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"Was machen wir hier?", flüsterte sie leise

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"Was machen wir hier?", flüsterte sie leise. Genau wusste sie nicht, wieso sie flüsterte, es fühlte sich bloss richtig an. So, wie es sich richtig anfühlte, wenn man in der Kirche flüsterte. Protestierend blieb sie stehen, als Jaxon ohne ihr zu antworten den ersten Schritt ins Wasser machte. Seine abgetretenen Schuhe waren sofort mit kaltem Salzwasser durchtränkt, doch er ging weiter hinein. Weiter und weiter, bis das Wasser ihm bis zu seiner Hüfte reichte. 

"Auf was wartest du?!", rief er ihr lachend zu und breitete die Arme aus, als würde er sie willkommen heissen. Willkommen im kalten Wasser. Wie nett.

"Vergiss es!", gab sie störrisch von sich, "Sollte es dir nicht aufgefallen sein, habe ich keine Ersatzkleidung und riskiere nicht, dass ich die ganze Nacht hindurch frieren muss."

"Du vergisst es wieder, Naseweis, das hier ist Neverland. Keine Sorgen, keine Probleme, nur die Möglichkeit das zu tun, was du willst."

Lautes, zustimmendes Geheule drang an ihre Ohren, die Runde hatte ihr Gespräch gehört und hielt es wohl für nötig, einen Beitrag dazu zu leisten.

"Wir beide wissen, dass du meinen Worten nicht glauben wirst, ob ich nun die Wahrheit sage oder nicht, du willst Beweise sehen und selbst dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass du es nicht glauben wirst, gross. Hier sind die Beweise, hier draussen. Alles, was du tun musst, ist wenige Schritte zu machen und du bist hier."

Für einen Moment versuchte sie nach einer Ausrede zu suchen, es nicht zu tun. Eine verständliche Ausrede, die sie aussprechen konnte, sich damit nicht blamieren würde und sich noch auf der Stelle umdrehen konnte, um das Meer zu verlassen, doch ihr fiel nichts ein. Natürlich, immer dann, wenn sie ihren Kopf benötigte, schaltete sich dieser automatisch aus.
Die Wahrheit war, dass ihre Neugier gegen die pure Angst spielte. Was auch immer er ihr dort zeigen wollte, konnte ihren Glauben verändern, alles auf den Kopf stellen und genau das, war das, was sie verhindern wollte. Weil letztendlich ihr Glaube und ihre Fähigkeit, Realität und Fantasie zu unterscheiden, das einzige war, was sie noch hatte. Ihr Verstand war das einzige, was sie noch nicht alleine gelassen hatte. Dennoch schien ihre Neugier zu gewinnen und so tat sie die nötigen Schritte mit einem zitternden Körper und zusammengepressten Zähnen. Es waren dreizehn. Sie hatte sie gezählt. Das kalte Wasser durchdrang ihre Kleidung und liess sie leicht frösteln, doch mit jedem weiteren Schritt gewöhnte sie sich mehr und mehr daran.

"Beweg dich nicht, sonst kommen sie nicht heraus. Sie sind beinahe so ängstlich wie du."

"Ich bin nicht ängstlich.", stotterte sie. Wieso zur Hölle stotterte sie?

"Natürlich nicht.", schmunzelte er, "Dieses schwere, tiefe und erdrückende Gefühl, welches auf der ganzen Insel zu spüren ist, seitdem du angekommen bist, habe ich mir sehr wahrscheinlich nur eingebildet."

Er schmunzelte noch immer. Auch wenn sie nicht verstand, was er damit ausdrücken wollte, wollte sie etwas darauf erwidern, doch er legte seinen Zeigefinger auf seine Lippen und sie verstummte augenblicklich. Einen halben Tag. Knapp zwölf Stunden auf dieser Insel und er hatte bereits einen Einfluss auf sie? Was war bloss los mit ihr? Erneut öffnete sie ihren Mund, um ihn dafür anzufahren, als sie erkannte, wieso er sie still haben wollte. Sie kamen. Tausende von ihnen kamen, alle unterschieden sich voneinander, aber alle hatten etwas gemeinsam. Sie leuchteten. Fische, kleine Quallen, sogar ein  bis zwei Krebse, die aus den dunklen Tiefen des Meeres kamen, um im Wasser um sie herum zu schwimmen, die Nacht mit ihrem neonfarbenen Leuchten zu erhellen. Es war, als würde Riven in einem ihrer fantasievollsten Träume aufwachen. Einem sorglosen, ruhigen Traum. Sie alle schwammen so friedlich um sie herum, als wäre sie keine Gefahr, und aus irgendeinem Grund löste das den Druck und die Anspannung mit jeder vergehenden Sekunde ein wenig mehr von ihrem Körper. Sie fühlte sich tatsächlich wohl in einem salzigen Gewässer, eine Seltenheit bei ihr. Und nicht nur das, sie hatte das Gefühl, dass sie sich auch weiterhin darin wohlfühlen würde, zumindest solange sie keinen Raubfisch erblickte. 

CopperyWhere stories live. Discover now