101 Regeln der Verwirrung

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Mit hochgezogenen Augenbrauen, großen Augen und einer Hand vor dem leicht offenen Mund sitzt Pater Anderson auf dem Rücksitz. Alex hat ihre Hand aus seiner genommen, während sie den Urvampir einiges an den Kopf schmeißt. Seine Ohren vernehmen Dinge, die kein normaler Mensch je hören, geschweige denn denken oder auch nur aussprechen sollte. Durch den Außenspiegel kann er den Blutsauger beobachten. Dieser scheint ebenfalls davon überrascht zu sein, welche verbale Ausführung die junge Frau an den Tag legen kann. Jeder Seemann würde nun den Hut ziehen und sie ans Steuer lassen. Kein Zweifel! Aber sie hört auch nicht auf. Immer weiter geht ihr Wutausbruch. Sie schreit nicht, hat dafür aber die richtigen Worte parat. Die, die eben auch einmal stärker reinhauen als sonst. Anderson kann ja verstehen, wenn sie sich verlassen und einsam gefühlt hat. Aber gleich so stark drauf eingehen? Das muss nun wirklich nicht sein.

Einerseits ist er ja schon irgendwie beeindruckt. Alexandra scheint einiges in sich aufgestaut zu haben! Andererseits reicht es ihm auch irgendwann. "Zecke. Gib mir deine Hand." Zwar stoppt sie, starrt ihn aber misstrauisch an. "Das sollte ich tun, weil?", fragt sie und ist immer noch gereizt. Ja, er hätte sie schneller finden können und hat es nicht getan. Deswegen muss man aber nicht gleich austicken. "Gib sie mir. Vertraust du mir?" Da kann sie jetzt nicht wirklich etwas dagegen sagen. Die Augen skeptisch schmal, streckt sie ihm ihre Hand hin. Alucard hat einen Plan, der einfach nur aufgehen MUSS. Mit der linken nimmt er ihre rechte Hand und hebt sie noch ein wenig höher. "Ich schwöre dir. Wenn du jetzt irgendeinen Mist anstellst wird sich mein Fuß in deinem-" Abrupt stoppt sie. Schmunzelnd hebt Alucard seine Lippen von ihrem Handrücken und sieht sie ruhig an. Alexandra.exe stopped working. "Sieh es mir nach, Äffchen."

Was für ein manipulierender Mistkerl! Die blauhaarige nimmt ihre Hand wieder an sich und starrt mit zusammengepressten Lippen nach vorn. Verdammter manipulierender Sack! Und sie geht auch noch drauf ein. Alex weiß, dass ihr Gesicht rot ist. Die Stelle an der seine Lippen lagen pulsiert leicht. Ja, es war ein Ablenkungsmanöver. Ja, sie sollte einfach nur die Klappe halten! Das traurige ist, dass es funktioniert hat. "Gut zu wissen, dass man dich so stumm schalten kann.", meint Alucard höchst zufrieden und sieht lächelnd nach vorn während er im Seitenspiegel beobachten kann, wie der Pater ihn gern umbringen würde. Seine Hände gehen immer wieder zum Kopfteil des Sitzes und wieder zurück. "Eifersüchtig, Pater?" Dieser zuckt zusammen und starrt durch die Seitenspiegel in die roten Augen. Verschränkt sofort seine Arme und lehnt sich zurück. Herrlich, wenn man zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt. "Du weißt schon, dass das Rache bedeutet.", brummt Alex nur und sieht ihn kurz aus dem Augenwinkel an, ehe sie sich wieder auf die Straße konzentriert.

Bis zum ersten Hof ist alles ruhig. Überraschenderweise gibt es keine Streifen, die nach ihr suchen würden. Unheimlich still. "Du bleibst hier. Ich will nicht, dass du schon wieder kurz vor einer Explosion stehst und ich dich irgendwo runterschmeißen muss!", beginnt der Pater, doch die blauhaarige stellt den Wagen vor der Hofeinfahrt so hin, dass man schnell fliehen könnte. "Ich weiß, dass es gefährlich ist. Aber ich gebe alles, was ich kann. Und wenn es mein Leben ist." Alucard schnaubt und verzieht das Gesicht. "Spiel hier nicht den Helden.", meint er nur und steigt aus. Auch Anderson steigt aus, nachdem er ihr noch einmal zugenickt hat und zieht seine Waffen. Kurz warten sie, aber Alex bleibt im Wagen. "Hat das mit der Hand wirklich sein müssen?", zischt der Pater und beide gehen gelassen in den Hof rein. "Wisst Ihr, Pater. Manchmal muss man Frauen eben ein wenig durcheinander bringen, um sie zum verstummen zu bringen. Wie Ihr seht hat es geklappt. Was wollt Ihr mehr? Sie hätte sonst nie aufgehört." Die empfindlichen Ohren des Urvampires nehmen ein Geräusch wahr. Ein kurzer Blick auf die Seite. Ein Schatten. "Aber ich denke, dass wir das Gespräch vertagen sollten."

Auch der Geistliche stürzt sich in den Kampf. Einigen Kugeln weicht er aus. Einige treffen ihn. Nichts, was er nicht regenerieren kann. Der ganze Kopf hat eben seine Zeit gebraucht! Auch wenn es komisch wirken mag ist der Kopf eines der kompliziertesten Dinge, die man herstellen kann. Gut, vielleicht ist es nicht so komisch. "Gott sei eurer Seele gnädig!", ruft Anderson und versenkt die Klinge des Bajonetts im Kopf eines Vampires. Seine Augen gehen überall hin. Wo ist der nächste? Gibt es irgendwelche Hinweise? Was könnte als mögliche Gefahr gelten? Er darf nichts durchlassen, um Alexandra zu schützen. Sie sitzt ja immer noch im Wagen und sollte auch dort bleiben. Vielleicht wird sie sauer sein! Aber sie sollte verstehen, dass sie es nur gut mit ihr meinen und dass sie sich nicht aufführen sollte wie ein kleines Kind. Das ist sie nicht und das wird sie nie sein. Zumindest kein Kind. Ein Gedanke erscheint, den er aber schnell wieder verwirft. Dafür ist jetzt wirklich keine Zeit! Er muss sich konzentrieren. Er muss auf der Hut sein und er muss vor allem Dingen auch aufpassen, was und wen er umbringt.

Person für Person überlässt er dem Tod, während der Pater weiterhin nach Hinweisen auf mögliche weitere Standorte sucht. Er kann vielleicht nicht wie Alexandra die Sprache. Oder wie Alucard das Eindringen in fremde Gedanken. Aber er kann nach Auffälligkeiten suchen, die ihm ins Auge springen. Irgendwelche Listen, die sie dabei haben. Irgendein Zeichen, welches die Organisation vielleicht zeigt oder erkennbar macht. Aber nichts. Schon wieder! Es ist, als würde man hier nur produzieren. Gibt es überhaupt einen Sinn nach der Produktion dieser Vampire? Haben sie eine Aufgabe? Warum würde so etwas gemacht werden? So weit er es mitbekommen hat ist es ja so, dass man einfach nur die Kriterien dafür haben muss und schon kann man sich zu so einer gottlosen Kreatur wandeln lassen. Kein Geld. Keine Verbindungen. Nichts. Was für einen Sinn hat es, diese Möglichkeit der Gotteslästerei einfach so anzubieten, wenn man schlussendlich keinen Nutzen daraus zieht? Das findet der Pater komisch. Sehr komisch. Dennoch sucht er weiter nach Dingen, die ihm nützlich sein könnten. Irgendetwas muss er doch finden! Doch das Einzige was er findet, ist eine Kugel. Mitten in seinem Gesicht, nachdem er ein Scheunentor geöffnet hat, um dort nachzusehen. Er wankt nach hinten und verliert das Gleichgewicht. Ein Schatten zischt an ihm vorbei, ehe weitere Kugeln abgegeben werden.

Die Insel der DimensionenWhere stories live. Discover now