Doppelte Freude

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Im Schloss angekommen, begaben sie sich sofort zum Krankenflügel. Unterwegs begegneten sie Professor McGonagall. Harry sah, dass ihre Haare noch ein wenig dunkler waren, als er sie in Erinnerung hatte, ansonsten würde sie sich in den kommenden 17 Jahren kaum verändern. Dann betraten sie den Krankenflügel, der zu Harrys Überraschung komplett leer war. Kein einziges Bett war belegt.


Madam Pomfrey kam aus ihrem Büro, als Albus die Tür zum Gang geschlossen hatte. Sie sah deutlich jünger aus, als Harry sie in Erinnerung hatte; sie war etwa Anfang vierzig. "Albus?", fragte sie überrascht, "Was führt dich her? Hast du irgendwelche Beschwerden?"
"Nein, ich erfreue mich trotz meines Alters bester Gesundheit", antwortete Albus vergnügt. "Danke der Nachfrage. Aber ich habe dir eine Patientin mitgebracht, die nach Möglichkeit vermeiden möchte, dass allzu viele ihren Aufenthalt hier mitbekommen."

Lily und Harry zogen sich nun den Tarnumhang vom Kopf und Madam Pomfrey keuchte überrascht auf. "Miss Evans! Ähm ... ich meine natürlich Mrs. Potter! Es freut mich, Sie einmal wiederzusehen. Und Sie ... sind Sie das, Mr. Potter? Sie sind aber jung geblieben."
"Harry ist ein Cousin von James", log Lily, ohne rot zu werden. "James ist heute leider verhindert, daher hat mich Harry begleitet."
Madam Pomfrey schien überrascht. "Ein Cousin von James Potter? Der ihm auch noch so ähnlich sieht? Wie kommt es, dass ich Sie noch nie gesehen habe? Ihr Cousin war mindestens alle zwei Wochen mit irgendeiner meist haarsträubenden Verletzung hier."
"Ähm ... ich war nicht in Hogwarts." Auch Harry konnte lügen, ohne dass man es ihm anmerkte. "Ich wurde zuhause unterrichtet."

Madam Pomfrey nickte und wand sich wieder an Lily. "Nun, Miss Evans... ähm, Mrs. Potter meine ich natürlich. Entschuldigen Sie, alte Gewohnheit. Was kann ich denn für sie tun? Sind Sie krank?"
Lily schüttelte lächelnd den Kopf. "Nein, krank nicht gerade. Ich ... ich bin schwanger. Und aufgrund der ... Situation ... ist es mir im Moment leider nicht möglich, gefahrlos ins St. Mungo zu gehen."
"Verstehe", sagte Madam Pomfrey verständnisvoll. "Es ist grauenhaft. Nirgendwo ist man mehr sicher. Nicht einmal im St. Mungo. Nun, es ist zwar etwas her, dass ich eine Schwangerschaftsuntersuchung durchgeführt habe, genauer gesagt ist es glaube ich schon über zehn Jahre her, dass einmal eine Schülerin schwanger war, aber das sollte dennoch kein Problem sein. Legen Sie sich bitte auf ein Bett und machen Sie Ihren Bauch frei."

Lily tat wie ihr befohlen und Harry saß links neben ihr auf einem Stuhl. Madam Pomfrey fuhr mit ihrem Zauberstab ein paarmal über Lilys Bauch und murmelte dabei leise vor sich hin. Nach einiger Zeit hörte sie damit auf und sah Lily lächelnd an. "Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Soweit ich das beurteilen kann, ist mit ihrem Kind alles in Ordnung. Sie haben sogar doppelten Grund zur Freude."
Lily sah sie verwirrt an. "Was meinen Sie damit?"
"Nun, da ist nicht nur ein Kind drin, sondern zwei. Sie erwarten Zwillinge."

Lily schaute perplex Madam Pomfrey an. Auch Harry hatte vor Überraschung den Mund offen stehen. "Z-Zwillinge?", stammelte Lily, "wow, wir bekommen Zwillinge! Ist das nicht wundervoll, Harry?"
Harry umarmte seine Mutter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. "Das ist unglaublich!"
Lily strahlte, ebenso wie Harry und Madam Pomfrey fuhr fort. "Wollen Sie denn wissen, ob es Jungen oder Mädchen werden?"
Lily schaute sie überrascht an. "Ich dachte, das kann man erst frühestens Ende des vierten Monats sagen?"
Madam Pomfrey schüttelte lächelnd den Kopf. "Nein, das ist ganz einfach. Vor einigen Jahren wurde ein besonderer Analysetrank erfunden. Ich muss Ihnen nur einen Tropfen Blut abnehmen, ihn in diesen Trank geben und dann sieht man schon das Ergebnis. Es ist absolut zuverlässig."

Lily sah unschlüssig aus. "Ich weiß nicht. Eigentlich würde ich das mit James besprechen, aber das geht jetzt ja nicht. Was meinst du Harry, was würde James sagen?"
"Ich weiß nicht, Lily, du kennst Da ... James besser. Aber er ist doch furchtbar neugierig, nicht wahr? Ich denke, er würde es wissen wollen."
Lily grinste ihn verschmitzt an. "Bist du sicher, dass nicht du furchtbar neugierig bist?"
Harry errötete leicht. "Ja, gut, ich gebe zu, auch ich bin neugierig. Aber das liegt halt in der Familie."
Lily nickte. "Du hast wohl recht." Sie wandte sich an Madam Pomfrey. "Ok, ich will es wissen."

Die Angesprochene strich mit ihrem Zauberstab über Lilys rechter Armbeuge. Ein kleiner Schnitt entstand und ein paar Tropfen Blut flossen heraus. Madam Pomfrey fing sie in einer kleinen Phiole auf und schloss den Schnitt wieder mit dem Zauberstab. Anschließend ging sie in ihr Büro und kam nach kurzer Zeit mit einem gefüllten Becher wieder. Sie ließ das Blut in den Becher tropfen. "Nun müssen wir zwei Minuten warten. Wenn sich der Trank grün färbt, werden es zwei Jungs, färbt er sich orange, werden es zwei Mädchen. Wird der Trank violett, dann können Sie sich auf einen Jungen und ein Mädchen freuen."
Andächtig warteten sie zwei Minuten, die Harry und Lily wie eine Ewigkeit vorkamen. Dann veränderte sich auf einmal die Farbe des Tranks. "Herzlichen Glückwunsch, Mrs. Potter!", sagte Madam Pomfrey lächelnd. "Sie bekommen ein kleines Mädchen und einen kleinen Jungen!"

Harry umarmte Lily und beide strahlten. Er wischte sich sogar verstohlen eine Träne weg, die sich in seine Augen verirrt hatte. Sein heimlicher Wunsch war in Erfüllung gegangen. Er würde eine kleine Schwester bekommen. Und schon jetzt schwor er sich, sie um jeden Preis zu beschützen. Das gleiche galt natürlich auch für seinen kleinen Bruder.
Madam Pomfrey ging nun zurück in ihr Büro und Lily stand wieder vom Bett auf. Albus kam derweil aus Madam Pomfreys Büro zurück, wo er während der Untersuchung gewartet hatte. Auch er strahlte, als Lily ihm die guten Nachrichten mitteilte. Madam Pomfrey überreichte Lily jetzt noch einen Trank, der gegen Übelkeit wirken sollte.

Harry und Lily liefen jetzt, unter den Tarnumhängen verborgen, neben Albus her aus dem Krankenflügel heraus die Treppen herunter. Auf einmal kam ihnen vom Fuß der Treppe ein Mann mit wehendem Umhang und schwarzen Haaren entgegen, den Harry als Severus Snape erkannte. Er sah deutlich jünger aus als in Harrys Erinnerung und der bittere Zug um seinen Mund war noch nicht so ausgeprägt.
Offenbar war auch Lily so überrascht, dass sie vergaß, auf ihre Füße zu achten. Plötzlich sank sie unvermittelt mit dem linken Bein in eine Trickstufe. Sie ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten, doch dabei rutschte ihr der Tarnumhang vom Kopf. Snape erstarrte, als er Lilys Gestalt vor sich auf der Treppe sah.

Lily steckte nun in der Trickstufe fest und Harry wagte es nicht, auch seinen Tarnumhang abzulegen und sich vor Snape zu zeigen. Auch Albus war zunächst erschrocken stehen geblieben, jetzt aber zog er mit einer erstaunlichen Kraft Lily aus ihrer unbequemen Position wieder nach oben.
"Lily!", rief Snape überrascht und erfreut. "Bei Merlin, was machst du denn hier?" Er stockte kurz und kam näher. "Ich freue mich, dich wiederzusehen, Lily, ich hatte befürchtet, du seiest tot." Bei den letzten Worten zitterte seine Stimme leicht.
"Severus", antwortete Lily leise. "Ja, ich, ähmmm ... freut mich auch, dich wiederzusehen." Snape schien überrascht, freute sich dann aber sehr darüber, dass sie nicht abweisend war.

"Was machst du denn hier?", wiederholte er seine Frage. "Du solltest dich verstecken, jetzt, da der Dunkle Lord hinter dir und deiner Familie her ist."
"Ich hatte Lily gebeten, mich für die Erörterung einiger Fragen nach Hogwarts zu begleiten, Severus", antwortete Albus für Lily. "Nun jedoch müssen wir wieder zurückkehren. Würden Sie bitte heute Abend gegen acht Uhr in mein Büro kommen? Ich würde gerne etwas mit Ihnen besprechen; Sie wissen, worüber."
Snape nickte mit unergründlicher Miene, während Albus weiterging und Lily sich wieder den Tarnumhang überzog.
"Pass auf dich auf, Lily", sagte Snape, als er sie vorbeigehen spürte. "Ich hoffe, ich sehe dich bald wieder."
"Danke, Severus", erwiderte Lily leise. "Wir werden uns sicher wiedersehen."

Mit diesen Worten ging sie hinter Albus her Richtung Eingangshalle. Harry folgte ihr und zu dritt verließen sie das Schloss wieder und gingen nach Hogsmeade. Dort fassten sie Albus wieder bei den Armen und Sekunden später standen sie wieder vor Sirius' Haus.

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