8.2

46 5 1
                                    

Katharina hatte die Wahrheit gesprochen

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Katharina hatte die Wahrheit gesprochen. Der Obsidian Rock war alles andere als klein, allerdings nicht annähernd so gross, wie die Zwillinge es waren und lag so ganz im Schatten der beiden. Ungesehen und unbewachsen, kahl und nackt ragte er in die Höhe. Dunkel und unheimlich und dennoch wunderschön, wenn sich das Feuer von Rivens Fackel im glatten Obsidian spiegelte und sich das Licht in ihrer ganzen Umgebung verteilte. Wunderschön. Als würde sie in einem aktiven Vulkan stehen ohne fürchten zu müssen, in der nächsten Sekunde gebraten zu werden.

Mit vorsichtigen Schritten bahnte sie sich ihren Weg durch die kleinen und grösseren Felsen, langsam, jeder Schritt war bedacht und das Knirschen einiger kleiner Steinen, welche unter ihren Schuhsohlen zermalmt wurden, gepaart mit dem Knirschen des Feuers ihrer Fackel waren die einzigen Geräusche, welche sie hörte. Kein Zischen, welches von den anderen beschrieben worden war und auch kein Heulen des Windes. Absolut alles war still. Als würde die Zeit still stehen.

Sie mochte den Ort. Es klang merkwürdig und wahrscheinlich vollkommen verrückt, vielleicht sogar unvorstellbar, doch die Stille und die Dunkelheit beruhigten sie. Das Mondlicht und die Sterne leuchteten am Himmel, als wären es kleine Glühwürmchen und bildeten den kalten, wunderschönen Kontrast zum glühenden Rot ihres Feuers. Selbst die Kargheit trug dazu bei, dass von ihrem Körper die bedrückende Anspannung genommen wurde, welche sie mit sich trug, seit sie auf Neverland gelandet war. Vielleicht weil es eben gerade erleichternd war,  dass für einmal die Landschaft nicht perfekt zu sein schien. Es hauchte der Insel ein wenig Realität ein, welche ihr sonst so fehlte. Es erinnerte sie an ihr Zuhause. An den kleinen, vertrockneten Garten hinter ihrem Haus, an die unzähligen Strassen, in denen das Grünzeug fehlte, an das Zeitalter der Geschwindigkeit, der Digitalisierung, des Baues, an ihr Zeitalter. 

Sie begann zu summen und stieg etwas enthusiastischer weiter den Hang hinauf, stützte sich an den Felsen ab, welche nicht ganz so scharf aussahen, ignorierte die Tatsache, dass sie selbst mit ihren Schuhen die Unebenheit des Bodens spürte, als wäre sie barfuss. Worauf sie zusteuerte? Auf den Gipfel natürlich. Sie konnte es nicht abwarten, die Nacht von oben zu sehen, wie absolut alles in ihr versunken war. Ein undurchdringbarer Schleier der Dunkelheit.

Jaxons Anwesenheit spürte sie nicht.  Sie sah ihn in der Dunkelheit nicht, da er selbst auf eine Fackel verzichtet hatte und sie hörte ihn nicht, da er wusste, wie er sich leise zu bewegen hatte. Er kannte den Weg. Wahrscheinlich war er der Einzige, der es bereits gewagt hatte, bis zum Gipfel zu wandern, er wusste, welche Wege gefährlicher waren als andere und das erlaubte es ihm, seine volle Konzentration ihr zu schenken. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, auf sie zuzugehen, sie einfach über seine Schulter zu werfen und sie somit zu zwingen, mit ihm zum Strand zu kommen, doch diese Idee hatte er so schnell verworfen, wie sie ihm aufgekommen waren. Stattdessen folgte er ihr, er wollte sehen, ob sie es von alleine schaffte. Bisher hatte es noch niemand getan natürlich von ihm selbst abgesehen. Aber in diesem Moment, als sie bestimmt und vollkommen furchtlos den Hang hinauf lief, nur noch knapp zwei Kilometer vom Gipfel entfernt, war er sich sicher, dass sie es bis ganz nach oben schaffen würde und das, obwohl die Geräusche und das Unheimliche mit jedem Meter, dem sie dem Gipfel näher kommen würde, sich verstärken würde. Sie ahnte es noch nicht, doch bald schon würde sie die Ängste der anderen Jugendlichen kennenlernen und am eigenen Leib erfahren. Was er sich fragte, war, wie sie auf diese Ängste reagieren würde. 

CopperyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt