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Jaxons Lippen liessen von ihren ab, ein ersticktes Gurgeln erklang und sie wusste, was es bedeutete

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Jaxons Lippen liessen von ihren ab, ein ersticktes Gurgeln erklang und sie wusste, was es bedeutete. Sie erinnerte sich daran, wie ihre Eltern ihr immer wieder davon erzählt hatten, wie ihre Grossmutter sie dazu gebracht hatte, das Salzwasser zu erbrechen, nachdem sie beinahe ertrunken wäre. Genau so ein Gurgeln hatten sie beschrieben, allerdings hatten sie es als Segen bezeichnet. Wieso? Damals war das Geräusch ein Zeichen dafür gewesen, dass sie das Salzwasser aus ihrem Körper erbrach, dafür, dass sie es überleben würde. Doch diesmal war das Gurgeln kein Segen und auch kein Zeichen dafür, dass jemand überlebte. Es war ein Zeichen dafür, dass jemand sein Leben verlor. Ein Zeichen dafür, dass aus jemandes Kehle Blut drang und ihn irgendwann ersticken würde, wenn ihn die Wunde nicht zuvor tötete.

"Jaxon...", wimmerte sie und suchte an seinem Körper nach der Verletzung. "Jaxon!", schrie sie. Er blickte sie nicht an. Sein Gesicht war von ihr weg gedreht,  kurze Zeit später löste er sich ruckartig von ihr, sodass sie auf den Boden fiel und er sich auf seinen Beinen befand. Wackelnd machte er einen Schritt von ihr weg. Und obwohl sie nicht verstand, was er tat, schwieg sie. Es schien zu diesem Zeitpunkt das einzig Richtige zu sein.

"Nein...", hörte sie seine Stimme, bevor er auf seine Knie fiel. "Bitte...", flüsterte er leise und am Boden zerstört. Zuerst verstand sie nicht. Sie verstand nicht, mit wem er sprach, sie verstand nicht, wieso er bettelte. Sie verstand nicht, bis sie seine Stimme hörte.

"Habe ich... dir nicht gesagt....", stammelte eine zweite Stimme, bevor ein weiteres Gurgeln erklang, gefolgt von einem Husten. ".., dass ich dicht hinter dir... dir... sein werde, J... ax?"

Bis vor diesem Tag hatte Riven nicht gewusst, dass ein paar wenige Worte eine Welle aus Erleichterung, gleichzeitig allerdings auch ihr Herz brechen konnte.

Jaxon begann seinen Kopf zu schütteln, immer und immer wieder, und wimmerte das Wort "Nein" in einer Schleife, welche nie zu stoppen schien. Silas keuchte schmerzerfüllt auf, als die Kreatur ruckartig ihre Hand aus seinem Rumpf zog, sodass ein Geräusch erklang, welches Riven nicht beschreiben konnte, sie und Jaxon allerdings dazu brachte zusammenzuzucken. Seine grauen Augen drehten sich für einen kurzen Augenblick nach hinten, als er seinen Kopf in seinen Nacken warf und seine Beine unter ihm nachgaben. Es schien alles in Zeitlupe zu verlaufen. Wie er auf seine Knie fiel, wie Jaxon ihn auf seinen Knien an seinen eigenen Körper zog, wie das rote Blut sich auf Silas Shirt ausbreitete. Wie Tinte es auf einem Blatt Papier tat. Nach allem, was Riven in den letzten Tagen erlebt hatte, hatte sie geglaubt, dass nichts sie noch überraschen und nichts sie noch mehr zerstören konnte. Sie hatte sich geirrt. Silas bevorstehender Tod brachte nicht bloss die Tatsache mit sich, dass einer ihrer engsten Freunde fort sein würde, sondern genauso die Frage, ob Jaxon fähig sein würde, diesen Verlust durchzustehen.

"Wir wissen beide... dass du... dass du es irgendwann für mich getan hättest.., wäre ich... ni... nicht schneller damit gewesen... mich für dich zu opfern..."

Ein weiteres Mal schüttelte Jaxon seinen Kopf. Seine Lippen zitterten, seine Augen brannten.

"D... drei zu eins, Colt."

"Ich... verstehe nicht.", murmelte Jaxon, doch Silas fand nicht mehr die Kraft, um zu antworten. Eine neue Welle an Blut entkam seinem Mund, fand seinen Weg über sein Kinn und tropfte schliesslich auf Jaxons Shirt. Tränen lösten sich aus seinen grauen Augen.

"Silas!", rief Jaxon laut und voller Panik, als dieser ihm nicht antwortete. Er wollte sich von ihm lösen. Er wollte Silas von sich stossen, damit er einen Blick auf dessen Gesicht werfen konnte und sicherstellen konnte, dass dieser nicht seine Augen geschlossen hatte. Doch dieser klammerte sich an seinem Körper fest, wissend, dass seine Zeit ablief. Mit jeder Sekunde wurden seine Schmerzen weniger, mit jeder Sekunde begann er, weniger von seinem Körper zu spüren, mit jeder Sekunde wurde er friedlicher.

"Wenn du jetzt aufgibst... ich werde dir nie vergeben.., ich... bitte..."

"Zumindest wirst du dann...", Silas schluckte. Das Einzige, was ihn noch auf seinen Knien hielt, war Jaxons Oberkörper, welcher ihn stützte. "...mir die Schuld geben und ni... cht dir selbst.., wie du es sonst immer tust, Jax."
Ein erzwungenes Lächeln breitete sich auf Silas Gesicht aus. Er schwor sich, dieses zu behalten. Vielleicht starb er das erste Mal weinend, schreiend oder traurig, doch bei Gott, bei seinem zweiten Tod würde er lachen.

"...Silas..."

Der nächste Windstoss nahm Silas mit sich. Sein Körper löste sich im Wind auf und wurde davon fortgetragen, wie Sandkörner am Strand und die Blätter eines Baumes im Herbst es wurden. Als hätte es ihn nie gegeben. Jaxon schrie nicht auf, er rührte sich nicht, starrte benommen auf den Fleck, an dem zuvor noch Silas gewesen war. Tränen rannen seine Wangen hinunter, er wischte sie nicht weg, er ignorierte sie, wie er den Rest um sich herum ebenfalls ignorierte. Selbst Riven. Er bemerkte nicht, wie der schwarze Nebel langsam zwischen den Bäumen verschwand, wie die Schatten kreischend im Boden versanken. Ein Kreischen, welches sich mehr nach einem Lachen anhörte. Er bemerkte nicht, wie das Obsidian-Mädchen einige Schritte auf ihn zumachte, ihre Füsse schienen über dem Boden zu schweben, als sie vor ihm zum Stehen kam.

Riven sah mit Entsetzen zu, wie die Kreatur ihre Hand nach Jaxons Gesicht ausstreckte. Ihre normalgeformte Hand, keine Spur mehr von den messerscharfen Felsen. Stattdessen befanden sich dort steinerne Finger und eine steinerne Handfläche, welche sich unter Jaxons Kinn schoben und ihn dazu zwangen, ihr ins Gesicht zu blicken. Und das tat er. Seine Augen lagen auf dem Gesicht der Kreatur, sehen konnte er sie allerdings nicht. Alles, was er sehen konnte, war die leere Stelle, an der zuvor noch Silas gekniet war. Er reagierte nicht, als die Kreatur ihm mit ihren Fingern über die linke Wange fuhr, noch nicht einmal, als er die klebrige Flüssigkeit an ihren Händen spürte und wie sie diese, als sie ihm sanft über die Wange strich, automatisch darauf verteilte. Der metallische Geruch von Blut stieg ihm in die Nase. Er wusste, wessen Blut es war, doch selbst dann reagierte er nicht. Die Kreatur begann etwas zu säuseln. Keine Worte, bloss irgendwelche Konsonanten und fuhr ihm schliesslich mit ihrer zweiten Hand ein paar Haarsträhnen aus seinem Gesicht, bevor sie seine rechte Wange hinunterfuhr und an seinem Nacken stoppte. Sie drückte nicht zu, nicht so, wie sie es bereits bei Riven getan hatte, stattdessen beobachtete sie bloss. Sie beobachtete, wie Jaxon sie aus leeren Augen anstarrte. Ein zufriedenes Lächeln formte sich auf ihren Lippen.

Für einen Moment schien alles still zu stehen. Jaxon regte sich nicht, die Kreatur tat es ebenfalls nicht. Keiner der Beiden bemerkten, wie Riven es geschafft hatte, auf die Beine zu kommen. Erst, als sie bei Jaxon ankam, ihre Beine bereits in einer Schnelligkeit bewegend, dass man es wohl als Rennen bezeichnen konnte, sie Jaxons Arm griff und ihn mit sich zog, löste sie die Starre der Beiden auf. Jaxon stolperte mit ihr durch den Wald, nicht genau wissend, was er tat und wäre es nicht um Rivens Hand, welche ihn lenkte, wäre er auch schon längst wieder auf dem Boden gelandet. Das Obsidian-Mädchen begann zu kreischen, blieb allerdings an Ort und Stelle stehen. Sie hatte sowieso nicht vorgehabt, Jaxon zu töten. Noch nicht. Zuerst war Riven an der Reihe.


Okay, Silas war einer meiner absoluten Lieblingscharaktere, ich habe zwar schon länger gewusst, und ihr wahrscheinlich auch, dass er sterben wird, aber scheisse, es deprimiert mich trotzdem.

CopperyWhere stories live. Discover now