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Sie rannten so lange, dass niemand von ihnen wusste, wie lange genau es war

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Sie rannten so lange, dass niemand von ihnen wusste, wie lange genau es war. So lange, dass sie gar nicht mehr spürten, dass sie rannten, da die schnelle Bewegung ihrer Beine zu etwas vollkommen natürlichem geworden war. Langsamer wurden sie erst, als die Felsen unter ihren Füssen verschwanden und gegen Sand eingetauscht wurde. Weicher,  kühler Sand. Sie bremsten ab und mit dem Abbremsen kamen die Müdigkeit und die Schmerzen im Körper zurück, die sie sich während des Laufens zugezogen hatten, sie allerdings dank des Adrenalins nicht gespürt hatten. Raelyn stolperte auf den Boden und blieb dort liegen, versuchte wieder zu Atem zu kommen, genau das Selbe tat Silas wenige Sekunden später. Jaxon hingegen blieb stehen, blickte weiterhin auf die Zwillinge in der Ferne, welche kaum noch Ähnlichkeiten hatten mit den Hügeln, die er für siebzig Jahren Tag für Tag gesehen hatte. Das satte Grün war verschwunden und hatte Platz gemacht für die Farbe Schwarz und die Farben Rot und Gelb.

Für einen Moment schien sich die Welt um ihn herum zu drehen, sodass er einige Schritte machen musste, um nicht auf den Boden zu fallen. Vielleicht waren sie ja doch in der Hölle.

Wahrscheinlich war es ein Felsbrocken gewesen. Ein Felsbrocken, welcher die vier Jugendlichen unter sich begraben hatte oder eine Aschewolken, welche den vier Jugendlichen die Luft geraubt hatte, sie bei lebendigem Leib verbrannt hatte. Vielleicht auch giftige Gase, welche ausgeströmt waren und ihnen den Tod gebracht hatten. Jaxon wusste es nicht, doch er war sich sicher, dass auf keinem der Zwillinge noch Überreste von Menschen vorzufinden waren. Wahrscheinlich waren sie verschwunden, wie Thomas verschwunden war. In Luft aufgelöst, als hätte es sie nie gegeben.

Genau das Selbe galt für Grayson und Wyatt.

Jaxon weinte nicht. Obwohl Raelyns Tränen im Hintergrund erklangen, obwohl er sich schuldig fühlte, obwohl er nichts anderes tun wollte, als sich auf dem Boden zusammenzurollen und alles, was passiert war, alles, was noch passieren würde, vergessen und ignorieren wollte. Doch sein Körper weigerte sich, auch nur eine einzige Träne zu vergiessen. Vielleicht, weil er sie noch brauchen würde.

Er hatte sie alle in den Tod geschickt. Wieso hatte er die Suche gestartet? Wieso hatte er es nicht einfach gelassen? Starr blickte er auf den Ozean vor ihm. Nichts. Erkennen konnte er dahinter gar nichts, bis auf die unendliche Dunkelheit.

"Geh nicht zu weit, wir müssen zusammenbleiben.", hörte Jaxon Silas Stimme und bekam nebenbei mit, wie Frank mit schweren Schritten zum Wasser trottete und sich darin fallen liess. Nichts klang besser, als der kühle Abgrund des Meeres. Ein einziges Mal Abstand von allem bekommen in den Tiefen des Meeres. Das kalte Wasser, dass seinen verschwitzen, erschöpften Körper umhüllen würde, die Ruhe unter Wasser, die Einsamkeit, das Treiben und Sinken. Doch er machte keinen Schritt. Seine Füsse schienen auf dem Sand festgefroren zu sein und sein Blick konnte sich nicht von den beiden Hügeln abwenden, welche bedrohlich hinter dem Wald in die Höhe ragten. Die Aschewolken hatten den Grossteil des Himmels eingenommen und würden bald alles bedecken, selbst wenn die Sonne in den nächsten Stunden wieder aufgehen würde, würden sie nichts mehr davon mitbekommen, die Asche würde sie von jeglichen Sonnenstrahlen abschirmen. Was war bloss aus seiner Insel geworden?

CopperyWhere stories live. Discover now