Like a wrecking ball

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Nach der erfolglosen Vernehmung wird sie nicht erst hier behalten, sondern gleich in die JVA, die Justizvollzugsanstalt, gebracht. Dort soll sie bleiben, bis sie vor Gericht war und in ein Gefängnis gebracht wird. Wieder muss sie durch die Journalisten. Sagt wieder nichts, sondern steigt in den Wagen. Die Handschellen sind ein wenig eng. Erst, als sie wieder losgefahren sind, kommen ihr die beiden Männer in den Sinn. Sie wird es mehr als nur vermissen, wenn sie alleine schläft. Wenn sie weiß, dass niemand von den beiden mehr da ist. Warum hat der Pater sich nicht mir ihr aus dem Fenster geschmissen? Warum musste er dort drin bleiben? Was war der Sinn dahinter? Ein kurzer Gedanke. Das Klicken. Wurden sie vielleicht überwacht? Hatte der Pater sich deswegen so komisch verhalten? Damit sie abgeschirmt von den Kameras war? Das ist die einzige plausible Erklärung. Und diese bricht ihr das Herz noch mehr. 

Die kleine Zelle, in die sie gebracht wurde, erinnert sie an ihre alte Wohnung aus ihrer eigenen Dimension. Stumm steht sie vor dem vergitterten Fenster und sieht nach draußen. Der Regen peitscht nun herunter. Es hört sich fast wie ein Kanonenfeuer an, wenn es gegen die Scheibe prasselt. Zwar weiß sie, dass die Höchststrafe hier in Deutschland bei 25 Jahren liegt! Aber mal sehen, was vor Gericht ausgehandelt wird. Alexandra ist komplett allein. Sie will nicht allein sein. Sie will zu Alucard und Anderson! Sie will von ihnen zusammengeschissen werden. Kuscheln. Einfach nur in Frieden leben. Obwohl sie es nicht will, läuft ihr wieder die erste Träne von vielen über die Wange. Stark sein? Sie? Sicherlich nicht. Vielleicht kann sie eine Maske aufsetzen und andere darüber hinweg täuschen, aber sich selbst zu täuschen ist eine Kunst, die sie nicht ganz beherrscht. Nur in seltenen Fällen. 

Ihr wird Essen und Trinken in die Zelle gebracht. Mittagessen. Abendessen. Ab 10 Uhr ist das Licht aus und Ruhe angesagt. Doch selbst da liegt Alex noch hellwach in dem Bett und starrt an die Decke. Das Licht von draußen erhellt die Zelle. Eigentlich ist es ja für eine Art der Gefängniszelle ziemlich gemütlich! Aber sie kann das jetzt nicht wirklich positiv sehen. Immer wieder werden ihre Gedanken mit Alucard und Anderson gefüllt. Ihre Stimmen. Warum hatte sie nicht einfach auch verrecken können? Sie hängt zu sehr an den beiden, als dass sie das irgendwie allein durchziehen könnte! Sie hat noch ein paar Jahrzehnte zu leben. Die Schuld wird ihr niemals aberkannt. Sie wird sich immer schuldig dafür fühlen, dass der Pater und Alucard nicht überlebt haben. An dem Tod des Geistlichen ist sie selbst schuld. Wäre sie nicht gewesen, hätte er selbst fliehen können. Bei Alucard konnte sie nichts tun. Er war in einem komplett anderen Bereich.

Am Morgen wird sie aufgeweckt. Offensichtlich hat sie es doch irgendwie geschafft, schlafen zu können. Sofort greift sie auf beide Seiten! Doch weder Alucard noch Anderson sind da. Das lässt sie wieder realisieren, dass sie nie wieder da sein werden. Langsam steht sie auf und holt sich ihr Frühstück, ehe sie isst. Die Gedanken sind ganz wo anders. Nachdem sie das Tablett wieder abgegeben hat, macht sie sich fertig und findet es komisch, dass man die Toilette fast einsehen kann. Wieder setzt sie sich einfach auf das Bett. Sieht nur hin und wieder aus dem Fenster. Ja, sie wollte mal über die Stränge schlagen, was das Gesetz angeht. Aber nicht gleich im Gefängnis landen. Oder Wissen, dass die Leute die einem am Herzen liegen, nun einfach weg sind. Es fühlt sich schlimmer an als der Fakt, dass sie nie wieder zu ihrer Familie kommt! Aber dort weiß sie wenigstens, dass sie leben. Sie leben und werden einfach weiterleben. Hier ist es nicht so. Tod ist Tod. Egal von welcher Seite aus man es sieht. Nicht einmal ein Vampir kann gegen den endgültigen Tod etwas ausrichten. Wenn die Zeit gekommen ist, dann ist sie eben gekommen.

"Ich erinnere mich nicht daran, dass du so ein Trauerkloß warst. Meine Fresse... Was ist dir über die Leber gelaufen?" Abrupt hebt Alex den Kopf. Ihre Augen werden groß. Ihr Mund klappt auf. Sprachlos starrt sie die Gestalt an, die nun einfach so in ihrem Zimmer steht. Bildet sie sich das gerade ein? Ist sie schon so weit, dass sie komplett verrückt wird? "Bist du das nicht schon, Äffchen?" Augenblicklich springt die junge Frau auf und an Alucard hoch. Verschränkt ihre Beine an seinem Rücken. Legt ihre Arme um seinen Hals. Presst sich an ihn. "Du lebst...", flüstert sie und wieder steigen Tränen in ihre Augen. Doch diesmal wenigstens Freudentränen. "Natürlich lebe ich. Warum sollte ich es nicht tun? Warst du wirklich so dumm dass du dachtest, ich wäre tot?" Schniefend lehnt sie sich zurück und sieht ihn an. "Ja...", haucht sie und wischt sich die Tränen mit einer Hand ab. 

Seufzend hält der Urvampir die blauhaarige fest und zieht eine Augenbraue hoch. "Du solltest echt mehr Vertrauen in mich haben." Er spürt, wie erleichtert sie ist. Froh, dass er lebt. Das war noch nie wirklich jemand, außer Seras. Aber er ist ihr Meister, das ist etwas anderes. Alucard lässt es zu, dass sie ihm ihre Hände an die Wangen legt. "Jetzt werde aber ja nicht zu Gefühlsduselig.", brummt er und erstarrt irritiert, als sie ihm die Lippen auf die Stirn legt. "Ich? Niemals.", meint sie lächelnd und legt ihre Stirn an seine. "Danke... Danke, dass du noch lebst." Alex schließt ihre Augen und entspannt sich. Es wird alles wieder gut. "Bedank dich nicht für einen Albtraum.", erwidert der Urvampir leise und legt eine seiner Hände auf ihren Hinterkopf. Es tut gut zu wissen, dass man jemandem ohne direkte Verbindung so viel bedeutet. "Wir sollten hier raus. Was hältst du davon?"

Schlussendlich stehen sie in ein paar Metern Entfernung zur Anstalt und werden dort sofort von einer Abrissbirne begrüßt, die krachend in das Gebäude einschlägt. Alex, die immer noch von Alucard gehalten wird, zuckt erschrocken zusammen. Doch der Urvampir legt sich nur eine Hand auf das Gesicht. "Er hats wirklich getan. Gottesfürchtiger Idiot." Die junge Frau sieht in das Führerhaus des Fahrzeugs und traut ihren Augen nicht. Pater Alexander Anderson sitzt da drin. Sein Blick entschlossen. "Wir sollten ihn aufhalten.", meint der schwarzhaarige und lässt Alexandra runter, die schon zu dem Ding läuft. Anderson hingegen wird sich von nichts und niemand abhalten lassen. Wenn der beschissene Vampir einfach so abhaut, wird er sich selbst darum kümmern, Alexandra da raus zu holen! Er springt aus dem Führerhäuschen, nachdem die meisten Steine schon auf den Boden geflogen sind. Aus dem Augenwinkel sieht er etwas. Blickt dort hin. Ist überrascht. "Alexandra?" Sie bleibt vor ihm stehen und nimmt seine Hand. "Wir sollten hier weg, Pater!", ruft sie und zieht ihn hinter sich her. Verdattert sieht er auf sie und dann auf das Gebäude. "Warst du nicht... Wie bist du... Warum bist du hier draußen?"

Die Insel der DimensionenWhere stories live. Discover now