gemeinsam mit mir die Flucht zu ermöglichen. Voldemort tötete meinen Vater und ging dann hinauf in das Zimmer, in dem sich meine Mutter, Lily, mit mir verschanzt hatte. Er befahl ihr, beiseitezutreten, damit er mich töten könne. Sie weigerte sich jedoch, flehte ihn an, doch lieber sie zu töten und mich zu verschonen. Voldemort tötete auch Lily, versuchte anschließend, mich zu töten, aber da Lily sich für mich geopfert hatte, prallte der Fluch von mir ab und fiel auf Voldemort zurück. Seine Macht fiel in sich zusammen und er verschwand für viele Jahre. Mir blieb nur diese Narbe auf der Stirn."

Harry deutete auf seine Narbe und machte eine kurze Pause. Snape fiel es schwer, seine Erschütterung zu verbergen.

 Harry fuhr nun mit seinem Bericht fort. "Voldemort war zwar verschwunden, doch er war nicht tot. Zehn Jahre später, als ich nach Hogwarts kam, hatte er von einem Lehrer Besitz ergriffen und versuchte, an den Stein der Weisen zu gelangen. Nur mit viel Glück gelang es Hermine, Ron und mir, ihn daran zu hindern.
In meinem zweiten Schuljahr wurde dann die Kammer des Schreckens geöffnet. Der darin befindliche Basilisk griff einige Schüler an, Gott sei Dank ist keiner gestorben. Auch dies war Voldemorts Werk. Er hatte durch ein Tagebuch von einer Schülerin Besitz ergriffen und durch sie die Kammer geöffnet. Es war eben jenes Tagebuch, das Sie vor einigen Tagen an Professor Dumbledore übergeben haben. Wieder mit viel, viel Glück gelang es mir, das Tagebuch zu zerstören. Erst Jahre später habe ich erfahren, was es eigentlich damit auf sich hatte. In meinem vierten Schuljahr dann fand in Hogwarts ein Trimagisches Turnier statt. Ein als Lehrer getarnter Todesser schmuggelte mich ins Turnier und sorgte dafür, dass ich als erster, gemeinsam mit einem Schulkameraden, den Pokal berührte. Dieser Pokal war ein Portschlüssel, der uns auf den Friedhof brachte, auf dem Voldemorts Vater begraben liegt. Ich musste hilflos mit ansehen, wie Voldemort durch ein Gebräu mit den Knochen seines Vaters und mit meinem Blut wieder auferstand. Nur um Haaresbreite konnte ich ihm erneut entkommen. Ab diesem Zeitpunkt arbeiteten Sie, Professor, wieder unter Lebensgefahr als Doppelagent für Professor Dumbledore und Voldemort. In meinem sechsten Schuljahr teilte mir Professor Dumbledore dann mit, wie Voldemort sich vor dem Tod geschützt hat. Professor, wissen Sie, was ein Horkrux ist?"

Snape nickte langsam mit dem Kopf. "Ich ... habe einmal davon gelesen. Da Sie es erwähnen, nehme ich an, dass der Dunkle Lord tatsächlich einen Horkrux hergestellt hat?"

Harry schnaubte. "Einen? Schön wär's! Fünf hat er hegestellt! Und nach seiner Auferstehung noch einen weiteren. Einer davon war eben jenes Tagebuch, durch das die Kammer des Schreckens geöffnet wurde. Ein anderer war der Trinkpokal, den Rookwood in der Mysteriumsabteilung versteckt hat. Aber auch die anderen wurden nach und nach aufgespürt und zerstört und so konnte Voldemort letztendlich besiegt werden.
Zum Ende meines sechsten Schuljahres ist Professor Dumbledore gestorben, kurz darauf hat Voldemort die Macht über das Ministerium und auch über Hogwarts übernommen. Er hat Sie als Schulleiter eingesetzt und Sie haben alles in Ihrer Macht Stehende getan, um die Schüler vor den zwei anderen Todessern in der Lehrerschaft zu schützen.
Anfang Mai 1998 konnte Voldemort dann endgültig besiegt werden. Keiner der hier Anwesenden außer uns Zeitreisenden hat diesen Moment noch miterleben können. Sie alle haben im Kampf gegen Voldemort ihr Leben gelassen. Nach Voldemorts Fall lebte die Zaubererwelt ein halbes Jahr in Frieden. An Halloween 1998 besuchte ich mit meinen Freunden das Grab meiner Eltern, von wo wir unvermittelt um siebzehn Jahre in die Vergangenheit gereist sind und uns im Wohnzimmer meiner Eltern wiederfanden. Wir konnten gemeinsam Voldemorts Angriff abwehren und uns in Sicherheit bringen." Harry beendete seinen Bericht uns sah Snape abwartend an.

Dieser räusperte sich. "Das ist – sehr bemerkenswert. Und ... inwiefern haben Sie nun bereits den Lauf der Geschichte geändert, abgesehen davon, dass Ihre Eltern den Angriff des Dunklen Lords überstanden haben und dass der Dunkle Lord nicht gefallen ist?"
"Erheblich", meldete sich nun Albus zu Wort. "Wie ich schon sagte, sind wir Voldemorts Vernichtung jetzt näher als je zuvor. Da Harry und seine Freunde bereits wussten, wo die einzelnen Horkruxe verborgen lagen, konnten wir gemeinsam alle fünf aufspüren und vernichten. Das heißt, zum jetzigen Zeitpunkt ist Lord Voldemort nicht mehr unsterblich."
Snape riss die Augen auf, hatte sich aber schnell wieder im Griff. "Sämtliche Horkruxe sind vernichtet? Das ist sehr erfreulich. Ich vermute, wir kommen nun dem eigentlichen Grund unseres Gesprächs näher?"

Albus gluckste vergnügt. "Scharfsinnig wie immer, Severus. In der Tat. Da nun die Vernichtung Lord Voldemorts möglich ist, möchten wir so schnell wie möglich zur Tat schreiten. Die Frage ist nur, wie wir an ihn herankommen. Wir wollen uns nicht mit allen Todessern gleichzeitig anlegen, jedoch wäre es von Vorteil, wenn sein engster Kreis ausgeschaltet würde, bevor sie fliehen können. Und da, Severus, kommen Sie ins Spiel. Haben Sie eine Idee, wie und wann wir an Voldemort herankommen können?"
Snape hatte mit verschlossenem Gesicht zugehört und dachte nun einen Moment lang nach. Dann verzog sich sein Mund zu einem leicht spöttischen Lächeln. "Tatsächlich habe ich eine Idee", sagte er, schwieg dann aber einige Sekunden.
"Lass hören!", forderte Sirius ihn ungeduldig auf. Snapes Blick schoss zu ihm herüber.
"Wenn der verehrte Mr. Back einmal seinen Mund halten könnte, dann würde ich das tun", sagte er in spöttischem Tonfall.
"Willst du mir etwa in meinem Haus den Mund verbieten, Snape?", fuhr Sirius ihn an. "Hat dir deine Mama keine Manieren beigebracht?"

Snape sah ihn höhnisch an. "Und hat dir deine Mama keine Gastfreundschaft beigebracht? Ach, ich vergaß: Du warst ja selbst zu Hause unerwünscht. Kann ich gut verstehen."
Sirius sprang auf. "Wag es nicht, du schmieriger..."
"Das reicht, Sirius!", zischte Harry in scharfen Ton und zog seinen Paten wieder auf seinen Stuhl. "Beruhige dich! Beruhigt euch beide!" Sirius warf Snape noch einen hasserfüllten Blick zu, sagte aber nichts mehr. Snape ließ seinen Blick noch ein paar Sekunden auf Sirius ruhen und sprach dann weiter.
"Wie ich schon vor dieser kleinen Unterbrechung erwähnte, habe ich tatsächlich eine Idee, wie und wo ihr den Dunklen Lord überraschen könnt. Am Donnerstagabend findet wieder ein Treffen des inneren Kreises der Todesser mit dem Dunklen Lord statt. Treffpunkt wird das Anwesen von Bellatrix und Rudolphus Lestrange sein. Bei einem der letzten Treffen, die dort stattfanden, war ich zum Wachdienst eingeteilt und konnte mich somit mit den Schutzzaubern, die auf dem Anwesen liegen, auseinandersetzen. Einige können recht einfach ausgeschaltet werden und dann könnte eine größere Anzahl Zauberer unbemerkt in das Manor gelangen."

"Das klingt nach einer ausgezeichneten Möglichkeit", sagte Albus strahlend. "Inzwischen haben wir, denke ich, genügend Mitglieder des Ordens sowie andere Freiwillige, die für ihre Freiheit zu kämpfen bereit sind."
"Wie viele Todesser werden da sein?", fragte Remus.
Snape zögerte kurz. "Etwa zwanzig, vermute ich. Dieses Treffen ist nur für seinen innersten Kreis bestimmt."
"Hervorragend!", sagte Albus. "Sobald unsere Kämpfer in das Manor hineingelangt sind, sollten die Schutzzauber wieder aktiviert werden, damit Tom nicht so schnell Verstärkung rufen kann."
Snape nickte. "Das wird möglich sein, denke ich. Entscheidend wäre, dass das Überraschungsmoment genutzt wird. Dazu wäre es von Vorteil, wenn ich die Möglichkeit hätte, während des Treffens unauffällig mit Ihnen zu kommunizieren. Dann könnten Sie ihr Eindringen ins Manor mit dem Zeitpunkt koordinieren, zu dem ich die Schutzzauber aufhebe."
Albus sah Snape lange an. "Das ist ein sehr raffinierter Plan", sagte er schließlich. "Ich werde Ihnen eine mit einem Proteus-Zauber versehene Münze überlassen. Damit können wir unbemerkt kommunizieren." Snape nickte.
Wenig später waren alle wichtigen Punkte des Plans besprochen und Snape und Albus verabschiedeten sich. Snape nickte Harry, Ron, Hermine und Ginny kurz zu und bedachte James und Sirius mit einem kühlen Blick. "Auf Wiedersehen, Lily", sagte er dann an Selbige gerichtet, mit einem verhaltenen Lächeln. "Pass auf dich auf!"
"Du auch", erwiderte Lily freundlich. "Auf Wiedersehen, Severus!" Damit verließ Snape den Raum.

An den nächsten beiden Tagen waren sie alle sehr angespannt. Harry hatte das Gefühl, dass der Plan einige Lücken aufwies, aber er konnte sie nicht ausmachen. Insbesondere hoffte er, dass Voldemort, bis es zu einem Kampf kam, keinen Verdacht bezüglich der Horkruxe schöpfte. Dann würde er nämlich mit Sicherheit noch weitere erschaffen. Zudem kam erschwerend hinzu, dass sie sich nicht mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut machen konnten. Snape hatte ihnen zwar Lagepläne und Bauzeichnungen des Anwesens verschafft, aber in der Realität konnte alles ganz anders aussehen. Dennoch hatten sie nur einen Versuch und dieser musste gelingen.
Auch in den vergangenen Wochen hatten sie häufig innerhalb und außerhalb des Hauses trainiert, sich in den verschiedensten Teamzusammensetzungen gegen ihre Gegner zu behaupten. Inzwischen hatten sie sich so gut aufeinander eingestellt, dass sie sich mit jedem ihrer Mitstreiter in einer Kampfsituation blind verstanden. Sie kannten ihre Stärken und Schwächen und die der anderen und wussten daher, worauf sie beim gemeinsamen Vorgehen besonders zu achten hatten. Harry hoffte, dass sich dieses Training auch auszahlen und ihr Leben retten würde.

Am Donnerstagnachmittag war die Anspannung im Hundezwinger fast mit Händen zu greifen. Ruhelos ging Harry im Wohnzimmer auf und ab. Es war geplant, dass die acht erwachsenen Bewohner von Sirius' Haus zeitgleich mit den anderen Kämpfern, die Albus mobilisiert hatte, in ein Waldstück am Rande des Anwesens der Lestranges apparieren sollten. Harrys und James' Versuche, Lily dazu zu bewegen, zuhause zu bleiben, waren erfolglos gewesen. Sirius hatte daher Kreacher erneut befohlen, auf die drei Kleinkinder aufzupassen und sie bei Gefahr in Sicherheit zu bringen.
Immer noch tigerte Harry im Wohnzimmer hin und her. Sirius meinte, bald seien Furchen in den Boden gegraben, doch Harry nahm ihn gar nicht wahr. Wieder einmal schoss ein glühender Schmerz durch seine Narbe und er sank zu Boden.

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