Händchen halten

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Mit einem überraschten Aufkreischen wird Alexandra hochgehoben und wehrt sich erst einmal mit Schlägen und Tritten ehe sie merkt, dass Alucard sie festhält. "Weib. Beruhig dich mal wieder. Meine Fresse!", zischt er und sieht auf sie hinunter, ehe sein Blick den des Paters trifft. "Da unten ist ein Portal. Ich habe es gesehen. Die Umgebung ist komisch, aber das Portal ist wirklich da. Wir müssen da runter. Erst das Äffchen, dann Ihr." Und bevor Anderson etwas sagen kann, verschwindet er schon mit der blauhaarigen. Wow. So aufgeregt hat der Pater ihn noch nie gesehen. Wie ein Kind an Weihnachten, dass endlich zu den Geschenken will. Die Vorstellung bringt ihm ein wenig Frieden. Der Herr weiß, warum. Er sicherlich nicht. Also wartet er. Mit der Hoffnung, dass der verdammte Blutlecker ihn nicht vergisst. Obwohl Alexandra dann ein wenig sauer wäre. Allein das könnte reichen, um ihn zu holen. Er wird die Kleine vermissen, so viel steht fest.

"Du bewegst dich keinen Millimeter, hast du verstanden? Ich muss den Pater noch holen, klar?", bläut Alucard ihr ein und sie nickt nur. Mit einem leichten Lächeln beobachtet sie, wie er wieder nach oben steigt. Sie könnte bald wieder zurück sein. Endlich! Und doch ist es, als würde dann etwas fehlen. Es ist offensichtlich, dass sie sich zu sehr an die beiden gewöhnt hat. Wie wird sie weiterleben, wenn das alles vorbei ist? Erzählen kann sie das sicherlich niemandem. Keine Sau würde ihr glauben. Einerseits will sie wieder zurück, klar! Sie hat dort ihre Familie und ihre Freunde. Aber andererseits will sie irgendwie bei den beiden bleiben. Alucard auf die Nerven gehen. Den Pater ein wenig Ärgern und am Ende des Tages haben sie ein Gespräch über... was weiß sie. Die Frage, warum es Mücken gibt. Irgendetwas absurdes eben! Diese auf und ab's werden ihr eindeutig abgehen.

Anderson hingegen weigert sich gerade strickt, von dem Urvampir getragen zu werden. "Vergiss es! Ich springe nicht einfach so auf deinen Rücken!", zischt er und verschränkt die Arme. Alucard reibt sich den Nasenrücken. "Wie soll ich Euch sonst transportieren?" Das weiß selbst der Pater nicht. Aber sicherlich nicht auf seinem Rücken! "Und wenn Ihr Euer kindisches Verhalten bitte auf ein Minimum beschränken würdet? Unsere kleine Zecke wartet auf uns und wenn Ihr noch länger braucht ist sie mehr als nur gut durch und der einzige Weg zu dem Portal durch Lava versperrt. Also?" Der Geistliche weigert sich immer noch. Zögert aber. Alucard hat recht. Alexandra wartet unten und kann von selbst nicht fliehen, sollte die Lava zu hoch gestiegen sein. Wenn er sich jetzt nicht überwinden sollte, könnte es das ein oder andere Problem für sie geben. Zwar wäre es möglich, dass sie als einzige von dieser Insel flieht, aber Anderson will auch zurück.

Sie hatte sich schon Sorgen gemacht, dass es irgendwelche Probleme gäbe! Doch Alucard kommt mit einem genervt aussehendem Pater auf dem Rücken zurück. Sobald es für ihn möglich ist, springt Anderson von dem Vampir. Es schüttelt ihn erst einmal und er sendet ein kurzes Stoßgebet gen Himmel, was den Schwarzhaarigen nur die Augen verdrehen lässt. Ein Blick auf die blauhaarige. "Du hast dich bewegt.", meint er, denn sie steht nur ein bisschen entfernt von der eigentlichen Stelle, an der sie warten sollte. Solche Kleinigkeiten fallen ihm auf. Aber so etwas wie die Simulation, da kann man ihn anscheinend vergessen. "Ich musste niesen. Tut mir leid, dass ich ein Mensch bin.", erwidert sie, schmunzelt aber. Alucard sieht noch einmal nach unten in die Lava. Signifikant angestiegen. Aus fünf Metern sind vielleicht noch zwei geworden. Wenn überhaupt. "Wir sollten uns beeilen. Der Mist steigt verdammt schnell an.", meint Alucard und geht voran.

Der Pater lässt Alexandra vor ihm gehen, während er diesmal das Schlusslicht macht. Er versteht nicht, warum die Umgebung komisch sein soll. Ja, es sieht nicht natürlich aus. Aber jetzt auch nicht wirklich irgendwie... auffällig. Je weiter sie sich von dem Eingang entfernen, desto dunkler wird es. "Geht es nur gerade aus?", fragt der Pater und will nur wissen, ob sie vielleicht gegen eine Wand laufen könnten. "Ja." Vielleicht hat Alucard theoretisch vergessen, dass Menschen im Dunkeln nicht so sehen können. Aber er wird schon rechtzeitig bescheid geben, falls etwas sein sollte. Hoffentlich denkt er daran. Immerhin ist er ja schon ein alter Vampir und da kann es zu dem ein oder anderen Problem mit dem Gedächtnis führen. Wow. Jetzt kommt er sich gerade selbst wie ein Arschloch vor. Das ist auch was Neues. Hier lernt man nur neue Dinge! Yeeten, Moral... verdammt. Man kann ja fast sagen, dass der Aufenthalt sogar nützlich war.

Sowohl Alex, als auch Anderson merken recht schnell, dass sich der Untergrund geändert hat. Er ist glatt und ihre Schritte hallen auf dem neuen Boden. "Sind das Steinfliesen, Alucard?", fragt Alex und sieht nach unten. Sie kann ja nichts sehen und ändert ihren Kurs nicht eine Sekunde, um Alucard folgen zu können. "Ja, Fliesen. Sehen fast wie Marmor aus.", erwidert dieser und blickt zurück. Beide wirken so verdammt hilflos. Seufzend streckt er eine Hand aus. "Hier. Halt dich fest. Mach das Gleiche beim Pater." Ein wenig unsicher greift Alex in der Dunkelheit umher, bis sie seine Hand findet und sie fest hält. "Pater. Hier!" Auch dieser braucht einen Moment, bevor er die andere Hand der jungen Frau gefunden hat und sie hält. Jetzt kann keiner mehr verloren gehen, wenn man es so sehen will. Die Verantwortung, die er jetzt anscheinend für die beiden übernommen hat, würde er gern wieder abgeben.

Aus der Ferne kann er den Raum schon sehen, der ihn so interessiert und gleichzeitig komische Gefühle gegeben hat. Es ist nicht mehr weit. Und ab da sollte man wieder etwas sehen. Das Portal leuchtet hell genug. Zumindest versteht der Pater jetzt, was der Vampir so komisch fand. Wobei er ihm recht geben muss. Im ersten Moment hat man einen dunklen Tunnel, der wenigstens ein bisschen uneben ist und im nächsten Moment geht man auf Marmor. Keine Zeichen von irgendetwas anderem. Keine Fackeln, die man irgendwie hätte anzünden können, nichts. Zumindest hätte das Alucard gesagt. Hoffentlich. Oder? Wahrscheinlich. Er ist ein wenig beruhigt, dass er Alexandra an der Hand hat. Auch wenn er es nicht so ganz einsehen will, gibt ihm das gerade ein wenig Sicherheit. Und er hat eine gewisse Vorfreude! Endlich kommen sie alle wieder zurück. Endlich kommen alle wieder in ihre Dimensionen und jeder kann sich um das kümmern, um das er sich vorher hatte kümmern wollen. Anderson kann endlich wieder zu seinem Waisenhaus! Zu den Kindern, zu den Schwestern und zu dem ruhigen Leben, welches er dort für einen kurzen Moment hat, bevor er wieder von Iskariot auf eine Mission geschickt wird. 

Die Insel der DimensionenWhere stories live. Discover now