Der nächste alte Mann

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Die Worte kommen in seinem Hirn an. Er kann sie verarbeiten! Aber irgendetwas hindert ihn selbst daran, die Pistole von ihrer Stirn zu nehmen. Alucard will abdrücken. Kann sich aber noch zurückhalten. Vor lauter Anstrengung verzieht er das Gesicht, während er mit sich selbst kämpft. Es ist, als würde er von etwas übernommen werden. Er will es nicht. Warum gehorcht ihm sein Körper nicht? Warum läuft sie nicht weg? Er wird es kaum verhindern können, wenn diese Dunkelheit ihn komplett verschlingt. Der Urvampir wird dann nicht verhindern können, dass eine Kugel in ihrem Kopf steckt! Sie soll weg. Sie soll vor ihm fliehen! Warum hat Baskerville sie überhaupt hier her gebracht? Er weiß, dass er sich in einem Blutrausch nicht zusammenreißen kann und er steht kurz davor, seine Besinnung erneut zu verlieren. Nur könnte es nun schlimmere Ausmaße annehmen und noch schlimmere Konsequenzen mit sich ziehen.

Ihre Augen fallen auf die nun ebenfalls leicht zitternde Hand. Er hört sie. Das ist verdammt gut! "Alucard." Die Stimme ist leise. Sanft. Kaum über Baskervilles und Andersons Kampfgeschehen hörbar. Letzterer hat immer noch keine Ahnung, was hier los ist. "Du bist kein Monster. Jetzt nimm diesen scheiß Stock aus deinem Arsch und sei wieder du selbst!" Schnell hebt Alex ihre Hand und hat den Lauf der Pistole in der Hand. Schiebt diesen aber nicht weg, sondern hält ihn nur fest. "Komm zurück, oder knall mich ab. Aber entscheide dich JETZT!" Die Sekunden vergehen, bis Alucard mit einem Mal auf die Knie fällt. Alex ist sofort bei ihm und nimmt ihn in den Arm. Die Pistole fällt scheppernd auf die metallene Brücke. "Jag mir nie wieder so eine scheiß Angst ein.", flüstert sie. Eine Hand auf seinem Rücken. Eine auf seinem Hinterkopf, während ihr Kopf an seinem liegt. Wenn es so weitergeht, wird sie irgendwann an Herzversagen sterben.

Alucard presst seine Augenlider aufeinander. Vergräbt seine Finger in ihrer Jacke am Rücken und muss sich selbst erst einmal wiederfinden. Er versinkt viel zu schnell in einem Blutrausch. Er wird zu gefährlich! Warum ist sie immer noch da? Sie hat gesehen, was er anrichten kann. "Du Idiot... Warum musste mir erst Baskerville zeigen was los ist? Es tut mir leid, dass ich es nicht früher mitbekommen habe. Oder gar nicht! Ich hätte dich da früher rausholen können. Sorry." Alucard versteht sie nicht. Er dreht seinen Kopf, reißt seinen Mund auf und lässt sie spüren, was er gleich machen könnte. Einfach so umbringen. Alex aber legt nur ihre Stirn an seinen Hals und seufzt. "Jetzt tu nicht so, als wärst du der Böse. Das wirkt jetzt echt nur noch lächerlich.", brummt sie und schnaubt amüsiert. Aus dem eigentlich gedachten Biss wird nur ein kurzer Kuss, ehe er seinen Kopf auf ihre Schulter legt. Baskerville sitzt hinter Alexandra, hat die übrigen Gegner erledigt und legt leicht vorwurfsvoll seinen Kopf schief. Der schwarzhaarige verdreht die Augen, ehe er sie noch einmal fester hält. "Und ich dachte schon, dass ich wirklich böse wäre. Du enttäuschst mich, Äffchen.", erwidert er leise und muss ein wenig lächeln.

Der Pater sieht sich um. Keine Alexandra. Er hört auch keine Schüsse! Also wo ist Alucard? Das kann jetzt echt nicht sein, dass er die beiden verloren hat. Verdammter Mist! Aus dem Augenwinkel sieht er etwas und schon landet Alucard neben ihm auf dem Boden. Gleich daneben landet Baskerville mit Alex auf dem Rücken, die ihm lächelnd zunickt. "Ist bei Euch alles in Ordnung, Pater?" Erleichtert nickt er ebenfalls. "Alles in bester Ordnung. Bei dir alles in Ordnung? Noch mehr Verletzungen? Irgendwelche neuen Dinge wegen dem Gift?" Der Pater ist froh als sie das verneint und von dem Höllenhund herunterspringt. "Wir haben Besuch.", meint Alucard mit einem Mal entgeistert und sieht zu einem Tor, welches nun langsam aufgeht. "Ein Mensch, der den Urvampir aus dem Blutrausch holt. Wie niedlich!" Die Stimme ist alt und doch kraftvoll. Während Alucard die Oberlippe leicht hochzieht und die Zähne zeigt, sieht Anderson zu Alex. "Später. Jetzt haben wir was anderes."

Ein alter Mann taucht auf. Allein. Komplett allein. Dennoch streckt Alucard einen Arm vor Alex aus. "Er hat verdammt viel Macht. Überlasst das mir.", meint er, doch Anderson tritt neben den Vampir. "Als ob ich dir jetzt vertrauen würde.", entgegnet er nur und zieht die Bajonette wieder. "Menschlein." Die grauen, mittellangen Haare sind sauber nach hinten gekämmt und mit Gel flachgedrückt worden. Er ist Bartlos. Die Falten erzählen eine lange Lebensgeschichte, die roten Augen wahrscheinlich eine noch längere. Eine saubere Jeans, ein weißes Hemd und eine einfache Jacke darüber. Der Gehstock klackert auf dem Boden und dient, da er ein Vampir ist, nur als Zierde und mögliche Waffenhalterung. Immernoch spielt die Musik aus dem Handy der jungen Frau, während sie direkt von ihm angesehen wird. "Du bist sicherlich nicht die dümmste Person auf der Welt. Aber du solltest dafür beten, dass sie nicht stirbt." Alex zieht ihre Augenbrauen hoch und verschränkt die Arme. "Bitch. Dann werde ich wohl für deine Gesundheit beten."

Für einen Moment ist der Alte geschockt, ehe er leicht empört schnaubt. "Du hast ein sehr lautes Mundwerk dafür, dass du eigentlich tot sein solltest." Alex lässt ihre Finger knacken und verzieht leicht gereizt das Gesicht. "Dafür, dass du tot bist, kriegst du deine klapprigen Kiefer aber auch noch verdammt weit auseinander." Will sie ihn umbringen? Theoretisch. Geht er ihr auf die Nerven? Minimal! "Du solltest wissen, wo dein Platz ist." Die blauhaarige will an Alucard vorbei, wird von dem Pater aber aufgehalten und hochgehoben. "Es gibt mehr als 1.022.000 Wörter in der englischen Sprache. Aber egal in welcher Kombination man sie zusammensetzt beschreibt NICHTS, wie stark mein Drang ist dir mit einem Stuhl ins Gesicht zu schlagen!" Alucard mustert sie mit leicht hochgezogenen Augenbrauen. Da ist ja jemand echt sauer. "Ich würde sie an deiner Stelle nicht so sauer machen, alter Mann. Ansonsten wird sie den zweiten Weltkrieg wie eine verdammte Teeparty aussehen lassen." 

Tief atmet sie ein und aus. "Wenn Ihr mich nicht loslasst, werde ich Euch beißen, Pater. Das ist eine Warnung.", brummt Alex und starrt den alten Mann weiterhin an. "Wenn du das machst, gibt es eine Woche Kuschelverbot, verstanden?" Sofort hebt sie ihren Kopf und sieht Anderson an. "Was...? Das könnt Ihr nicht machen!" Doch der Geistliche nickt nur. "Ich kann und ich werde." Ihre Augen werden schmal, ehe sie die Arme verschränkt und auf die Seite sieht. Das will sie sich dann doch nicht aufbürden. Kuschelverbot? Sieht sie so aus, als würde sie es durchhalten? "Ist ja nicht so, als wäre ich nicht auch noch da.", schaltet sich Alucard ein und schnaubt ein wenig empört. Wie kann sie ihn einfach vergessen? "Das ist jetzt nicht beleidigend gemeint, Alucard. Aber... Hast du mal deine Oberschenkel mit seinen verglichen? Seine sind... perfekt um darauf zu liegen! Schau sie dir mal an! Ich meine du hast deine eigene Figur, die ich auch verdammt heiß finde, keine Sorge. Aber im Moment ist da er gerade im Vordergrund." Das hat sie jetzt nicht gesagt. Der Pater weiß nicht, ob er beschämt sein oder sich geehrt fühlen soll und Alucard ist dann doch ein klein wenig beleidigt. Dann hat er halt nicht so viel Muskeln wie der Pater. Ja und? Trotzdem hat er seine Vorteile!

Die Insel der DimensionenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt