"Ich brauche unbedingt deine Hilfe!"

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„Alex, meine Kleine, wie geht es dir?", hörte ich die Stimme meines Vaters fragen. „Gut, danke. Und dir Papa? Treibt Mama dich in den Wahnsinn?", erwiderte ich lachend. „Bei uns ist alles wie immer. Ach, du kennst mich doch, wenn es zu viel wird, dann gehe ich einfach in den Keller, lege mir eine gute Platte auf den alten Plattenspieler und gönne mir ein Glas Whiskey und ein gutes Buch.", meinte er und lachte ebenfalls. Ich vermisste das tiefe, brummende, bärenartige Lachen meines Vaters. In diesem Moment wurde mir wieder klar wie sehr eigentlich. Das lag vielleicht daran dass es für mich gerade nicht leicht war, aber gerade jetzt und auch damals beim Gespräch mit meinem Bruder, bemerkte ich, dass meine Mutter mit ihren Vorwürfen vielleicht doch ein bisschen recht hatte. Ich sollte mich öfter bei ihnen allen melden.

„Das nächste Mal wenn ich zuhause bin, müssen wir das unbedingt machen, aber ohne Bücher, dafür mit einem Gespräch. Versprochen?", bat ich. „Versprochen Kleine. Und nun, erzähl, sind die Hummels nett zu dir? Und wie geht's Finn?", fragte mein Vater. „Cathy und Mats sind toll und von Finn fange ich gar nicht erst an, denn da gerate ich nur ins Schwärmen. Ich liebe es hier zu arbeiten, wirklich.", erzählte ich. „Das freut mich, meine Kleine. Und Mitch, wie geht es ihm?", natürlich musste auch mein Vater diese Frage stellen. Ihn hatte ich schon immer schlechter anlügen können, als meine Mutter. Ich räusperte mich, bevor ich ihm antwortete, „Gut, es geht ihm gut." Mein Vater blieb kurz still, als würde er über etwas nachdenken. Dann fragte er, „Sicher?" „Natürlich bin ich mir sicher. Warum sollte es ihm schlecht gehen?", erwiderte ich. „Vielleicht, weil Fotos von ihm aufgetaucht sind, in der er eine aufgeplatzte Lippe hat?", mit dieser Frage überraschte er mich sehr. Es waren Fotos aufgetaucht? Wie hatte ich das nicht mitbekommen können?

„Ach das meinst du. Er wurde beim Training im Gesicht getroffen, ich glaube Auba war's, du weißt doch dass Auba einen ziemlich festen Schuss hat.", log ich und hoffte, dass bei den Fotos kein Grund genannt worden war. „Oh, der Arme! Die Presse hat spekuliert, dass er in eine Schlägerei geraten ist.", erzählte er dann. Ich versuchte zu lachen, um meinem nächsten Satz den richtigen Unterton zu geben, „Du kennst doch die Presse. Die machen immer aus einer Fliege einen Elefanten und aus einem Pferd ein Einhorn." Mein Vater schien mir die Geschichte abzukaufen und lachte ebenfalls. Wir plauderten noch ein Weilchen, bevor wir das Gespräch beendeten.

Erleichtert wollte ich mein Handy auf den Nachttisch legen, keiner der beiden hatte Verdacht wegen Mitch geschöpft, da beschloss ich wegen den Fotos zu googlen. Es waren lediglich Aufnahmen von der aufgeplatzten Lippe, aber die Presse hatte offensichtlich keine Idee, dass es Marco gewesen war. Der Verein selbst, hatte noch keine Stellung dazu bezogen. Vielleicht konnte ich Mats bitten, dem Verein vorzuschlagen, dieselbe Geschichte an die Presse zu geben, die ich meinem Vater erzählt hatte. So müsste ich mir keine Ausrede suchen, warum ich ihn angelogen hatte oder gar noch schlimmer, ihm die Wahrheit sagen, warum ich gelogen hatte. Meine Eltern würde ich einfach nur erzählen, dass es zwischen Mitch und mir nicht mehr gepasst hatte und nicht, dass er mich beschimpft hatte und das größte Arschloch der Welt gewesen war. Energisch schüttelte ich den Kopf um die Gedanken an ihn wieder zu vertreiben, Mats würde das bestimmt regeln können. Ich legte mein Handy weg und schaltete den Fernseher ein, von dem ich mich einfach etwas berieseln ließ, ohne groß an etwas zu denken, da ich diese Ruhe im Kopf nach den letzten Tagen wirklich genoss.

Eine gute Woche später hatte ich meinen, hoffentlich, letzten Termin im Krankenhaus. Mit Mats hatte ich vereinbart, dass er Finn heute übernehmen würde, da die Jungs ohnehin trainingsfrei hatten. Ich war ihm zwar noch etwas schuldig, weil er den Verein letzte Woche wirklich dazu gebracht hatte, dieselbe Meldung an die Presse zu geben, die ich meinem Vater erzählt hatte, aber er würde bestimmt mal wieder einen Gefallen brauchen, alleine schon, weil der Verteidiger ohne mich vermutlich verhungern würde. Nachdem ich aus der Dusche gestiegen war, schlüpfte ich in eine schwarze Jeansshorts und ein dunkelblaues Cami Top, bevor ich meine Haare föhnte und zu einem Zopf flocht. Schnell trug ich noch etwas Make-Up auf und fuhr dann los ins Krankenhaus.

Dr. Meier war sehr zufrieden mit der Wundheilung und zog nach einer genauen Untersuchung die Fäden. Sollten noch Probleme auftreten, sollte ich mich bei ihm melden. Außerdem empfahl er mir noch einige Cremes die die Narbe verschönern sollten und eine Physiotherapie, damit meine, durch die nichtvorhandene Belastung, Muskulatur wieder gestärkt werden würde. Ich bedankte mich und verabschiedete mich dann von Dr. Meier, bevor ich nach Hause fuhr. Entspannt dachte ich darüber nach, was ich nun mit meinem freien Tag anfangen würde und beschloss erstmal in Ruhe ein Buch zu lesen, denn dazu war ich schon länger nicht mehr gekommen.

Ich hatte gerade mal 20 Seiten gelesen, da klingelte plötzlich mein Handy. Nach einem kurzen Blick aufs Display, beschloss ich nicht abzuheben, da ich die Nummer nicht kannte und keinen Bock darauf hatte, einen nervigen Vertreter abwürgen zu müssen. Doch als der Anrufer noch weitere 2 Mal anrief, war ich so genervt, dass ich doch den grünen Knopf drückte und den Fremden mit einem, „Hallo?" begrüßte. „Gott sei Danke, Alex! Ich dachte schon ich würde dich nie erreichen!", wurde mir sofort entgegengerufen. „Äh... Wer ist denn da dran?", fragte ich und war mir nicht sicher, ob ich wirklich denjenigen am Telefon hatte, den ich vermutete. „Marco! Wer sonst?!", erwiderte er. „Was heißt hier wer sonst? Mich rufen viele Leute an! Aber egal, was willst du denn?", meinte ich und verdrehte die Augen wegen seiner Antwort. Vor lauter Neugier, warum er angerufen hatte, vergaß ich ganz nachzufragen, woher er denn meine Nummer hatte.

„Ich brauche unbedingt deine Hilfe! Es ist ein Notfall.", rief er und ich konnte jemanden im Hintergrund weinen hören. „Du bringst da gerade aber niemanden um oder? Hört sich nämlich so an...", fragte ich nach, da mich das Weinen etwas aus dem Konzept brachte. Wieso sollte Marco meine Hilfe brauchen, wenn jemand weinte? Konnte er den- oder diejenige denn nicht selbst trösten? „Haha. Sehr witzig Köhler.", knurrte der Stürmer. „Sei nicht gleich so eingeschnappt Reus!", brummte ich, „Und sagst du mir vielleicht heute noch weshalb du meine Hilfe brauchst und was besagter Notfall ist?" „Yvo hat ihren Kleinen bei mir gelassen, damit wir einen Onkel-Neffe-Tag verbringen, aber er weint seit einer halben Stunde und ich weiß einfach nicht mehr was ich tun soll um ihn zu beruhigen!", jammerte Marco und schien wirklich am Ende zu sein. „Was hast du gemacht? Wieso weint er denn?", fragte ich nach, stand aber bereits vom Bett auf, um meine Tasche zu holen, die ich vorhin einfach in Ecke geworfen hatte.

„Ich habe gar nichts gemacht verdammt! Es war alles super, wir haben fangen gespielt, aber dann ist er hingefallen... Es war nicht schlimm, aber jetzt will er unbedingt zu seiner Mutter und hört nicht auf zu weinen.", erzählte er mir und schien richtig verzweifelt zu sein, „Ich weiß nicht mehr was ich machen soll... Du musst mir helfen! BITTE!" „Aber... Was soll ich denn machen, ich kenne deinen Neffen doch nicht.", es war nicht so als würde ich ihm nicht helfen wollen, aber ich war mir nicht sicher ob ich wirklich helfen konnte. Wenn der Kleine unbedingt zu seiner Mutter wollte, würde er sich über eine Fremde nun nicht wirklich freuen. „Bitte Alex, ich kann Yvo nicht erreichen und du bist quasi meine letzte Hoffnung!", bettelte er kurz. „Ok, ich komme vorbei, könnte aber etwas dauern bis ich da bin. Bis gleich.", verabschiedete ich mich. „DANKE! Bitte beeil dich. Wir sehen uns gleich.", erwiderte er und legte auf. Mit meiner Tasche in der Hand ging nach unten, wo ich schnell in meine Sneakers schlüpfte, bevor ich ins Auto stieg. Marcos Haus war zwar nicht weit weg, aber ich hatte eine Idee wie ich das Kind beruhigen können würde, weshalb ich noch einen Zwischenstopp einlegen musste, bevor ich mich endgültig auf den Weg zu Marcos Haus machte.

Hallo ihr Lieben! 🤗
Ein weiteres normales Dienstags-Kapitel, dieses mal zwar keine Überraschung, aber ich hoffe dass es euch trotzdem gefallen 😉
Vielen lieben Dank für die Votes und die Kommis beim letzten Kapitel! 😘
Wie Alex wohl versuchen wird Marco zu helfen? 🤔
Ich wünsche euch wie immer eine schöne restliche Woche!😊
Eure Skat 💛😘

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