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"Was tust du?!", schrie sie aufgebracht, als sie einen kurzen Blick hinter sich warf

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"Was tust du?!", schrie sie aufgebracht, als sie einen kurzen Blick hinter sich warf.
Wie konnte er einfach stehen bleiben?
So müde und erschöpft ihre Beine und Füsse auch waren, im Moment kannten diese bloss einen Befehl und dieser Befehl war zu rennen. Denn trotz den unzähligen Blasen an ihren Füssen, die bei jedem Schritt am ledrigen Material ihrer Schuhe zu reiben schienen, war es noch eine grössere Anstrengung stehen zu bleiben, als zu rennen. Die lauten Geräusche und schrillen Schreie hinter ihnen hätten selbst einen Menschen mit zwei gebrochenen Beinen dazu gebracht, die Flucht zu ergreifen, nie mehr stehen zu bleiben, solange die Geräusche noch die Nacht durchbrachen und absolut jedem eine Gänsehaut über den Körper trieben.

Doch er blieb stehen. Sein Kopf gesenkt auf den Boden gerichtet, sodass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Seine dunklen Haare mit Schmutz und Schweiss durchzogen, abstehend in absolut jede erdenkliche Richtung. Unordentlich waren sie immer, nach Wochen, in denen sie ihre Zeit mit ihm verbracht hatte, war sie sich sicher, dass keine Bürste und kein Kamm der Welt seine Locken jemals bändigen konnte, aber diesmal war es nicht, weil er sie selbst mit seinen Händen verwuschelt hatte, sondern der Wind, das Rennen, die Aufregung hatten sie dazu gebracht.

Erst, als in der Ferne Geräusche erklangen, die kaum menschlicher Natur waren, riss sie sich aus ihrer Starre und machte die wenigen Schritte in seine Richtung, bis sie ihn erreicht hatte und mit ihren Fingern seine kalte Hand umschloss.

"Wir müssen weiter.", sprach sie störrisch. Kälter, als sie beabsichtigt hatte und sie bereute ihr Tonfall in dem Moment, als er verzweifelt aufblickte.

"Es hat ihn getötet.", wisperte er, seine blauen Augen aufgerissen, doch ansonsten schien sein Gesicht sich kaum zu regen. Vom wilden Sturm, der normalerweise immer in seinen Augen tobte, war nichts mehr zu sehen und diese Tatsache schmerzte sie mehr, als sie es jemals für möglich gehalten hatte. Das ganze Blut schien aus seinem Gesicht entwichen zu sein und hatte eine reglose, weisse Maske hinterlassen.

Er sah aus, als hätte er bereits aufgegeben. Wie ein Kaninchen, dass eingesehen hatte, dass es dem Wolf nicht entkam.

Noch nie hatte sie ihn so gesehen und vor noch einigen Wochen war sie sich sicher gewesen, dass er eher sterben würde, als jemals auch nur eine Sekunde lang zuzulassen, wie seine Gefühle, vor allem Trauer und Verzweiflung, ihn überwältigten. Aber von dem humorvollen Anführer war nichts mehr zu sehen, stattdessen schien sie in die Augen eines kleinen Hündchens zu blicken, das gerade verloren hatte, was ihm vielleicht am wertvollsten gewesen war.

"Wir müssen weiter.", wimmerte sie und riss an seiner Hand. Nicht, dass sie glaubte, sie hätte genügend Kraft, um ihn auch nur einen Zentimeter vom Fleck zu ziehen, aber wer wäre sie, würde es noch nicht einmal versuchen? Bestimmt nicht sie selbst.
Sie brauchte weder ein gutes Gehör, noch eine besonders gute Sicht, um zu erkennen, wie es näher kam. Die Schreie hatten in diesem Moment eine Lautstärke erreicht, die so hoch war, dass sie, selbst wenn sie für eine kurze Zeit einmal verstummten, noch immer in ihren Ohren zu ringen schienen und die schwarze Dunkelheit hatte die Insel eingehüllt wie ein seidener Umhang, dem man nicht entfliehen konnte, der sich um sie zog und sie zu ersticken drohte. All die Lichter, die normalerweise immer in der Nacht geleuchtet hatten, waren fort und es gab kein Anzeichen davon, dass sie jemals existiert hatten. Der Mond war die einzig existierende Lichtquelle. Mondlicht, war schon immer ein kaltes Licht gewesen. Kalt und unheimlich... unbarmherzig.

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