"Du darfst Onkel Marco nicht überfahren..."

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Am nächsten Morgen als ich aufwachte, waren Mats und Cathy schon weg, aber unten in der Küche war Frühstück vorbereitet, mit einem kleinen Zettel auf dem Cathy sich für die letzten Tage bei mir bedankte und meinte sie wolle mir auch etwas Gutes tun bevor ich mich in Marcos Höhle wagen musste. Grinsend weckte ich Finn auf und frühstückte ausgiebig mit ihm, bevor wir gemeinsam den Teig für die Muffins zusammenrührten und diese in den Ofen schoben. „Die brauchen jetzt ein bisschen. Wir gehen uns, während sie backen, waschen ok?", lachte ich und nahm Finn Huckepack. Wir liefen nach oben und machten uns fertig. Ich zog eine beige Hose, ein weißes Tank Top und einen blauen Hoodie an, schließlich musste ich mich für den Idioten ja nicht unnötig aufmotzen. Der Kleine ließ es sich natürlich nicht nehmen seinen gelben Borussen Pullover anzuziehen, was ich grinsend hinnahm. Nachdem wir die Muffins mit Schokolade glasiert hatten- wobei mehr als die Hälfte der Glasur ohnehin von uns vernascht wurde- schlüpften wir in unsere Wintermäntel und gingen mit einem Muffin Korb in der Hand in Richtung von Reus Haus. „Glaubst du Onkel Marco freut sich?", fragte Finn und ging schneller. „Natürlich! Wer würde sich nicht über Muffins von dir freuen?", erwiderte ich lächelnd, dachte aber dass der Idiot sich über einen Besuch meiner Wenigkeit nicht besonders freuen würde.

Wir kamen bei seinem Haus an und klingelten, wobei es eine ganze Weile dauerte bis die Tür geöffnet wurde. Zunächst war sein Gesicht überrascht, wechselte dann aber auf böse und danach auf strahlend als er Finn ansah. „Kleine Hummel, was machst du denn hier?" Finn lachte und deutete auf den Korb in meinen Händen, „Alex und ich haben Muffins gemacht, damit es dir besser geht." „Das ist aber nett, kommt rein!", lachte Reus und ging auf die Seite. Zielstrebig rannte Finn ins Haus und verschwand in einem der Zimmer, weshalb ich ihm schnell nachgehen wollte, aber mir wurde eine Krücke in den Weg gestellt, „Warum hast du das gemacht?" „Die Muffins? Glaub mir, die sind nicht von mir ausgegangen Arschloch. Der kleine Wirbelwind wollte dich unbedingt besuchen und ich bin kein Unmensch.", murrte ich und sah ihn mit verschränkten Armen abwartend an, bis er die Krücke wegnahm und Finn nachhumpelte, der sich in der Küche auf einen Hocker gesetzt hatte und uns misstrauisch ansah, „Was habt ihr gemacht?" „Nichts, wir haben uns nur unterhalten, Kleiner.", erwiderte ich und ging in Richtung der Theke um die Muffins abzustellen. „Das glaube ich nicht! Wenn Mama und Papa nicht sofort mit in einen Raum kommen, dann essen sie gegenseitig ihre Gesichter! Ich hab' das schon mal gesehen! Und wenn sie nachkommen, sagen sie dasselbe wie ihr!", rief Finn und sah uns besserwisserisch an. Mir fiel beinahe der Korb aus der Hand, ich konnte ihn nur gerade so noch auf der Theke platzieren. „Wie bitte?", fragte Marco und ich konnte sehen, dass er sich das Lachen kaum verkneifen konnte. „Also Marco und ich, wir haben uns wirklich nur unterhalten Kleiner... Und jetzt... Will jemand einen Muffin?", sagte ich, bevor Finn auch nur den Mund aufmachen konnte. Die Muffins schienen den Kleinen vom Thema abzulenken und wir setzten uns hin und verspeisten jeder einen, während Finn alles Mögliche erzählte, um seinen Onkel Marco aufzumuntern. Ich beobachtete wie lieb der Fußballer Finn zuhörte und mit ihm lachte, als mir der Gedanke kam, dass er ja vielleicht doch ganz nett sein könnte und ich ihn vielleicht am falschen Fuß kennengelernt hatte.

Nach einer Weile warf Marco einen Blick auf die Uhr und fing plötzlich an zu fluchen. „Was ist denn?", murrte ich etwas böse, da der Kleine nicht so viele Schimpfworte hören sollte. „Ich habe in einer halben Stunde einen Arzt Termin und darf nicht Auto fahren. Und wenn ich jetzt ein Taxi bestelle, dann braucht das viel zu lange hierher, als dass ich noch annähernd pünktlich sein könnte.", meinte er und stand schwerfällig auf. „Alex kann fahren!", rief Finn plötzlich dazwischen, weshalb ich die Augen aufriss und stotterte, „Äh ... ich weiß nicht..." „Pff als würde ich dich mit meinem Auto fahren lassen, das ist brandneu!", knurrte das Arschloch und schüttelte den Kopf. Da war seine Arroganz wieder. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich besser fahre als du, aber hey, wenn du willst dass dir der Fuß abfällt oder du nie wieder spielen kannst... Das ist nicht mein Problem.", erwiderte ich und zuckte mit den Schultern. „NEIN! Nicht!", rief Finn, dem mein Kommentar Angst eingejagt hatte, „Alex, du musst Onkel Marco fahren!" Schnell legte ich beruhigend meinen Arm um Finn, seufzte dann laut und warf Marco einen fragenden Blick zu. „Gut...", willigte dieser ein, als mir einfiel dass ich keinen Kindersitz für Finn hatte. „Ich habe einen.", knurrte Reus, humpelte zur Garderobe um sich anzuziehen und dann mit uns nach draußen. Wir standen vor dem Auto, als ich große Augen bekam. Auch wenn Autos nicht gerade mein Spezialgebiet waren, bei diesem konnte man den Preis erahnen, was mich ziemlich verunsicherte. „Pass ja auf, das ist ein Aston Martin und wenn du den schrottest.... Sagen wir mal so, du müsstest vermutlich mehrere Jahrtausende arbeiten um mir das Geld zurückgeben zu können.", knurrte mir Reus ins Ohr, als er mir den Schlüssel übergab. Danach wies er mich an, den Kindersitz aus dem Kofferraum zu holen und Finn rein zu verfrachten. Wenige Minuten später saßen wir alle im Wagen und ich atmete einige Male tief durch, da wurde ich schon von der Seite angefahren, „Schlüssel ins Schloss oder weißt du nicht wie man ein Auto startet?" „Klappe, ich bin eben noch nie mit so einem teuren Auto gefahren.", schnauzte ich zurück und startete dann den Motor, der schnurrte wie eine Katze. „Ist Automatik, sollte sogar jemand wie du fahren können.", murmelte Reus neben mir und brachte mich beinahe dazu ihn laut zu beschimpfen, als mir einfiel, dass Finn ja hinten saß. Langsam ließ ich das Monster anrollen und fuhr aus der Einfahrt, da kam schon der nächste Kommentar, „Falls du irgendwann das Gaspedal findest, gib mir Bescheid, vielleicht kommen wir dann ja doch noch beim Arzt an." „Wenn du nicht bald deine Klappe hältst, halte ich an, zerre dich vors Auto, hau dir auf deinen Fuß, damit du nicht mehr aufstehen kannst, steige wieder ein und... DANN ÜBERFAHRE ICH DICH!!!!", schrie ich und sah ihn wütend an. Er zuckte zusammen, blieb aber still, weshalb ich mich wieder auf das Auto konzentrierte und losfuhr, was halbwegs gut klappte, wenn man davon absah, dass ich das Gaspedal zu fest trat und das Auto deshalb richtig schnell unter meinem Arsch wegfuhr. Marco hielt dennoch bis zur Praxis die Klappe, außer bei gelegentlichen Anweisungen die nur den Weg betrafen.

Nach dem Einparken, stieg der Fußballer wortlos aus und machte sich auf den Weg nach drinnen, wobei Finn und ich im Auto warteten und uns eine Weile unterhielten. „Alex? Du darfst Onkel Marco nicht überfahren...", hörte ich da Finn hinter mir sagen. „Ach Kleiner, mach dir keine Sorgen, das mache ich nicht. Versprochen!", lächelte ich und lenkte ihn dann mit einem Gespräch über unser Mittagessen ab, was er nur zu gerne besprach, als auch schon die Tür aufging und Reus wieder einstieg. „Können wir mit Onkel Marco essen, Alex? Bitte!?", fiel Finn plötzlich ein. Ich schloss kurz die Augen, um mir eine Ausrede einfallen zu lassen, da sagte das Arschloch, „Wenn ihr wollte, gerne. Ich kann nur nicht kochen Finn, das weißt du." Erstaunt sah ich ihn an. „Was?!", knurrte er als er meinen Blick bemerkte. „Nichts... Ich würde sagen, wir fahren.", erwiderte ich und ließ den Motor an, jedoch nicht ohne einen warnenden Blick in Richtung Reus zu werfen, der sofort abwehrend die Hände hob, „Ich habe nichts gesagt ok?" Während der Fahrt, die dieses Mal viel gemütlicher verlief, plauderte Marco mit Finn über das Essen. Bei Marcos Haus angekommen, wollte Finn unbedingt etwas fernsehen, weshalb Marco ihn vor den Fernseher verfrachtete und ich währenddessen einen Blick in den Kühlschrank warf. „Sag mal, wieso bist du eigentlich noch nicht verhungert?", fragte ich den Fußballer, als er die Küche betrat. „Schon mal was von Lieferservice gehört?", erwiderte er und lehnte sich an die Theke. Genervt verdrehte ich die Augen, sagte aber nichts außer, „Hast du Nutella im Haus?" Er nickte. Mit sicheren Griffen holte ich ein paar Zutaten aus dem Kühlschrank und rührte dann den Teig für Pfannkuchen zusammen, die heute unser Essen wären. „Was hat der Arzt gesagt?", erkundigte ich mich höflich. „Als würde dich das interessieren.", schnauzte er sofort los. „Tut es nicht, ich war nur höflich.", brummte ich und rührte den Teig fester, um ihn nicht zu schlagen, weil er so aggressiv war.

Er blieb ein Weilchen still und ich hatte schon die Hoffnung weiteren Gesprächen mit dem Arschloch für heute entgangen zu sein, als er murmelte, „Sieht nicht gut aus... Er meint die Wintersaison ist gelaufen..." Ich hörte die Trauer in seiner Stimme und wandte ihm meine Aufmerksamkeit zu, indem ich ihm kurz eine Hand auf die Schulter legte und diese drückte, „Tut mir wirklich leid für dich... Aber dann wirst du sie eben in der Frühjahrssaison umhauen... Oder aus dem Stadion schießen... Also falls ihr Fußballer das so sagt." Er blieb still, keine Regung war in seinem Gesicht zu erkennen, weshalb ich mich weiter um den Teig kümmerte und eine halbe Stunde später die fertigen Pfannkuchen auf den Tisch stellte und Finn holte, der sich gleich zwei in den Mund stopfte. Vor Finn ließ der Fußballer sich natürlich nichts anmerken, aber mir fiel auf, dass er sehr mit sich kämpfte. Um dem Arschloch etwas Gutes zu tun, räumte ich noch schnell die Küche auf nach dem Essen und packte dann meinen kleinen Wirbelwind ein, der nicht besonders begeistert davon war seinen Onkel Marco jetzt schon zu verlassen. Dennoch zog er sich gleich an und rannte nach draußen, wo es gerade leicht zu schneien begann. Ich zog meinen Mantel an und wollte gerade gehen, als der Fußballer neben mir stand und sich mehrmals laut räusperte. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn an. Ein weiterer Räusperer und ein kaum hörbares, „Danke für alles..." „Schon gut.", erwiderte ich und ging dann zu Finn, um mit ihm nach Hause zu spazieren, wo wir Mats antrafen, der heute trainingsfrei bekommen hatte und daher etwas mit dem Kleinen unternehmen wollte.

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