Das Urteil

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Die meisten Mitglieder des Zaubergamots schienen recht beeindruckt zu sein von der Aussage des Großmeisters und so wurde Albus nach einige weiteren Fragen aus dem Zeugenstand entlassen. Die Protokollantin trat erneut vor die Tür und kehrte zusammen mit Lily in den Gerichtssaal zurück. Nach Feststellung ihrer Personalien wurde auch sie zu Severus Snape befragt. Ihre Aussage deckte sich weitgehend mit der von Albus. So erklärte sie, dass Snape nach der Schule Todesser geworden sei, sich dann aber von Voldemort abgewandt habe und schließlich entscheidende Informationen zu dessen Sturz geliefert habe.


Umbridge schien jedoch nicht besonders zufrieden mit Lilys Aussage zu sein. Wieder räusperte sie sich in ihrer ekelerregenden gezierten Art und sprach dann mit ihrer Klein-Mädchen-Stimme.
"Mrs. Potter, unseren Informationen zufolge sind Sie schon sehr lange mit dem Angeklagten befreundet. Könnte es nicht sein, dass sie hier einen kleinen Freundschaftsdienst leisten und die Wahrheit zurechtbiegen, um den Angeklagten zu entlasten?"

Lily sah empört aus ob dieser Anschuldigung, antwortete aber mit gezwungen ruhiger Stimme.
"Ich verbitte mir solche Unterstellungen, Madam Umbridge. Es ist richtig, dass ich lange mit Mr. Snape befreundet war. Wir sind in der gleichen Stadt aufgewachsen und kannten uns schon, bevor wir nach Hogwarts kamen. Zum Ende unseres fünften Schuljahres jedoch ist unsere Freundschaft zerbrochen. Ich habe sie beendet, gerade weil ich erkannt hatte, dass er sich den Todessern anschließen wollte. Und erst seitdem er unwiderlegbar bewiesen hat, dass er sich von Voldemort abgewandt hat, bin ich wieder bereit, mit ihm zu sprechen und die Freundschaft wiederzubeleben."

Nach ein paar abschließenden Fragen war auch Lily entlassen und als nächstes betrat James den Gerichtssaal. Auch er bestätigte, dass Snape zeitweise Todesser gewesen sei, sich dann aber von Voldemort abgewandt und entscheidend an dessen Vernichtung mitgewirkt habe. Ohne Snapes Beitrag sei Voldemorts Vernichtung nicht möglich gewesen. Harry konnte beobachten, dass Snape bei James' Aussage überrascht die Brauen hob, als habe er nicht erwartet, dass James ihn entlasten würde.

Die meisten Mitglieder des Zaubergamots schien auch diese Aussage zu überzeugen, Umbridge jedoch bohrte erneut nach.
"Mr. Potter, laut unseren Informationen hat es zwischen Ihnen und dem Angeklagten in der Vergangenheit immer wieder Konflikte gegeben. Wie würden Sie denn ihr Verhältnis zueinander beschreiben?"
"Konflikte hat es gegeben, in der Tat", bestätigte James. "Unser Verhältnis während der Schulzeit lässt sich wohl mit heftigster gegenseitiger Abneigung beschreiben. In den letzten Monaten hat sich das Verhältnis gebessert, nachdem Snape bewiesen hat, dass er gegen Voldemort arbeitet."
"Wenn Sie ihn nie gemocht haben", fragte Umbridge weiter, "welche Motivation könnten Sie dann wohl haben, hier und heute für den Angeklagten auszusagen?"
James sah sie einen Moment verständnislos an, dann verdüsterte sich seine Miene. "Was soll das denn bitte heißen? Ich sage weder für ihn noch gegen ihn aus, ich sage schlicht und einfach die Wahrheit aus, so wie es meine Pflicht ist, hier die Wahrheit auszusagen. Nicht mehr und nicht weniger. Ich mag Snape nicht besonders, das ist kein Geheimnis und das beruht auf Gegenseitigkeit, aber ich respektiere ihn dafür, dass er jahrelang sein Leben riskiert und Voldemort ausspioniert und letztendlich zu seinem Sturz beigetragen hat."

Umbridge sah aus, als habe sie in eine Zitrone gebissen, als sie merkte, dass die übrigen Mitglieder des Zaubergamots James' Aussage sehr überzeugend fanden. Schließlich wurde auch James aus dem Zeugenstand entlassen und er setzte sich neben seine Frau in die unterste Reihe der Zuschauerbänke. Als nächster Zeuge betrat Sirius den Gerichtssaal. Auch er bestätigte die bisherigen Aussagen, dass Snape ein Todesser gewesen sei, sich dann aber von Voldemort abgewandt und zu dessen Sturz beigetragen habe.
Wieder versuchte Umbridge, ihn als Zeugen unglaubwürdig zu machen. "Mr. Black, es ist ja bekannt, dass es in ihrer Familie mehrere Todesser gab. So z.B. ihr eigener Bruder und ihre Cousine. Sind Sie sicher, dass Sie hier nicht einen Mit-Todesser schützen wollen, vielleicht auch, um sich letztendlich selbst zu schützen?" Harry schüttelte es vor Zorn ob dieser infamen Unterstellungen und er sah, dass es seinen Eltern sowie Hermine, Ginny und Ron ebenso ging.

Sirius dagegen reagierte zumindest äußerlich gelassen, als ob er solche Lügen schon erwartet hatte. Er verzog sein Gesicht zu einem spöttischen Lächeln.
"Sie enttäuschen mich, Madam Umbridge, Sie sind doch sonst immer so gut informiert. Es dürfte Ihnen bekannt sein, dass ich mich schon vor vielen Jahren vollständig von meiner Familie distanziert habe und niemals Interesse gezeigt habe, mich den Todessern oder Voldemort anzuschließen. Weder zu meinem Bruder noch zu meiner Mutter noch zu besagte Cousine habe ich in den vergangenen drei Jahren Kontakt gehabt. Von den Eltern lässt sich nicht immer auf deren Kinder schließen. Das sollten Sie wissen, schließlich sitzt das beste Beispiel dafür direkt neben Ihnen und ist Ihr Chef."

Wieder sah Umbridge so aus, als habe Sirius ihr ein paar Ohrfeigen verpasst. Auch Crouchs Gesicht war wieder rot angelaufen, doch er verkniff sich einen Kommentar. Wenig später wurde auch Sirius entlassen und er setzte sich neben James. Als nächster und letzter Zeuge wurde Remus hereingerufen. Wie schon seine Freunde vor ihm bestätigte er, dass Snape zu Voldemorts Sturz entscheidend beigetragen habe, nachdem er sich von ihm abgewandt hatte.
Auch Remus' Glaubwürdigkeit versuchte Umbridge zu untergraben. In der Tatsache, dass Remus beim Ministerium als Werwolf registriert war, glaubte sie einen geeigneten Angriffspunkt gefunden zu haben. Als sie Remus aufgrund dieser Tatsache unterstellte, gemeinsam mit Fenrir Greyback an Voldemorts Seite gekämpft zu haben, fuhr ihr jedoch Amelia Bones in die Parade.

"Nun reicht es aber langsam mit ihren unbegründeten Unterstellungen, Dolores", fuhr die Hexe mit dem Monokel die pinke Kröte an. "Haben Sie auch nur die Spur eines Beweises für diese Anschuldigung?"
Erneut sah Umbridge so aus, als habe man sie geschlagen. Nach einigen Sekunden schloss sie ihren vor Empörung offenstehenden Mund und sprach mit ihrer gezierten Mädchenstimme weiter. "In der Tat, Amelia, die habe ich. Er ist ein Werwolf, das spricht doch schon für sich. Die meisten Werwölfe dürften aufgrund ihrer dunklen Natur an der Seite von Ihm,-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf gekämpft haben."
"Ich sprach von Beweisen, nicht von haltlosen Vermutungen", erwiderte Madam Bones mit schneidender Stimme. Wieder zuckte Umbridge zusammen und ihre Empörung wandelte sich in leichtes Entsetzen, als sich ihr Vorgesetzter, Barty Crouch, einmischte.
"Ich stimme Amelia zu, Dolores. Allein die Tatsache, dass er ein Werwolf ist, macht ihn nicht gleich unglaubwürdig. Und es liegen auch keine Beweise dafür vor, dass er Sie-wissen-schon-wem gefolgt ist."

Schließlich wurde auch Remus als Zeuge entlassen und die Mitglieder des Zaubergamots zogen sich in ein Beratungszimmer zurück. Auch Albus begab sich in das Beratungszimmer. Als Zeuge in dem Fall durfte er das Urteil zwar nicht mitentscheiden, doch in seiner Funktion als Großmeister des Gamots war er befugt, an der Beratung teilzunehmen. Die anderen Zuschauer und Zeugen sowie Snape selbst vertraten sich die Wartezeit auf den Gängen vor dem Gerichtssaal. Nach etwa einer Stunde wurden sie wieder hereingerufen. Mr. Crouch forderte alle auf, zur Urteilsverkündung aufzustehen.
In dem ihm eigenen steifen und offiziellen Ton begann er dann, das Urteil zu verlesen. "Mr. Severus Tobias Snape, Sie wurden des Vorwurfs, ein Todesser gewesen zu sein, für schuldig befunden. Jedoch wurde bei der Urteilsfindung berücksichtigt, dass Sie nach übereinstimmenden Zeugenaussagen schon lange vor dem Sturz des Unnennbaren Ihren Irrtum eingesehen haben und schließlich unter Lebensgefahr zu dessen Sturz beigetragen haben.

Aus diesem Grunde hat das Zaubergamot von einer Haftstrafe in Askaban abgesehen. Sie werden verurteilt, einen Betrag von 500 Galleonen an eine noch zu bestimmende soziale Einrichtung der magischen Welt zu entrichten. Des Weiteren wird Ihnen auferlegt, mindestens drei Jahre vom morgigen Tag an unter Aufsicht von Professor Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore als Lehrer an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei tätig zu sein. Sollten Sie dieser Auflage nicht nachkommen, wird eine weitere Gerichtsverhandlung stattfinden, an deren Ende auch eine Haftstrafe in Askaban stehen kann. Die Kosten des Verfahrens tragen der Angeklagte und das Zaubereiministerium jeweils zur Hälfte."

Nach der Verlesung des Urteils verließen zuerst Snape und die Zeugen, anschließend auch die Zuschauer den Gerichtssaal. Lily beglückwünschte ihren alten Freund zu dem relativ milden Urteil. Auch Snape schien damit gut leben zu können und bedankte sich herzlich bei Lily und mit einem knappen Kopfnicken bei Sirius, James und Remus für deren entlastende Zeugenaussagen.
Bei dieser Gelegenheit konnten auch Harry und Hermine noch ein paar ungestörte Worte mit Lily und James wechseln. Lilys Bauch war inzwischen kugelrund und es sollte nur noch zwei Monate dauern, bis die Zwillinge zur Welt kamen. Als Harry eine Hand auf den Bauch seiner Mutter legte, konnte er deutlich die Tritte seiner kleinen Geschwister spüren. Mit einem leichten Lächeln ermahnte er seine Mutter, sich in den nächsten Wochen nicht zu sehr anzustrengen und auf sich aufzupassen. Anschließend kehrten Harry, Ron, Hermine, Ginny und Snape zusammen mit Albus nach Hogwarts zurück.

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