"Du gehst doch wohl nicht mit ihm nach Stuttgart?"

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Ich hatte die Hoffnung auf eine Antwort bereits aufgegeben, als er sich räusperte und knurrte, „Ich wusste dass er wechselt. Mir sagte er, du wärst damit einverstanden. Dass du überlegen würdest, mit ihm zu gehen." In sekundenschnelle drehte sich mein Kopf wieder zu ihm, „Wie bitte?!" „Wir haben nicht lange darüber gesprochen, also mehr als das kann ich dir nicht bieten.", entschuldigte er sich. „Das brauchst du auch nicht. Ich habe bereits eine Entscheidung gefällt.", brummte ich und verschränkte wütend die Arme vor der Brust. Meine Antwort schien Marco zu verwirren, „Wie meinst du das? Du gehst doch wohl nicht mit ihm nach Stuttgart?" „Spinnst du? Mein Leben hier ist toll, der Job, die Leute, Finn, einfach alles.", rief ich laut und drehte mich in derselben Sekunde um, aus Angst Finn aufgeweckt zu haben.

Der kleine Wirbelwind wurde zwar kurz unruhig, schlief aber weiter, weshalb ich mich wieder zu Marco drehte. „Was meinst du dann damit, dass du bereits eine Entscheidung gefällt hast?", meinte dieser. Ich seufzte, „Du musst wirklich immer alles wissen, hmm?" Er warf mir einen Blick zu, der eine Antwort überflüssig machte. „Ich denke nicht, dass ich für eine Fernbeziehung geschaffen bin.", war das Letzte, das ich sagte, bevor ich ausstieg, da wir gerade in der Hauseinfahrt geparkt hatten. Marco, der für einen kurzen Moment sprachlos war, blieb kurz sitzen, schien dann aber doch zu bemerken, dass ich den schlafenden Finn kaum reintragen konnte, mit den Krücken.

Gemeinsam gingen wir rein, er mit dem kleinen Wirbelwind auf dem Arm, wo Mats bereits auf uns wartete. Ich lächelte ihn an, musste aber im selben Moment gähnen, weshalb ich warscheinlich eine gruslige Grimasse zog. „Was hat Marco denn mit euch gemacht, dass Finn und du so müde seid?", lachte Mats leise und warf uns einen fragenden Blick zu. „Eigentlich waren wir nur essen.", erwiderte der Stürmer und zuckt leicht mit den Schultern, natürlich vorsichtig, um Finn nicht zu wecken, der immer noch tief schlummerte. „Du solltest ihn ins Bett tragen.", schlug ich vor und wünschte dann Mats eine gute Nacht, da ich selbst gleich ins Bett fallen wollte.

Hinter Marco humpelte ich die Treppe nach oben, wobei ich natürlich langsamer war, als er. Er war schon längst in Finns Zimmer verschwunden, als ich oben ankam, aber da ich ihn noch leise flüstern hörte, beschloss ich kurz nachzusehen. Die Tür stand offen und ich lehnte mich an den Türrahmen. Während ich dort so stand, bot sich mir ein schönes Bild. Marco, der Finn offensichtlich einen Pyjama angezogen hatte, saß auf dessen Bett und deckte den Kleinen sanft zu, der im Halbschlaf kurz die Augen geöffnet und etwas, für mich unverständliches, gemurmelt hatte. „Schon gut, kleine Hummel. Du kannst einfach weiterschlafen. Gute Nacht.", flüsterte Marco und strich dem Kleinen über die Haare, bis diesem die Lider wieder zufielen und er einschlief.

Die Art wie er mit Finn umging, beeindruckte mich wirklich. Er war so sanft und in seinem Umgang mit dem kleinen Wirbelwind, konnte man deutlich die Zuneigung sehen, die er für ihn empfand. Ich wusste wie wichtig Marco für Finn war, aber gerade in diesem Moment konnte ich erstmals wirklich erkennen, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte. Es schien, als würde der Kleine Marcos beste Seite zum Vorschein bringen. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, während ich sie beobachtete. „Wie lange stehst du noch dort?", fragte Marco leise, wandte seinen Blick aber nicht vom schlafenden Wirbelwind ab. „Woher weißt du...?", fragte ich, wurde aber sofort von ihm unterbrochen, „Du bist nicht gerade leichtfüßig mit den Krücken. Ein Wunder, dass du die kleine Hummel nicht sofort aufgeweckt hast." Ich schüttelte den Kopf, „Danke. Sehr nett von dir."

Ich wartete einige Sekunden und fuhr dann fort, „Naja dann... Vielen Dank für die Rettung heute und vor allem für das wahnsinnig gute Essen. Es war wirklich nett." Er sah mich an, „Was war denn so nett? Der Teil, in dem du mich den halben Abend ignoriert hast?" Ich tat so als ob ich nachdenken würde, bevor ich antwortete, „Ja der Teil war schon ganz in Ordnung, vor allem, weil du endlich mal dein vorlautes Mundwerk gehalten hast." Er schüttelte kurz den Kopf, warf einen letzten Blick auf Finn und kam dann auf mich zu, „Es war wirklich nett heute. Wer weiß, vielleicht gibt es irgendwann mal eine Wiederholung?" Ich schluckte fest, die plötzliche Nähe zu ihm, brachte mich etwas aus dem Konzept. Als ich einatmete, konnte ich sein After-shave riechen, was mich noch weiter aus dem Konzept brachte, daher humpelte ich einen Schritt zurück, atmete ein paar Mal ‚frei' durch und klärte so meinen Kopf. „Vielleicht... Wenn du zufällig in das Restaurant kommst in dem ich auch bin und ich alleine bin, dann könnte es eventuell möglich sein, dass wir uns an denselben Tisch setzen. Vielleicht würden wir uns unterhalten und etwas essen oder trinken. Wer weiß?", erwiderte ich und humpelte weitere Schritte rückwärts. „Dann gute Nacht Marco.", lächelte ich und drehte mich um. Als ich bei meiner Tür angekommen war, konnte ich sein, „Schlaf gut, Alex.", vernehmen, weshalb ich ihm noch ein verschmitztes Lächeln über die Schulter zuwarf, bevor ich mein Zimmer betrat. So schnell wie möglich zog ich mir einen Schlafanzug an und machte mich bettfertig.

Völlig erschöpft verband ich meinen Fuß neu und sank dann in mein Kissen. Obwohl ich hundemüde war, konnte ich zunächst aber nicht einschlafen. Meine Gedanken wollten einfach nicht still sein. Immer wieder blitzte ein Bild vor meinem inneren Auge auf, das Marco zeigte, wie er Finn zudeckte. Ich hatte mich wirklich in ihm getäuscht. Natürlich nur, weil er fürchterlich zu mir gewesen war, aber dennoch, jetzt wo ich seine nette Seite kannte, fragte ich mich, wie ich hatte übersehen können, dass er in seinem Kern so war wie er eben war. Nett, freundlich, zuvorkommend... Kinderlieb. Es überraschte mich immer wieder, wenn ich gute Gedanken zu diesem Mann hatte, auch wenn wir uns jetzt doch schon eine ganze Weile nicht mehr hassten. Heute Nachmittag noch, war ich vollkommen davon überzeugt gewesen, dass ich es bereuen würde, wenn ich Marco von dem Grund für meinen Streit mit Mitch erzählte, aber jetzt fand ich es eigentlich... Befreiend?

Am nächsten Morgen wachte ich noch vor allen Anderen auf und humpelte nach unten, wo ich so gut wie es mir eben möglich war, Frühstück bereitete. Es dauerte eine Weile bis der Rest der Familie anwesend war, aber danach aßen wir gemeinsam, bis ich mit Finn nach oben ging und wir uns fertigmachten. Ich zog eine blue Jeans, ein schwarzes Top und einen dunkelblauen Strickpullover an, kämmte meine Haare kurz durch und trug Wimperntusche auf, dann nahm ich mein Handy und tippte eine kurze Nachricht, bevor ich mir den kleinen Wirbelwind schnappte und nach unten ging. Da eines von Mats Autos ein Automatik Getriebe hatte, war es mir möglich den Kleinen selbst in den Kindergarten zu bringen, auch wenn Cathy und Mats es lieber sähen, wenn ich im Bett geblieben wäre um meinen Fuß zu schonen. Nachdem ich Finn abgeliefert hatte, fuhr ich weiter zu Yvonne ins Café, da ich sie erstens schon ewig nicht mehr gesehen hatte und zweitens dort mit jemanden verabredet war.

Und wieder ist eine Woche vergangen und der Dienstag ist da! 🤗Wie immer bedanke ich mich herzlich für die Kommentare und die Votes, ihr seid wirklich die Besten💛💛💛😘😘😘! Das heutige Kapitel ist zwar etwas kürzer, aber ich hoffe es hat euch trotzdem gefallen!🙈
Eure Skat 💛😘

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