Das deutsche Problem

206 13 3
                                    

Scheint so, als habe das Wort 'Deutschland' etwas in Alucard ausgelöst. Denn seine Augen fangen das Leuchten an. "Deutschland...?", knurrt er und Alexandra legt die Stirn in Falten. Ihr gefällt die Energie überhaupt nicht, die sich nun auftut und alles zu verschlingen droht. Unsicher entkommt ihr ein: "Ja...?!", ehe sie nur noch einen grauen Mantel vor sich sieht. Pater Anderson. "Schweig, Gottloser. Sie ist nicht wie der Major. Das ist eine komplett andere Dimension! Denk daran." Dem blondhaarigen ist aufgefallen, wie sich die Ausstrahlung Alucards geändert hat. Und es hat einen Moment gebraucht, bis er die Situation erkannt und hoffentlich zumindest, das schlimmste gebannt hat. Er hoffte. Und wurde enttäuscht. "Sei vernünftig! Sie ist keine Gefahr!", ruft Anderson und schirmt die nun verängstigte und irritierte Alexander mit seinem Körper ab.

Wut baut sich in Alucard auf. Deutschland. Das verbindet er nun einmal mit dem Major und seiner kompletten Idioterie, die er als fanatischer Vollpfosten nun einmal hatte. Es war ein harter Kampf gegen ihn. Und das reicht dem Urvampir bis heute. Und dass sie aus einer anderen Dimension kommt, macht es nicht wirklich besser! "Also hattest du keinen Weltkrieg, den die Deutschen geleitet haben? Deutschland gegen alle?", knurrt die Stimme Alucards und sein Blick ist auf die blauhaarige fixiert, die trotz ihrer Angst wohl mitten im Geschehen sein möchte. Denn sie streckt ihren Kopf hinter dem Pater hervor. "Also an sich... Hat Deutschland den zweiten Weltkrieg-" Sie verstummt, als er seine Zähne entblößt. Spitz und jederzeit bereit zu töten.

Das Alex nur auf den Grund des Hasses gekommen ist, weil Anderson ihn ausgesprochen hat, tut ihr ein wenig in ihrem Anime-Herzen weh. Aber nicht lange. Denn sie hat das Gefühl, dass ihr etwas anderes weh tun wird. Und zwar sehr schnell! Dennoch. Alex wäre nicht Alex, wenn sie jetzt nicht etwas komplett Dummes machen würde. Also raus aufs Schlachtfeld! Langsam richtet sie sich auf und stellt sich neben den Pater. Mehr lässt dieser nämlich nicht zu. "Klar hatten wir den zweiten Weltkrieg. Aber jeder... und VOR ALLEM die Deutschen... haben aus dem Scheiß gelernt und machen alles, dass das nicht noch einmal passiert. Natürlich haben wir Spasten und Vollärsche, die noch dafür sind. Aber solche Gruppen hat jeder. Und erzähl mir nicht, dass nicht jede gute Organisation irgendwo schwarze Schafe hat. Hellsing jetzt mal ausgeschlossen, weil die Organisation relativ klein ist. Aber gehen wir mal von Landesgröße aus."

Sowohl Pater Anderson, als auch Alucard sind sich nicht sicher, ob sie dumm oder mutig ist. Irgendwas von beiden. Oder beides. "Ich meine... Japan hat noch immer Atomreaktoren. Obwohl zwei hochgegangen sind. Bum, du verstehst? Amerika ist grad voll am Arsch. Und an sich war der, dessen Namen ich nicht aussprechen will, Österreicher. Noch irgendwas, was ich erklären soll? Photosynthese? Den Wasserkreislauf? Wie die Politik bei mir funktioniert? Hm? Ich höre?" Anderson blickt perplex auf Alex hinunter. Wieso schafft sie es immer wieder, ihn zu überraschen? Und zwar so, dass er sprachlos ist? Nach Worten ringend, starrt er das kleine Schaf Gottes an und fragt sich, ob dieser über sie bescheid weiß. Und will der Pater wissen, was ER über sie denkt? Rein aus Reflex, bekreuzigt er sich und murmelt ein leises: "Amen."

"DAS wird jetzt auch nicht mehr helfen, Pater.", zischt Alucard und zwingt sich selbst zur Ruhe. Tatsächlich bringt es nichts. Alex hatte scheinbar eine andere Vergangenheit, oder eine andere Zukunft. Je nachdem, wie man es sehen möchte. Dennoch nervt es ihn noch mehr, dass sie deutsche ist. Musste es eine aus DEM Land sein? Er hat ja nichts dagegen, ABER... und hier kommt dieses berühmte ABER... es wäre mit einem anderen Land, welches die Schmerzen genauso geteilt hatte wie es alle anderen getan haben, einfacher gewesen. Seiner Meinung nach. "Und nein." Sein Blick, welcher nun wieder geklärt ist, geht zu Alex. "Ich brauche keine Aufklärung. Hältst du deine Klappe, wenn ich dir was zu essen besorge?" Die blauhaarige lächelt, als wäre nie etwas passiert. "Vielleicht?"

Der Hirsch ist dank dem ganzen Tumult schon wieder weg. Und er will Ruhe. "Ich bin auf der Jagd. Wenn einer meckert, dass ich das Falsche bringe, landet er als Spießchen über dem Feuer." Mit verzogenem Gesicht dreht sich Alucard von den beiden weg und steckt seine Hände in die Manteltaschen. Vor sich hin grummelnd und fluchend, verschwindet er im nächsten Dickicht. Der Pater dreht sich zu Alexandra. "Ich weiß nicht, ob das mutig, oder dumm war." Alex hingegen richtet sich sofort auf und sieht ihn ernst an. "Ich bin nicht dumm. Wenn, dann bin ich bescheuert!" Ein fragender Blick trifft sie. "Dumme wissen nicht, was das Endergebnis ihrer Aktion ist. Sie machen es trotzdem. Bescheuerte, wie ich es bin, wissen GENAU, was das Endergebnis sein könnte. Und laufen halt lachend in die Kreissäge rein. Mir war durchaus bewusst, dass Alucard mich hätte umbringen können. Aber... Ich habe es halt trotzdem gemacht."

Lieber Herr im Himmel. So schenke er ihm Nerven, um es mit diesem abtrünnigen Schaf aufnehmen zu können. Amen. Dass er sie nicht zurück zur Herde leiten kann, ist ihm bewusst geworden. Dazu bräuchte er wahrscheinlich mehrere Wochen intensive Gespräche und Überzeugungskraft. Und selbst dann könnte er an seine Grenzen stoßen. Nein. Irgendwie wird er das schon durchstehen. Und dann wird ihm nichts mehr so schnell aus dem Gleichgewicht bringen. "Also gut. Wir werden genau hier auf... den Vampir warten. Keine Diskussion. Er ist eh schon sauer genug. Kein Grund, ihn noch wütender zu machen.", meint der Pater und sieht sich um. Nichts, was im Moment als Gefahr durchgehen könnte. Sehr gut. "Wir werden uns jetzt hier hinsetzen und warten. Nicht mehr und nicht weniger."

Ist ja nicht ihre Schuld, dass Alucard so sauer ist. Oder nur zu einem kleinen Teil. Dennoch setzt sich Alex neben den Pater auf den Boden. So. Das wird jetzt lange dauern. Vielleicht auch nicht. Je nachdem, was Alucard jagen will. Sie hofft, dass es etwas ist mit dem sie satt wird. Also keine Ratte oder so etwas. Außerdem sie hat Durst. Wirklichen Durst. Und sie ist Müde. Eine ekelhafte Kombination. Stumm lässt sie ihren Kopf sinken und starrt auf ihre eigenen Hände. Jetzt, wo ein bisschen Ruhe eingekehrt ist, kann sie ein wenig nachdenken. Und ihre Gedanken driften sofort zu ihrer Familie ab. Wie es ihnen geht? Wissen sie, dass Alex weg ist? Oder ist das alles so ein Ding, dass, wenn sie heimkehren sollte, keine Sekunde vergangen ist? Beziehungsweise, will sie das wissen? Was stellt sie mit dem Wissen an, wenn die Zeit einfach weiter läuft? So hat sie zumindest die Hoffnung, dass die Zeit stehen geblieben ist. Die Hoffnung, dass alles wieder normal werden könnte.

Die Insel der DimensionenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt