Eigener Wille

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Doch auch Hof Nummer sieben ist leicht erobert und abgeschlachtet. Selbst Alex findet nichts mehr, was auf andere Höfe hindeuten könnte. Nur eine weitere Liste mit Namen und Adressen, auf der die meisten schon durchgestrichen wurden. Im Gegensatz zu den anderen Höfen war der hier mit der Anzahl der Menschen relativ klein. Vielleicht mit 25 bis 30 Personen besetzt, Vampir und Menschen zusammengerechnet. Anderson konnte sich glücklicherweise auf das Kämpfen konzentrieren und hat nur zwei Kugeln abbekommen. Dieses Mal aber wenigstens nicht ins Gesicht, sondern in den Oberkörper. Das zu regenerieren war um einiges einfacher. Fast augenblicklich. Alucard hat sich an den Gedanken der Anwesenden, oder nicht mehr Anwesenden, gelabt und muss sagen, dass auch ihre Köpfe so leer wie ihre Versprechen waren. Alexandra konnte nicht viel tun, außer sich am Durchsuchen der Leichen beteiligen. Denn dort, wo Alucard hinschießt, wächst weder Gras noch überlebt jemand. Eigentlich. Ausnahmen bestätigen die Regel. 

"Ich bin enttäuscht." Dass ist das erste, was Alucard beim ersten Zusammentreffen rausbringt. Auch Alex hat die Arme verschränkt und wirkt nicht wirklich fröhlich. Natürlich hofft man, dass nichts bei der Suche raus kommt. Denn das würde bedeuten, dass man länger hierbleiben müsste. Aber wenigstens ein kleiner Erfolg? "Auch hier muss ich dir leider recht geben.", stimmt der Pater zu und nickt. Niemand hat etwas richtiges aus den Leuten herausbekommen. "Ich will irgendwie nur noch meine Ruhe. Die Nacht war echt scheiße!", gibt Alex von sich, lässt den Kopf leicht hängen und würde gern schlafen. Oder zumindest ein paar Stunden Ruhe von Tod und Verderben haben. Sie fühlt sich ausgelaugt. "Ich könnte dir eine bessere Nacht verschaffen, wenn wir hier fertig sind. Aber das letzte muss noch durchgezogen werden.", erwidert Alucard gelassen und die blauhaarige sieht zu ihm. "Also wenn du mit 'besserer Nacht' meinst, dass du mir den Kopf kraulst während ich auf dir einschlafe ist das ein Deal, klar?"

Da der Urvampir dazu nichts mehr gesagt hat steht für Alex schon fast fest, dass sie heute wirklich ruhig schlafen wird. Nur dem Pater gefällt das alles nicht. Wenn sie heute fertig werden, wird er wieder zurück zu dem Hellsing Anwesen fliegen. Dort ist er wahrscheinlich untergebracht, oder? So ganz sicher ist er sich nicht und in der Aufregung hat er komplett vergessen nachzufragen, wie das alles ablaufen soll. Anderson will die blauhaarige zwar nicht allein lassen, wird es aber wohl oder übel müssen. Wie komisch kommt es zu fragen, ob er bei ihr schlafen kann? Mit welcher Begründung? 'Ich muss dich vor dem Vampir schützen!'? Sicherlich nicht. Vor allem ist das nicht so wirklich glaubwürdig wenn man daran denkt, was heute im Wagen passiert ist. Zwar schätzt er sie nicht so ein, als dass sie es ausnützen würde. Überhaupt nicht! Dennoch ist ihm das ein klein wenig peinlich. 

Alle steigen sie wieder in das Auto und Alex startet den Motor. "Den Deal find ich ganz cool. Pater? Schlaft Ihr wieder bei uns?", fragt sie und sieht ihn im Rückspiegel an. Doch Alucard verzieht das Gesicht. "Der Pater bekommt sein eigenes Zimmer, Zecke. Kein Grund ihn immer einzuladen." Kann es sein dass es ihn nervt, wenn der Geistliche immer dabei ist? Eventuell. Will er vielleicht etwas dagegen unternehmen? Die ersten Maßnahmen laufen. Doch Alex lässt den Kommentar des Nosferatu außen vor. "Ich habe nicht dich gefragt, Alucard. Sondern den Pater. Es ist mein Zimmer. Mein Zimmer, meine Regeln." Ehe sie den ersten Gang einlegen kann, packt Alucard seine Hand auf ihre. Starrt sie an. "Mein Haus, meine Regeln. Ist mir scheiß egal, klar? Du bist MEIN Blutbeutel! MEINE Zecke. Dass das klar ist!" 

Selbst ein wenig überrascht, zieht Alex ihre Augenbrauen hoch. "Hey, Alucard. Wirklich süß dass du denkst, dass ich dir gehöre. Aber stell dir vor! Ich habe meinen eigenen Willen. Ich habe kein beschissenes Schild umhängen, dass ich irgendjemandem gehöre, klar? Ich bestimme selbst, an wessen SEITE ich stehe. Ich stehe sicherlich nicht hinter irgendjemanden und werde mir mein Leben bestimmen lassen. Besonders nicht von jemandem, der mich als Blutbeutel betitelt. Vielleicht bist du heiß und siehst gut aus! Aber es gibt eindeutig wichtigeres, als nur gut auszusehen." Gespannt verfolgt Anderson die kleine Ansprache und muss zugeben, dass es ihn amüsiert. Alucard ist zum Verstummen gebracht worden und sieht nur noch auf die Seite. Doch auch wenn es ihn durchaus fröhlich stimmt, dass der elende Blutsauger in seine Schranken gewiesen wurde, machen ihm zwei Dinge zu schaffen. Erstens, dass Alucard sie als sein Eigentum ansieht und zweitens, dass die beiden noch irgendwie zusammenarbeiten müssen, um den Hauptstützpunkt zu stürmen.

Das hat er jetzt verkackt. Anstatt eines verstummten Weibes hat er nun eine missgelaunte Furie neben sich sitzen, die sich seiner Annäherungsversuche in Zukunft wahrscheinlich entziehen wird. Verdammt. Er und seine Klappe. Er und seine unüberlegten Dinge! Entschuldigen aber will er sich nicht. Obwohl es vielleicht das Einzige wäre, welches vielleicht noch helfen könnte. Sein Stolz spricht über die Logik, was gern einmal getan wird. Obwohl...? Vielleicht kann er das Ruder noch einmal herumreißen. "Du findest mich also heiß...?" Alex stockt kurz, ehe sie schneller fährt. Der Blick auf die Straße. "Meine persönliche Meinung. Nicht jeder sieht es so wie ich." Der Urvampir schmunzelt. "Das will ich hoffen. Denn ich bin kein großer Freund von mehreren." Die junge Frau schnaubt. "Ich glaube, dass euch beiden Mal so ne Frau ganz gut tun würde. Oder n Kerl. Je nachdem, auf was ihr steht. Eigene Präferenzen werden nicht diskutiert." 

Alex hat keine Ahnung, in welche Büchse sie ausversehen geöffnet hat. "Ich bin ein Mann Gottes! Ich-" "Ihr hattet einen vor fast zwei Stunden einen Ständer wegen der Zecke! Da wollen wir jetzt nichts hören!", unterbricht Alucard leicht gereizt und stößt unverbrauchte Luft aus. "Tch." Vielleicht sind der Pater und er doch gar nicht so verschieden, wie er sich eingestehen muss. Anderson starrt den Hinterkopf des schwarzhaarigen an und verwünscht ihn. Verwünscht ihn mit allem, was er kennt! "Wenigstens werde ich nicht gehasst, weil ich meine Klappe nicht halten kann.", entgegnet der Geistliche und zieht zufrieden seine Mundwinkel nach oben. Alucard hingegen dreht seinen Kopf. Die Zähne schon fast drohend gebleckt. "RUHE!", brüllt Alex schlussendlich und krallt sich in das Lenkrad. "Ich warte im Wagen, während ihr den Scheiß macht. Und ich werde auch allein schlafen. Punkt." Die beiden Männer sehen sich an. Dann sie. Dann wieder sich. Verziehen leicht ihre Gesichter, ehe sich Alucard wieder nach vorn dreht. Das war dann ein Griff ins Klo.

Die Insel der DimensionenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt