Die Herz-Sieben

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Gemeinsam sitzen sie im Helikopter, der langsam abhebt und das Anwesen unter sich zurücklässt. Seras sieht mit Pip und der Lady dabei zu, wie sie in der Ferne verschwinden. "Die haben die halbe Waffenkammer ausgeleert. Ich hoffe, dass sie die auch wenigstens benutzen.", murmelt Pip und seufzt, während Integra die Arme verschränkt und schnaubt, ehe ihr Mundwinkel hoch gehen. "Auch wenn sie es nicht zugeben wollen, ist Alexandra der einzige Schwachpunkt, den sie haben.", erwidert sie nur und Seras sieht verwirrt zur Lady. "Aber ich dachte, dass sie nun besser kämpfen könnte! Natürlich wird sie nicht an die Kampfkraft vom Meister oder dem Pater herankommen, aber-" Lady Integra dreht ihren Kopf. Zieht eine Augenbraue hoch und schüttelt leicht den Kopf. "Ich habe nie etwas von ihrer Kampfkraft gesagt, Seras." Wieder sieht die Lady in den Himmel und schmunzelt. Was diese Frau alles innerhalb so kurzer Zeit erreicht hat, ist schon ein wenig erstaunlich.

Ein Schauer läuft Alexandras Rücken herunter und sie schüttelt sich kurz. "Alles in Ordnung? Ist dir kalt? Du hättest eine Jacke mitnehmen sollen!" Anderson sieht sie besorgt und auch vorwurfsvoll an, während die blauhaarige abwinkt. "Keine Sorge. Ich habe nur das Gefühl, dass irgendjemand über mich redet, das wars." Alucard zieht eine Augenbraue hoch, ehe er sich wieder seinen Gedanken widmet. Wie das wohl ablaufen wird? Natürlich arbeiten sie dahingehend zusammen und man sollte Iskariot vertrauen wenn es darum geht, die Pandemie aus dem Weg räumen zu wollen! Aber es ist und bleibt eine feindliche Organisation. Er würde sich nicht so viele Sorgen darum machen wenn er wüsste, dass Alexandra nicht dabei wäre. Natürlich hat sie wahnsinnig viel in den letzten insgesamt zwei Monaten dazugelernt. Das steht außer Frage. Kämpfe und Taktik sind bei ihr ausgeprägter. Sie ist, wenn sie das nicht schon vorher war, widerstandsfähig. Trotzdem ist sie ein Mensch mit einem einzigen Leben.

Seufzend lässt er sich auf die Seite fallen und dreht sich auf den Rücken. Es ist ein luxuriöser Helikopter, bei dem die weißen, ledernen Sitzbänke zusammenhängen und man sich so auch einfach hinlegen könnte. Ohne zu hinterfragen, fährt Alex durch seine Haare und Alucard schließt die Augen. Es ist zwar ein wenig gedämpft, aber die Geräusche der Rotorenblätter sind immer noch sehr gut hörbar. Macht die Konversation nur ein wenig schwierig. Man muss eben lauter reden. Entgeistert sitzt Anderson auf der anderen, gegenüberliegenden Seite von Alexandra und verdreht kurz die Augen. Sie können von Glück reden, dass man hier von Seiten der Piloten nicht hineinsehen kann. Sollten sie etwas zu sagen haben, sprechen sie durch ihr Headset und es wird über einen Lautsprecher übertragen, der an der Decke des Raumes verbaut wurde. Bisher ist es aber relativ still und sie werden nur ein paar Mal zum Auftanken landen müssen.

Am ersten Zwischenstopp ist Alex froh, mal wieder frische Luft schnappen zu können und kann Alucard überreden, Kaffee zu kaufen. Aber keinen ordinären Kaffee. Einen Vanille-Latte Machiato mit Sahne, Schokoladensoße oben drauf und abgerundet mit karamellisiertem und geröstetem Haselnusskrokant. So viel pures Glück haben weder Anderson noch Alucard je bei ihr gesehen und irgendwie ist das traurig. "Sie ist mit dem Ding glücklicher als mit uns.", meint der Pater leise, während sich Alex von den geduldigen Piloten das Cockpit zeigen lässt. "Wir wissen jetzt zumindest was sie braucht, wenn sie gestresst ist oder sie ihre Tage hat.", erwidert Alucard und beobachtet die blauhaarige Frau. "Wo willst du auf die schnelle die ganzen Zutaten aufbringen, um ihr spontan diesen Zuckerschock zu machen?" Denn sie werden nicht immer in großen Städten unterwegs sein. Sie werden auch, wie in Russland, die abgelegensten Orte bereisen, bei denen man mit viel Glück einen Menschen findet. 

Der schwarzhaarige schnaubt amüsiert. "Von dem gleichen Ort, an dem die Waffen verstaut sind. Ihr solltet nur die Zutaten besorgen, ich werde sie aufbewahren. So einfach ist das." Anderson nickt und erklärt sich somit einverstanden, die Zutaten dafür aufzutreiben. Ein kurzer Moment der friedlichen Stille vergeht, ehe Alucard wieder zu dem Geistlichen sieht. "Wisst Ihr... Irgendwie ist es unfair, dass bisher nur Ihr die Erleichterung bekommen habt. Vielleicht sollten wir den unüberwachten Raum ausnutzen, damit sie ein wenig übt?" Andersons Gesicht wird rot, aber er sieht nicht zu dem Urvampir. "Kannst du bitte aufhören, die gesamte Zeit nur das eine zu wollen? Alexandra braucht Zeit und das müssen wir akzeptieren!", murrt er und schüttelt leicht den Kopf. "Verzieh dich halt wie gestern irgendwo hin. Wir werden nur nicht auf dich warten, wenn du nicht da bist." Als ob er ihr jetzt in den Rücken fallen würde und ausplaudert, dass sie ja an sich Interesse daran hätte.

Sie warten ab bis wieder aufgetankt wurde und fliegen weiter. Zwei weitere Male muss getankt werden und zu Andersons Glück passiert nichts. Alex, die davon überhaupt keine Ahnung hat, spielt mit dem Urvampir sogar die ein oder andere Runde Karten, die er aus der pocket Dimension gezogen hat. Es hätte ja sein können, dass ihr langweilig wird! Verhätschelt er sie, in dem er eigentlich alles dabei hat? Vielleicht. Interessiert es ihn? Nicht wirklich. Sollte er damit aufhören? Warum? "Wir sind gleich da. Bitte schnallen sie sich an, falls das noch nicht passiert ist. Landung in ungefähr fünf Minuten.", ertönt die Durchsage und Alucard sieht auf die Karten. Die eine Runde noch. Wenn er gewinnt, hat er einen Wunsch frei! Wenn sie gewinnt, wird die Woche Massage verlängert. Es sieht verdammt gut für ihn aus. Sie spielen Neunerln mit den einfachen Regeln. Also Sieben, Acht, Neun. Während er nur noch zwei Karten auf der Hand hat, eine Sieben und einen Unter, hat sie noch fünf.

Hat Alex große Sorgen? Nein. Sie sieht vielleicht aus, als ob sie verlieren würde, wird es aber nicht tun. Es gibt vier Siebener in dem ganzen Deck. Zwei hat sie auf der Hand. Eine liegt auf dem Ablegestapel. Außerdem ist sie eh an der Reihe. Sie legt eine Herz-Acht. Er muss aussetzen. Darauf folgt eine Eichel-Acht. Wieder muss er aussetzen. Der Gras-Achter kommt als vorletztes. Wieder muss er aussetzen, aber sie muss legen. Oder ziehen. Sie sieht ihm in die Augen, als der Gras-Siebener folgt und ihre letzte Karte mit einem zufriedenen Schmunzeln hinlegt. "Nicht so schnell, Prinzessin. Auch wenn ich von dir eigentlich alles annehme, muss ich das leider zurückschicken.", meint er und legt seine eigene Sieben hin. "Ungeöffnet." Alex zieht die Augenbrauen hoch, ehe sie schnaubt. "Man könnte schon fast meinen, dass du verdammt gut in dem Spiel geworden bist!", mault sie, bevor sie ihre letzte Karte hinlegt. Die Herz-Sieben. Der letzte Siebener in dem Deck. Ihre Mundwinkel gehen hoch. "Aber auch nur fast." Seufzend legt Alucard seinen Unter auf den Stapel und schmunzelt. "Du hast gewonnen, Prinzessin. Keine schlechte Runde." 

Die Insel der DimensionenWhere stories live. Discover now