Berufspläne

42 1 0
                                    

Die in der Löwenhöhle Zurückgebliebenen erholten sich nur langsam von dem Schock. Auch die Kinder spürten, dass ihre Eltern sich große Sorgen machten und so übertrug sich die schlechte Stimmung auch auf sie. Ein wenig beruhigen konnte sie nur die Tatsache, dass zumindest noch dreieinhalb Monate Zeit waren. In den nächsten Tagen verarbeiteten Lily, James und Sirius den Gedanken, dass die Zeitreisenden verschwinden würden; sie freundeten sich nicht gerade mit dem Gedanken an, aber sie akzeptierten ihn als Tatsache. Remus fiel es sehr viel schwerer, da ihm kein kleineres Gegenstück seines Sohnes bleiben würde, wenn es so weit war.


Für Hermine, Harry, Ron und Ginny stellte sich derweil die Frage, ob es überhaupt einen Sinn hatte, jetzt ihre Ausbildung zu beginnen, wenn sie diese ohnehin nicht länger als ein paar Monate durchziehen könnten. So entschieden sie sich, dem Ministerium abzusagen, ebenso den Quidditchteams. Einige Tage nach dem Gespräch mit Albus hatten sie auch Molly und Arthur informiert. Diese reagierten auch betroffen und besorgt, waren aber nicht so geschockt wie Lily und James, was wohl daran lag, dass sie längst keinen so engen Kontakt zu den älteren Versionen ihrer Kinder hatten wie es bei Lily und James der Fall war.

Am 31. Juli hatte Harry Geburtstag. Bzw. beide Harrys hatten Geburtstag, der jüngere wurde zwei, der ältere 19. Aus diesem Grund hatte Harry entschieden, seinen Geburtstag erst am ersten August zu feiern, damit der 31. Juli ganz seinem jüngeren Selbst gehörte. Zu der Feier waren Neville und Klein-Ron eingeladen, die jeweils mit ihrer Mutter und einem kleinen Geschenk in der Hand ankamen. Auch für Neville, der ja am Tag zuvor zwei geworden war, hatten Lily und James ein kleines Geschenk dabei.

Die fünf Kinder, die schon laufen konnten, verstanden sich prächtig, auch wenn es ab und zu etwas Geschrei gab, wenn sie sich um Spielzeug oder ähnliches stritten. Die Erwachsenen sangen für Klein-Harry ein Geburtstagslied und auch Klein-Hermine versuchte mitzusingen. Klein-Harry freute sich über die Geschenke, deren Papier er noch immer mit großen Vergnügen zerriss. Mehrere Bilderbücher packte er aus, u.a. eines über 'Zauli, den kleinen Zauberer', einen jungen Zauberer, der ebenfalls jüngere Geschwister bekommen hatte. Besonders freute er sich aber über den neuen Spielzeugbesen, den er von Sirius bekam; sein alter war langsam zu klein für ihn.

Die meiste Zeit spielten die Kinder draußen; es waren angenehme 25 Grad unter wolkenlosem Himmel. Auch der Kaffeetisch wurde draußen auf der Terrasse aufgebaut und es gab Erdbeertorte und Eiskakao bzw. Eiskaffee. Erdbeeren waren Klein-Harrys Lieblingsfrüchte. Lächelnd sah Harry den fünf Kindern beim Essen zu; Sophie und Alex hatte Lily gerade mit ins Haus genommen, um sie zu stillen. Harry liebte es einfach, den Kindern zuzusehen, wie sie unbeschwert spielten, während er überzeugt war, dass sie alle eine sicherere und unbeschwertere Kindheit verleben würden, als es in der Vergangenheit der Fall gewesen war.

Nach einem frühen Abendessen um sechs flohten Alice und Molly mit ihren Kindern wieder zurück nach Hause. Zu seiner Geburtstagsfeier am nächsten Tag hatte Harry Julia, Sam und Oliver in die Löwenhöhle eingeladen. Das erste, was Julia freudestrahlend erzählte, nachdem sie Harry gratuliert und ihm ihr Geschenk übergeben hatte, war, dass sie zur Aurorenausbildung zugelassen worden war, die am nächsten Tag beginnen würde. Auch Oliver berichtete stolz, dass er sowohl bei den Wimbourner Wespen als auch bei Puddlemere United zu Trainingsspielen eingeladen war.
Von Julia bekam Harry ein Buch, das sie für die Aurorenausbildung brauchten. Harry fiel ein, dass die drei noch gar nicht wussten, dass er und seine Freunde die Ausbildung gar nicht beginnen würden. Sam und Oliver wussten ja noch nicht einmal, dass sie eigentlich aus der Zukunft stammten. Harry beschloss, die beiden am Abend aufzuklären. Oliver schenkte ihm derweil ein Quidditchmagazin mit sämtlichen Informationen zur kommenden Saison.

Unter normalen Umständen hätte Harry es ein wenig merkwürdig gefunden, dass seine Freunde sich so gut mit seinen Eltern verstanden und quasi 'auf Augenhöhe' sich unterhielten, aber da faktisch nur ein Altersunterschied von drei bis vier Jahren zwischen ihnen bestand, war es nur verständlich. Sirius schlug vor, das schöne Wetter zu nutzen und ein wenig Quidditch zu spielen und so erhoben sich wenig später acht Spieler in die Höhe. Ron, Ginny, James und Harry auf der einen Seite spielten gegen Oliver, Julia, Sirius und Remus auf der anderen Seite. Hermine und Lily blieben wie üblich auf dem Boden und auch Sam hatte keine besondere Vorliebe fürs Fliegen.
Fürs Abendessen hatte sich Harry Lasagne gewünscht, die auch bei allen Beteiligten sehr gut ankam. Klein-Harry, Klein-Hermine und Teddy hatten schon zuvor gegessen und waren von James und Remus zu Bett gebracht worden, während Lily Sophie und Alex gestillt hatte. Nach dem Abendessen brachten Harry, Ginny, Hermine und Ron zunächst Oliver und Sam auf den gleichen Stand, auf dem Julia stand.

Die beiden reagierten wie alle anderen zunächst amüsiert und ungläubig, dann erschrocken über die Grausamkeiten. Als sie von der Wahrheit überzeugt waren, wandten sie sich mit wütender Miene Julia zu, die ihnen die Geschichte verschwiegen hatte, doch Hermine nahm sie in Schutz. Schließlich hatten sie Julia versprechen lassen, dass sie niemandem davon erzählen würde, abgesehen davon, dass Oliver und Sam ihre Freundin wahrscheinlich für verrückt erklärt hätten, wenn sie davon erzählt hätte.

Als diese Diskussion beendet war, berichteten die vier auch von den neuesten Erkenntnissen; davon, dass sie zumindest in ihren erwachsenen Körpern in nicht einmal drei Monaten aufhören würden, zu existieren. Es folgte eine noch entsetztere Stille als zuvor. Dann redeten wieder alle durcheinander.
"Was soll das heißen?", fragte Julia erschüttert. "Heißt das, ihr werdet sterben?"
"Ja und nein", erwiderte Harry. "Unsere Körper werden verschwinden, unsere Seelen aber gehen in unsere jüngeren Gegenstücke über. Dabei wird aber das Gedächtnis quasi auf null gesetzt und die Erinnerungen kehren erst Jahr für Jahr zurück."
"Habt ihr keine Angst davor?", fragte Sam. "Zu sterben meine ich? Oder zu verschwinden?"

Harry zögerte mit der Antwort ein wenig. "Also, ich kann nur für mich sprechen, aber ... ja, ein bisschen Angst habe ich schon. Wer hätte das nicht? Dumbledore hat mir mal gesagt: 'Die Angst vor dem Tod ist immer nur die Angst vor dem Unbekannten.' Aber wissen ja größtenteils, was geschehen wird. Wir, also unsere Seelen, werden weiterhin unter den Lebenden weilen. Insofern habe ich ein bisschen Angst, ich bin aber auch neugierig, was geschehen wird. Am meisten Sorge bereitet mir, was mit Teddy geschehen wird. Da wissen wir ja gar nichts."
Ginny, Hermine und Ron schlossen sich weitgehend Harrys Erklärungen an. "Aus diesem Grund", setzte Hermine den Bericht fort, "haben wir entschieden, unsere Ausbildungen beim Ministerium bzw. Ginny ihre Testspiele nicht anzutreten. Es hat ja keinen großen Sinn, jetzt eine Ausbildung anzufangen, wenn man sie sowieso nur drei Monate machen kann." Diese Logik konnten auch die drei Ravenclaws nachvollziehen.

Anschließend wandte sich das Gespräch fröhlicheren Themen zu. So erzählte Julia über ihre Ausbildung, die am nächsten Tag um elf mit einer Begrüßungsveranstaltung im Zaubereiministerium beginnen sollte. Für Sirius würde sein drittes Ausbildungsjahr erst am Dienstag beginnen; der erste Tag des Jahres gehörte immer den Neulingen. Das meiste wussten Harry, Ron und auch die anderen schon, war es doch bei ihnen nicht anders gewesen. Trotzdem hörten sie interessiert zu. So erzählte sie, dass das erste Ausbildungsjahr zum größten Teil aus Theorie, aber auch aus Kampftraining bestand, während die Auszubildenden ab dem zweiten Lehrjahr ab und zu die bereits ausgebildeten Auroren bei ihren Einsätzen begleiten durften.

Während sich die anderen unterhielten, beobachtete Harry Sirius und Julia, die nebeneinander saßen und sich ab und zu gegenseitig ins Ohr flüsterten. In den letzten Wochen hatten sie sich immer wieder verabredet und getroffen, in der Winkelgasse, Sirius hatte Julia zu Hause besucht und sie war im Gegenzug in den Hundezwinger gekommen, auch über Nacht.
Man konnte ihnen die Verliebtheit ansehen, wie sie mit einander umgingen zeigte, dass sie auf Wolke sieben schwebten. Die Vertrautheit, mit der sie aufeinander eingingen ließ Harry vermuten, dass sie wohl einen bedeutsamen Schritt in der Entwicklung ihrer Beziehung gewagt hatten, und dass dies sie darin bestärkt hatte, dass der jeweils andere der bzw. die Richtige war.

Harry konnte sich ein glückliches Grinsen nicht verkneifen bei der Vorstellung, dass sein Patenonkel vielleicht irgendwann in Zukunft heiraten würde. In der 'alternativen Vergangenheit' Vergangenheit war Sirius nie eine Beziehung mit einer Frau eingegangen, seine eindeutige Priorität lag immer auf der Sorge um Harry. Jedenfalls hatte Harry es so mitbekommen. Andererseits hatte Sirius auch nicht die Möglichkeit gehabt, eine Frau kennenzulernen, schließlich hatte alle Welt geglaubt, er sei ein verrückter Massenmörder. Zudem hatten die zwölf Jahre in Askaban nicht nur an seinem Äußeren, sondern auch an seiner Seele Spuren hinterlassen. Unterm Strich, dachte Harry zum widerholten Male, hatte niemand eine glückliche Beziehung so sehr verdient wie Sirius.

Nach dem Abendessen kehrten Sam und Oliver wieder nach Hause zurück. Auch Sirius und Julia machten sich bereit. Da sie einen Abend zu zweit verbringen wollte, blieb Remus in der Löwenhöhle. Ohnehin wollte er Teddy nicht aufwecken, der neben Harry in dessen Zimmer schlief. Nach einem kurzen Gruß an die Übrigen verschwanden Julia und Sirius zum Hundezwinger.

Halloween Time TravelWhere stories live. Discover now