„Ich hab dich vermisst."

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Ich wollte ihr widersprechen, sie bitten es niemanden zu erzählen, aber das war ohnehin sinnlos, als ließ ich es bleiben und nahm stattdessen mein Handy, „Also es hat keine 10 Sekunden gedauert, nachdem du weg warst, da hat Cathy mich schon gelöchert und mich gezwungen ihr alles zu erzählen..." Es dauerte etwas bis Mitch zurückschrieb, „Sie ist wirklich einzigartig... Aber ich würde es am liebsten in die Welt hinausschreien, dass wir zusammen sind... Wie vorhin gesagt, dann weiß jeder, dass er die Finger von dir lassen soll." Ich lachte, doch bevor ich zurückschreiben konnte, stand schon ein kleiner Junge in meinem Zimmer und schrie laut, „ALEX!" „Kleiner Wirbelwind!", rief ich, sprang von meinem Bett auf und hob den Kleinen stürmisch hoch, „Ich hab dich vermisst." „Ich dich auch.", murmelte der Kleine und drückte sein Gesicht fest in meine Halsbeuge. „Hey ihr zwei Knuddelbären, Cathy hat in der Küche Kaffee und Kuchen vorbereitet.", hörte ich da eine tiefe Stimme von der Tür aus. „KUCHEN!!!", schrie Finn auch schon, wurde von mir auf den Boden gestellt und rannte in derselben Sekunde schon nach unten.

Ich schenkte Mats ein warmes Lächeln, bevor ich mich ebenfalls an dem Verteidiger vorbeischob und auf den Weg nach unten machte. „Er hat dich so gern, immer wieder schön zu sehen.", meinte Mats, der hinter mir ging, „Die ganze Zeit als wir nicht hier waren, hat er von dir erzählt. Meinen Eltern, Cathys Eltern. Sie dachten schon es gibt dich nicht, denn ‚so zauberhaft, kann ein Mensch doch gar nicht sein!', laut meinen Eltern." Ich lächelte, „Was hat er denn erzählt? Dass ich fliegen und zaubern kann?" „So ungefähr.", lachte er, „Nein, er hat nur erzählt was ihr den ganzen Tag macht, dass du die beste Pizzabäckerin der Welt bist und was weiß ich noch alles. Und dein Geschenk hat er nie aus der Hand gegeben." Ich ließ das unkommentiert und sagte nur, „Ich muss ehrlich sagen, ich mag den Kleinen und euch auch sehr gern. Die letzten Jahre in New York waren schön, aber dort war ich immer eine Angestellte und das ließen mich meine Arbeitgeber und vor allem auch die zwei Kinder immer wieder spüren. Es war beinahe eine Erleichterung, als das zweite Kind ebenfalls auf ein Internat geschickt wurde und ich somit nicht mehr gebraucht wurde und nachhause konnte. Hier hingegen fühle ich mich eigentlich viel zu wohl um es als Arbeit zu sehen." „Wir sehen dich auch schon als Teil der Familie.", lächelte Cathy, die den letzten Teil gehört hatte. „Ja! Wenn Alex, Onkel Marco heiratet, dann wird sie meine Tante!", rief Finn begeistert. Ich zog erstaunt die Augenbrauen hoch. Wie kam dieser kleine Junge immer auf solche Ideen? „Ich denke nicht, dass das passieren wird, Schätzchen.", lachte Cathy. „Außerdem ist Marco ja nur dein Patenonkel und nicht dein Onkel, so wie Onkel Jonas.", mischte sich Mats auch noch ein. Finn schürzte die Lippen. Es wirkte als würde er etwas aushecken, aber er blieb still und mampfte nur seinen Kuchen.

Wir saßen eine Weile zusammen und erzählten von unseren Feiertagen, bis ich Finn ins Bett brachte und eine SMS von Mitch bekam, der mich fragte, ob ich nicht Lust hatte, bei ihm zu übernachten heute. Grinsend ging ich in meinen Kleiderschrank, konnte aber plötzlich nichts mehr finden was mir auch nur annähernd gefiel. Seit wann war ich so oberflächlich? Ich schüttelte den Kopf, ich war nicht oberflächlich, aber ich wollte Mitch gefallen, so wie es immer war, zu Anfang einer Beziehung. Da ich aber trotzdem nichts Anständiges im Schrank hatte rief ich nach Cathy, die mir eine schwarze Jeans aus dem Schrank zuwarf und dann in ihren eigenen ging, um dort nach etwas Passendem zu suchen. Sie kam mit ein paar Oberteilen zurück von denen ich mehr als die Hälfte aussortierte ohne sie anzuprobieren, da sie nicht mal ganz meinen BH verdecken würden. Aber eine langärmlige Bluse sprach mich an, weshalb ich das bordeauxrote Ding anprobierte, das sogar passte. Meine Haare schüttelte ich nur kurz durch, schminkte mich leicht und fuhr dann zu Mitch, der mich bereits grinsend erwartete und mit dem ich einen schönen Abend verbrachte, der schließlich schwitzend im Bett endete. „Ich bin froh, dass ich doch die gute Unterwäsche angezogen habe. Wer weiß ob wir hier liegen würden, wenn ich meine Oma Schlüpfer angezogen hätte.", grinste ich und hob meinen Kopf von Mitchs Brust, die durch sein Lachen vibrierte. „Klar.... Die hätte ich dir eben noch schneller vom Körper gerissen.", erwiderte er und küsste mich. „Na dann... Werde ich die das nächste Mal anziehen.", murmelte ich grinsend und vertiefte den Kuss. „Ich hätte eine bessere Idee... Wie wärs mit gar keiner Unterwäsche?", flüsterte er in mein Ohr und küsste sich dann an meinem Hals entlang. Ich konnte nichts mehr erwidern, ausser ein leises Stöhnen.

Unser Glück hielt nicht lange, denn die Jungs flogen auf Trainingslager und somit waren Mitch und ich für eine Weile getrennt, die nur quälend langsam verging. Wir telefonierten zwar jeden Abend, aber dennoch war es nicht das wahre, bis er endlich wieder da war. Ich hatte ihn damals zum Trainingszentrum gefahren, damit sein Auto nicht dort stehen bleiben musste wie die anderen, weshalb ich ihn heute wieder abholen musste. Cathy hatte mir heute freigegeben, da sie etwas mit Mats und dem Kleinen unternehmen wollte, wenn die Jungs wieder da waren, schließlich hatte Finn seinen Vater auch sehr vermisst. Ich sprang unter die Dusche, föhnte meine Haare, legte etwas Make-Up auf und durchsuchte dann meinen Kleiderschrank, um etwas Passendes zu finden. Schlussendlich entschied ich mich für ein normales schwarzes Tank Top, eine helle Jeans und eine schwarze Jacke darüber, schließlich wollte ich nur meinen Freund abholen und nicht auf den Catwalk. Eine Viertelstunde später fuhr Cathy mich zu Mitchs Wohnung, von dort aus fuhr ich mit seinem Auto zum Trainingsgelände, wo ich Joachim zuwinkte, der mich mittlerweile auch schon kannte. Die Jungs saßen wohl noch im Gebäude, daher parkte ich das Auto, stieg aus und lehnte mich an den Kofferraum, um ihn rauskommen zu sehen. Nach 10 Minuten schrieb ich Mitch eine SMS, bekam aber keine Antwort, daher seufzte ich laut. "Wartest du auch auf einen der Spieler?", wurde ich da von der Seite angesprochen. Ich runzelte die Stirn, was sollte ich denn sonst auf dem Trainingsgelände von Borussia Dortmund tun? Die Offensichtlichkeit ihrer Frage, wurde ihr wohl auch bewusst, denn als ich zu ihr sah, war sie rot im Gesicht und stammelte, "Blöde Frage... Entschuldigung." Ich lachte leicht, bevor ich murmelte," Schon gut. Und ja ich warte auf einen der Spieler und du warscheinlich auch?" Sie nickte, "Ja, wir sind gerade hergezogen, vorher haben wir in Salzburg gelebt." Ihre Stimme klang etwas nach Mickey Mouse, daher musste ich mir das Grinsen verkneifen. "Dann bist du Österreicherin? Klingt gar nicht so.", meinte ich und sah sie aufmerksam an. "Nein, ich komme aus Solingen, aber mein Freund hat jetzt 2 Jahre bei Salzburg gespielt.", erwiderte sie und lächelte nervös. "Mein Freund hat früher in Australien gekickt, wenn ich mich richtig erinnere, aber solange kennen wir uns noch gar nicht.", erklärte ich, mit den Schultern zuckend. Klar hatte Mitch mir oft von Australien erzählt, aber die Fußballsachen hatte er oft ausgespart, da er wusste, dass das nicht gerade oder eher noch nicht, mein Milieu war. "Achso.", sagte sie und tat mir irgendwie leid, da ich nicht gerade den interessiertesten Eindruck auf sie zu machen schien. "Und du? Wie lange kennst du deinen Freund?", fragte ich daher, um etwas Interesse zu zeigen. "Also... Fast 10 Jahre...", meinte sie und bekam hochrote Ohren, als wäre ihr das peinlich. "Wow, wirklich? Das ist ja cool.", lächelte ich, fragte mich aber innerlich wie alt sie wohl war. Sie sah nicht älter aus als ich es war, war jedoch noch eine Spur kleiner als ich und viel blonder. "Ich bin übrigens...", wollte ich mich gerade vorstellen, als jemand hinter uns laut schrie, "Wen sehen meine müden Augen denn da? ALEX!" Grinsend drehte ich mich um, "Nuri, du alter Halunke!"

Gedankenverloren ließ ich das Mädchen einfach stehen und lief zu meinem Kumpel, der mich fest in die Arme schloss, dann aber schleunigst nach Hause zu seiner Frau wollte. "Viel Spaß!", rief ich gerade, als auch schon der nächste der Jungs mit einem Koffer hinter sich aus dem Gebäude kam. "Hey Marco, wie geht's dir? Alles gut gelaufen mit deinem Fuß?", lächelte ich. "Was machst du denn hier?", erwidert er, schien aber alles andere als erfreut zu sein mich zu sehen. Ich hatte gehofft, dass wir Freunde werden würden, vor allem nachdem Auba mir gesagt hatte, dass Marco seine Vorurteile mir gegenüber abgelegt hatte, aber da hatte ich wohl falsch gehofft, denn der Blick den er mir zuwarf, war schlimmer als jeder den er mir bis jetzt geschenkt hatte. "Ich hole Mitch und Mats ab.", murmelte ich und sah ihn mit gerunzelter Stirn an. "Schleimst wohl weiter um etwas aufzusteigen? Ich an deiner Stelle würde es lassen, denn mehr als eine dreckige Putze bist du nicht und wirst du auch nie werden.", schleuderte er mir entgegen bevor er seinen Koffer nahm und ging. Verdutzt sah ich ihm nach. Was hatte ich denn jetzt schon wieder getan? Nach allem was vor Weihnachten gewesen war, hatte ich wirklich gedacht dass es bergauf gehen würde.

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