Wie ist es 2019?

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Während der Pater sich am Wasser gütlich tut, bleibt Alex etwas zögerlich und unsicher am Rand der kleinen Lichtung stehen. "Was ist. Willst du nicht auch trinken?" Alucard sieht auf sie hinunter und kann sich vorstellen, dass gerade alle Möglichkeiten durch ihren Kopf schießen, was jetzt schief gehen könnte. Es braucht nicht lange, bis er die Gedankenmuster eines Menschen kennt. Auch, wenn sie ihn doch hin und wieder überraschen kann. "Du willst es sicherheitshalber abgekocht haben, nicht wahr?" Die blauhaarige nickt. "Ich bin am Arsch, wenn es nicht sauber ist. Ich könnte Durchfall bekommen und am Flüssigkeitsmangel sterben. Das heißt, dass ich nicht mehr als Blutbeutel fungieren kann und du komplett auf Tiere oder Pater Anderson umsteigen müsstest."

Alucard beugt sich runter. Seine Zähne halb entblößt. "Bevor ich von unserem Pater trinke, werde ich dich mit zur Hellsingorganisation, Lady Integra und Seras nehmen. Weg von deiner Dimension. Und bis dahin, werde ich es so gut es geht vermeiden." Okay, Okay, Okay! Kein Grund gleich halb drohend zu werden! Alex sieht kurz in die roten Augen, ehe sie wieder zur Quelle blickt. "Schön und gut, dass du Pläne hast. Aber hast du auch einen Plan hierfür?" Einfach nicht darauf eingehen. Dann sollte es passen. Als ob sie nicht in ihre eigene Dimension zurückkehren wird. Irgendwann. Hoffentlich. Sie hofft ja schon, dass das funktioniert. Wäre wirklich beschissen, wenn nicht. Stumm geht sie durch was passieren würde, wenn ihre Dimension für sie nicht mehr erreichbar wäre. Das logischste? Tatsächlich mit Alucard und Anderson in die ihrige Dimension zurückkehren und dort hoffen, dass man irgendwie überlebt.

Selbst Alucards Blick geht zu der Quelle. Sie könnte sich nicht einmal am Pater orientieren. Denn der wird nicht krank. Regenerator. Und dass er ihr Blut gibt, steht außerhalb jedes Diskussionsradiuses. Seufzend geht die blauhaarige an ihm vorbei zur Quelle. "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt." Mal sehen, ob sie nicht alles auf die falsche Karte setzt. Aber das werden die kommenden Tage zeigen. Der schwarzhaarige findet es hier friedlich. Zumindest tagsüber. Wie es in der Nacht aussieht, weiß er nicht. Aber das wird er herausfinden. Denn die Abendsonne breitet die orangefarbenen Strahlen über die Insel aus und taucht alles in dieses Farbspektrum. "Wir bleiben hier. Ich halte die Wache.", verkündet Alucard und bekommt einen fragenden Blick von Anderson. "Vielleicht die erste Hälfte. Aber selbst ein Vampir braucht Schlaf."

Auch Alex mischt sich ein. "Vielleicht das erste drittel! Ich bin auch noch da!" Doch das gemeinsame: "NEIN!", von Alucard und dem Pater lässt sie ihren Kopf einziehen, abwehrend die Hände heben und weiter trinken. Schön und gut, dass sie vielleicht Wache halten will. Aber sie kann nichts machen, wenn etwas auftauchen würde. Sie wäre also... so oder so komplett nutzlos. "Einverstanden. Ich die erste und Ihr die zweite, Pater." Alucard ist doch ein wenig erleichtert, dass er wenigstens etwas schlafen kann. Viel wird es so oder so nicht sein. Ohne seine Heimaterde bekommt er nicht die Ruhe für eine lange Zeit. Aber immerhin ein paar Stunden. Die reichen ihm an sich schon aus.

Diesmal geht der Pater in den umliegenden Wald und holt ein wenig Holz. Lässt Alucard und Alex allein. Zwar ist jedem Bewusst, dass Gewässer hier, zumindest der See, gefährlich sind. Aber sie gehen davon aus, dass es hier nicht so schlimm ist. Und selbst wenn etwas passieren sollte... dafür gibt es ja den Wachdienst. "Wie ist 2019 so?", fragt Alucard und gesellt sich zu der blauhaarigen, die sich einfach auf den Boden gesetzt hat, um ja kein Hindernis für irgendjemanden zu sein. "In meiner Dimension? Relativ ruhig. Amerika hat einen Vollidioten als Präsidenten. Russland hat einen Präsidenten, der ein wenig übermächtig ist. Nordkorea hasst Südkorea. Wir haben Leute die denken, dass die Erde eine Scheibe ist und dass der Klimawandel nicht existiert. Männer lieben Männer, Frauen lieben Frauen. In den meisten Ländern kein Problem. In den streng religiösen wird man dafür hingerichtet. Es gibt Krieg und tausende Menschen sterben daran."

Überrascht starrt der Vampir seinen Gegenüber an. "Das nennst du 'ruhig'? Krieg? Vollidioten als Präsidenten? Hass eines Landes, dass sich gespalten hat? Menschen die... Was zur Hölle geht bei dir ab?" Gelassen zuckt Alex mit den Schultern. "Könnte schlimmer sein. Der amerikanische Präsident könnte mit seinem kleine orangen Patschehändchen an den roten Knopf kommen und einen Weltkrieg starten. Die Hungernot könnte sich auf die gesamte Welt ausbreiten. Pandemien. Umweltkatastrophen. Zombies. Aliens. Könnte also schlimmer sein." Könnte also schlimmer- Mit was wurde Alexandra bitteschön schon alles konfrontiert? "Du bist sicher, dass es dir gut geht?", fragt Alucard ein wenig besorgt und mustert sie von oben bis unten.

"Leute kriegen Depressionen und Burnouts. Sie brechen nervlich zusammen, wegen des Leistungsdrucks in der Gesellschaft. Aufstände gibt es überall. Die Selbstmordrate ist zwar gesunken, aber wir wissen alle, dass die Dunkelziffern höher sind. Das Internet ist jedermanns bester Freund. Alkohol ist beliebt und Rauchen wird langsam aber sicher abgelöst. Sonst noch Fragen?" Die Zukunft sieht nicht so wirklich rosig aus. Dann wird er ernst. "Wie geht Deutschland mit den Weltkriegen um? Wird das versucht zu vergessen? Versucht man es unter den Tisch zu kehren?" Ein amüsiertes schnauben und ein abfälliges Grinsen ist die Antwort. "In den Schulen gibt es Geschichte. Und in jeder Klassenstufe werden Fakten über die Weltkriege in die Schädel der Schüler gepumpt. Und jedes Mal ist es die gleiche Reaktion. Man hasst die Vergangenheit dafür, was getan wurde."

Alex legt sich auf den Rücken und blickt in den Himmel. "Die alte Generation, die langsam aber sicher am Aussterben ist und den Krieg miterlebt hat... sie hassen uns. Wenn wir in anderen Ländern sind und sagen, dass wir Deutsche sind... vor allem in Frankreich wird man von den alten missbilligend angesehen. Aber je mehr von ihnen sterben, desto besser für uns. Wir können nichts dafür, was unsere Vorfahren gemacht haben. Und die können auch selten was dafür, weil sie dazu gezwungen wurden. Uns, als neue Generation, also diesen Hass entgegen zu bringen ist beschissen. Aber man lernt es. Man lernt, den Hass an sich abprallen zu lassen. Pragmatisch zu sein und zu handeln. Es ist halt so." Ihre Augen finden die von Alucard. "Und das gleiche ist es mit der Welt. Man lernt, mit so viel Hass umzugehen. Für mich ist es ein normales Level. Ich bin damit groß geworden. Für dich ist es wahrscheinlich ein Schock." Die Mundwinkel der blauhaarigen gehen hoch, sie schließt ihre Augen und dreht ihren Kopf wieder gerade hin. "Aber du darfst niemals zwei Dimensionen vergleichen. Wir haben keine Vampire. Keine Werkatzen. Keinen Major. Wir deutschen kennen die Vergangenheit. Und die meisten verabscheuen sie. Natürlich gibt es schwarze Schafe. Aber die gibt es, wie ich schon gestern gesagt habe, an sich überall."

Die Insel der DimensionenWhere stories live. Discover now