„Ich wittere eine gute Geschichte hinter diesem Satz?"

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Nachdem wir uns mit dem Hauptgang vollgestopft hatten, sah Finn mich mit großen Augen an, „Alex, kann ich noch etwas Nachtisch haben?" Ich betrachtete ihn skeptisch, sicher, dass in seinen kleinen Körper kein einziges Stück Nachtisch mehr reinpassen würde. „Wie wäre es, wenn du und ich uns eine Portion Tiramisu teilen, kleine Hummel? Glaub mir, Mario macht das beste Tiramisu der Welt.", schlug Marco vor, dem wohl derselbe Gedanke gekommen war. „Darf ich?", mit leuchtenden Augen wandte Finn sich wieder an mich und ich brachte es einfach nicht über mich ‚Nein' zu sagen, weshalb ich lächelnd nickte.

Die beiden genossen ihr Tiramisu, wobei Finn sowieso nicht mehr als 4 Gabeln essen konnte, während ich immer wieder mein Handy checkte. So nett der Abend auch gewesen war, wurde ich mittlerweile nervös, weil Mats sich nicht meldete. Weigerte sich Mitch etwa zu gehen? Würde er warten bis ich zuhause war, um mit mir reden zu können? Als ich zum gefühlten 1000. Mal mein Handy entsperrte, sah Marco mich an, „Alles ok?" „Ja ich mache mir nur Sorgen, weil er sich nicht meldet. Glaubst du die Luft ist schon rein?", teilte ich ihm meine Zweifel mit. „Ich weiß es nicht... Aber du könntest ihm ja eine SMS schreiben und es rausfinden? Vielleicht hat Mats nur vergessen dir zu schreiben.", meinte er mit beruhigender Stimme.

Finn, der schon beinahe am Stuhl einschlief, gähnte demonstrativ. Vor lauter Müdigkeit, hatte er das kurze Gespräch zwischen Marco und mir nicht mehr mitbekommen. „Alex, wann fahren wir nach Hause?", gähnte er und blinzelte mich müde an. „Bald. Wir bezahlen noch und dann sind wir schon unterwegs, in Ordnung?", beruhigte ich ihn und strich liebevoll über seine Wange. Er nickte und rieb sich die Augen, während ich mich meinem Handy zuwandte und Mats eine Nachricht schrieb, um herauszufinden, ob Mitch noch bei ihm war.

Die Antwort kam wenig später, „Ich bin gerade dabei ihn aus dem Haus zu bugsieren. Ihr könnt euch auf den Weg machen, bis ihr hier seid, ist er bestimmt weg." Entschieden nickte ich Marco zu, der Mario zu uns rief und bezahlte. „Danke, aber ich kann für mich selbst bezahlen.", meinte ich, doch Marco bestand darauf, dass es seine Idee gewesen war essen zu gehen und er deshalb zahlen würde. Da ich zu müde war, um mit ihm deshalb zu diskutieren, beließ ich es dabei.

Wir standen auf, zogen unsere Jacken an und wurden von Mario zur Türe begleitet, der sich zuerst bei Marco und Finn verabschiedete und dann bei mir, „Es war eine Ehre Dich kennenzulernen. Marco hätte Dich schon viel früher mitnehmen sollen!" Während des Abends, waren wir beide ins ‚du' gefallen, denn die herzliche Art des Italieners ließ einfach nicht Anderes zu, als das Gefühl dass man sich schon Jahre kannte. Ich lächelte, „Danke. Hat mich auch sehr gefreut! Naja, wenn er mich früher mitgenommen hätte, wäre der Abend nicht so angenehm verlaufen." Beim letzten Satz kicherte ich ein bisschen, weshalb mich Mario gespannt ansah, „Ich wittere eine gute Geschichte hinter diesem Satz?" „Vielleicht.", zwinkerte ich. „Die hebst du dir für das nächste Mal auf, wenn ihr hierherkommt, einverstanden?", erwiderte er und schüttelte mir die Hand.

Als Marco kurz durch Finn abgelenkt war, murmelte der Italiener, „Marco ist ein guter Junge. Er kann schwierig sein, aber wenn man erst durch seine harte Schale gedrungen ist, gibt es kaum gütigere Menschen als ihn. Er hat ein nettes Mädchen verdient, das ihn wegen seinem Charakter mag, nicht wegen seinem Status als Fußballer." Er sah mich eindringlich an und ich konnte seinem Blick ach wenigen Sekunden nicht mehr standhalten, da er mir zu sehr das Gefühl gab, dass es einen tieferen Grund für seinen Kommentar gab. Verlegen räusperte ich mich und sagte dann, „Ich glaube da hast du recht. Also dann, es war schön, bis bald." Wir verließen das Restaurant und stiegen ins Auto, wo es keine 3 Minuten dauerte, bis der kleine Wirbelwind einschlief.

„Und? Sagst du mir, was Mario dir zugeflüstert hat?", fragte Marco, der offensichtlich die Stille durchbrechen wollte, die sich zwischen uns gebildet hatte. Ich blieb ruhig, definitiv um eine Antwort verlegen, da mir auf die Schnelle keine Lüge einfiel, ich Mario aber auch nicht verraten wollte. Sein raues Lachen ertönte neben mir, „Sprichst du immer noch nicht mit mir?" Ein leichtes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Es war lächerlich, dass ich ‚böse' auf ihn war, er konnte ja nichts dafür und wenn ich in seiner Situation gewesen wäre, dann hätte ich ebenso nachgefragt. „Nein. Also doch. Also, ich rede schon mit dir. Ich weiß nur gerade nicht was ich sagen soll.", murmelte ich. „Also wie wäre es damit, ich gebe dir drei Varianten und du suchst dir die am wenigsten unangenehme aus? Erstens: Du sagst mir, was das geheime Gespräch von dir und Mario zu bedeuten hatte. Zweitens: Du sagst mir, dass es dir leid tut, dass du mich vorhin so angeschnauzt hast. Und Drittens: Du erzählst mir, warum du mich vorhin so angemotzt hast und was der Grund für deinen Streit mit Mitch war."

Ich seufzte und drehte ihm mein Gesicht zu, das von einem verzweifelten Gesichtsausdruck geziert wurde. „Ich finde alle drei Varianten scheiße.", jammerte ich, entschied mich dann aber für Nummer zwei, „Tut mir leid, dass ich vorhin so zickig war. Du kannst ja nichts dafür, dass es gerade so kompliziert ist. Eigentlich das Gegenteil, du bist wirklich nett und versuchst mir zu helfen und ich benehme mich wie die größte Bitch auf Erden. Entschuldige bitte..." „Schon gut, ich bin daran gewöhnt.", tat er es locker ab. Ich sah ihn skeptisch an. „Ich bin daran gewöhnt, dass du dich wie die größte Bitch auf Erden benimmst.", präzisierte er. Empört sah ich ihn an, bis ich diesen kleinen verschmitzten Zug in seinem Gesicht entdeckte und bemerkte, dass er mich verarschte. „Idiot.", grummelte ich und schlug ihm gegen den Oberarm. „Hey, ich fahr hier Auto! Vorsicht, du willst doch nicht dass wir einen Unfall bauen.", lachte er. „Bei deinem Fahrstil wäre es eher ein Wunder, wenn wir keinen haben. Egal ob ich dich schlage oder nicht.", scherzte ich und streckte ihm die Zunge raus, als er sich kurz zu mir drehte. „Wollen Sie vielleicht zu Fuß nach Hause gehen, Fräulein Köhler?", knurrte Marco und setzte ein wütendes Gesicht auf. „Nicht mal du wärst fies genug, um ein Mädchen mit Krücken auszusetzen.", erwiderte ich. „Bei dir würde ich tatsächlich darüber nachdenken, eine Ausnahme zu machen.", murmelte der Fußballer und konzentrierte sich wieder auf den Verkehr. Es entstand erneut Stille im Auto, die nur von Finns gleichmäßigen Atemzügen unterbrochen wurde.

Einem plötzlichen Impuls folgend, fing ich an zu reden, „Er geht weg. Er verlässt Dortmund." Marco stand zunächst auf der Leitung, „Wer verlässt Dortmund?" Verächtlich, mit hochgezogenen Augenbrauen, sah ich ihn an. Er schien es im Augenwinkel zu sehen und es dauerte ein paar Sekunden, bis ihm ein Licht aufging, „Mitch?" „Nein, der Kaiser von China. Natürlich Mitch, wer sonst.", meine Worte trieften vor Sarkasmus. Ohne ihm die Möglichkeit einer Antwort zu gewähren, sprach ich weiter, „Er verlässt den BVB und wechselt zu Stuttgart. An dem Abend, an dem du mich aufgegabelt hast, waren wir essen und er hat mir eben diese Tatsche eröffnet. Seiner Meinung nach, sollte ich mit ihm nach Stuttgart kommen... Aber ich war so böse auf ihn, weil er mich nicht nach meiner Meinung gefragt hatte. Ich meine in einer gesunden Beziehung, spricht man doch über so etwas BEVOR alles fixiert wird? Nicht nachdem alles bereits unter Dach und Fach ist... Ich war so enttäuscht, dass ihm unsere Beziehung nicht genug wert ist... Dass ich ihm nicht genug wert bin, um mit mir darüber zu sprechen, bevor er eine solche Entscheidung trifft oder mich überhaupt in die Überlegung einzubinden. Also bin ich aufgestanden und gegangen. Jetzt weißt du was passiert ist. Zufrieden?" Es kam keine Antwort. Er starrte nur nach vorne und fuhr den Wagen. Mein Herz klopfte so laut, dass ich glaubte er müsse es hören. Ich hatte mich ihm geöffnet, zumindest ein bisschen und was bekam ich? Schweigen. Was ich in meiner Egozentrik übersah war, dass sich Marcos Fingerknöchel weiß färbten, weil sie sich so fest ans Lenkrad klammerten. Außerdem konnte man, wenn man genau genug hinsah, sehen, dass er seine Zähne so fest zusammenbiss, dass sich die Haut über seinem Kiefer spannte.

Hallöchen 🤗 Schon wieder ist ein Dienstag da und mit ihm ein neues Kapitel! Ich hoffe es hat euch gefallen 😘 Danke für die Kommis (und natürlich Votes) beim letzten Kapitel, ich habe mich wie immer sehr darüber gefreut 💛💛
Eure Skat😘

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