"Eigentlich bedeutet in diesem Fall was?"

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Eigentlich wollte ich nach Hause, aber da ich mich davor noch etwas beruhigen wollte, das Gespräch hatte mich immerhin doch etwas aufgebracht, ging ich einen Umweg nach Hause. Die frische Luft auf meinem Gesicht zu spüren, half mir meinen Herzschlag in einen annähernd normalen Bereich zu befördern, auch wenn es mir nicht wirklich half zu verstehen, was gerade passiert war. Unbeholfen fuhr ich meine Lippen nach, als könnte ich so das Kribbeln dass der Kuss ausgelöst hatte, wiederherstellen. Wir hatten uns wirklich geküsst. So richtig. Und nur um es mal festzuhalten, Marco konnte küssen. Doch so gut der Kuss auch war und so schön das Gefühl war dass ich dabei empfunden hatte... Ich konnte mich nicht auf eine neue Beziehung einlassen, nicht nach all dem Drama in letzter Zeit. Auch wenn mein Herz da wohl etwas anderer Meinung war, wenn man bedachte, wie mein Puls in die Höhe schoss, wenn ich nur an den Kuss von vorhin dachte.

Ich schüttelte den Kopf, dann beschleunigte ich meine Schritte und machte mich endgültig auf den Weg nach Hause. Die Luft konnte nicht so frisch sein, dass sie mir noch helfen konnte. Mein Herz und mein Kopf stritten miteinander und das würde wohl noch eine Weile so weitergehen. Nüchtern betrachtet war es jetzt Zeit sich um mich zu kümmern und zwar nur um mich. Aber als würde das Herz jemals eine Situation nüchtern betrachten. Wie ein alkoholisierter Liebesjunkie wollte es mir einreden, dass ich mein Glück nur finden würde, wenn ich auf der Stelle umdrehen und zurückgehen würde. Jeder Herzschlag versuchte mir klar zu machen, dass ich einfach nur zurückgehen und Marco sagen sollte, dass ich das alles ebenso sah wie er, dann würde ich glücklich werden. Doch mein Kopf erwiderte bloß dass bei meinem Glück zurzeit, alles nur schieflaufen konnte. Und ich hörte auf meinen Kopf, weil auf mein Herz zu hören zu schwer war. Weil es mich verletzlich machte und ich Angst davor hatte, dass erneut alles kaputtgehen würde.

Seufzend schloss ich die Tür auf, wollte so leise sein wie möglich, um Mats, Cathy und Finn nicht zu wecken, aber das war nicht nötig, denn Mats kam gerade gähnend aus der Küche, als ich nach Hause kam. „Hey Alex. Alles klar?", begrüßte er mich lächelnd. Dann sah er meinen Gesichtsausdruck und das Lächeln verschwand, „Offensichtlich nicht. Was ist passiert? Ich dachte du und Marco wolltet euch aussprechen?" Ich verzog das Gesicht, „Ja, wollten wir... Haben wir auch. Eigentlich." „Eigentlich bedeutet in diesem Fall was? Du hast ihn bis zur Hälfte aussprechen lassen und bist dann erst weggelaufen?", fragte er und deutete mir mit einem Kopfnicken, ihm in die Küche zu folgen. Dort angekommen setzte ich mich erstmal, während Mats mir ein Glas Wasser holte. Sobald er sich mir gegenüber niedergelassen hatte, wiederholte er, „Also... Eigentlich bedeutet jetzt was?" „Eigentlich bedeutet, dass wir über den fast-Kuss geredet haben...", erwiderte ich, druckste aber herum was den Rest betraf. „Aber? Ihr seid auf keinen grünen Zweig gekommen?", natürlich wirkte es auf Mats so als hätten Marco und ich gestritten. Welchen anderen Grund sollte es für meine Laune auch sonst geben?

„Das auch nicht... Wir haben es schon geklärt, es gab nur dann eine andere Sache die etwas... Naja, etwas eskaliert ist.", meinte ich und umfasste mein Glas mit beiden Händen, als könnte ich mich so daran festhalten. „Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. Du weißt du kannst mir alles anvertrauen und wir haben doch auch vor dem heutigen Gespräch darüber gesprochen was du tun sollst. Hast du meinen Rat befolgt oder nicht?", forderte Mats dann und ich merkte wie müde er war, denn sonst hätte er mir etwas mehr Zeit gegeben mich von selbst zu öffnen. „Ich habe Marco aussprechen lassen und habe dann auf das Gesagte reagiert, genau wie du gesagt hast, ja.", sagte ich und drückte gegen das Glas in meinen Händen. „Und dann?" „Dann... Dann hat Marco mich geküsst.", murmelte ich und wünschte, dass ich einen Bart hätte in den ich nuscheln könnte. Wenn ich mich dazu hätte bringen können Mats anzusehen, hätte ich das stolze Grinsen in seinem Gesicht sehen können. Aber ich konnte ihn einfach nicht ansehen.

„Er hat dich also geküsst. Mit Absicht wie ich vermute?", waren Mats nächste Worte. „Mit Absicht.", bestätigte ich und fand endlich den Mut dazu, ihn anzusehen. Er lächelte aufmunternd, aber ich konnte es nicht erwidern. „Und du hast den Kuss erwidert?" Ich blieb still. Natürlich hatte ich ihn erwidert, schließlich war es Marco der mich geküsst hatte. „Alex?" „Ja." „Ja? Ja, du hast ihn erwidert oder ja auf das ‚Alex'?" „JA ich habe den Kuss erwidert. Und ja, verdammt, es hat mir gefallen. Und ja, ich wünschte ich hätte Marco danach etwas Nettes sagen können. Aber das konnte ich nicht. Ich bin offensichtlich gestört.", rief ich und plötzlich platzte alles aus mir heraus und ich erzählte Mats, wie der gesamte Abend verlaufen war. Er hörte mir aufmerksam zu und bei jedem Wort, verzog sich sein Gesicht weiter zu einem Grinsen. Am Ende angelangt verging ihm dieses zwar wieder, aber dennoch schien er glücklich darüber zu sein, dass Marco mich geküsst hatte und mir gestanden hatte, dass er vielleicht Gefühle für mich hatte.

„Zunächst: Du bist nicht gestört Alex. Du bist ein Mensch und hast Angst noch mehr verletzt zu werden, als es ohnehin in den letzten Monaten schon geschehen ist. Das ist normal, sonst nichts... Aber Alex, du kannst dein Leben nicht von Angst dominieren lassen, denn dann übersiehst du all die schönen Möglichkeiten die sich dir bieten. Zum Beispiel ein Mann, der sich dir öffnet obwohl es ihm schwerfällt. Oder auch die Möglichkeit einer neuen, aufregenden Liebe. Einer Beziehung, die hält bis ihr beide gemeinsam, alt und verschrumpelt, auf eurer Terrasse sitzt und euren Enkelkindern beim Spielen zuseht. Manchmal muss man alles riskieren, um das Beste zu bekommen... Und doch kann ich dir sagen, dass es das wert ist.", erklärte Mats mir dann mit eindringlicher Stimme und noch eindringlicherem Blick. Doch das erste Mal halfen mir Mats Worte nicht, eher das Gegenteil. Sie gaben mir ein noch schlechteres Gefühl, als jenes das ich jetzt schon hatte. „Meinst du das weiß ich nicht? Meinst du nicht, dass ich gerne alles riskieren würde?", verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare. „Dann mach es!", forderte er mich auf. „Ich kann nicht Mats! Ich kann einfach nicht. Mich jetzt auf eine Beziehung einlassen, dass würde mir zu viel werden. Ich würde mich selbst verlieren. Und das kann und will ich nicht riskieren.", erklärte ich ihm und sprach zum ersten Mal meine größte Angst aus. Was wenn ich mich selbst nicht mehr wiedererkennen würde nach dem Drama?

Hallo ihr Lieben 🤗
Der Dienstag ist da 😉 Ich hoffe ihr hattet eine schönere Woche als ich, denn ich kämpfe immer noch ein bisschen mit meiner Bronchitis, auch wenn die Medikamente jetzt endlich mal angefangen haben richtig zu wirken 🙈 Tja da hat Mats wohl mal etwas Wahres gesagt, aber ob das in Alex Dickschädel geht? 🤔
Vielen Dank für die Kommis und die Votes beim letzte Kapi 😘😘
Ich wünsche euch noch eine schöne Woche,
Eure Skat 💛😘

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