Loyalität

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"Und jetzt noch mal von Anfang an. OHNE dass du dazwischen die ganze Zeit isst! Man versteht kein Wort." Die drei sind wach und haben dank Alucard auch gleich ein relativ nahrhaftes Frühstück zu sich genommen, welches Alex nun einmal nicht verschmähen konnte und wollte. Zu viel Hunger. Jetzt hat sie Durst. Aber alle drei sind sich nicht sicher, ob das Wasser einfach so getrunken werden kann. Obwohl sie alle gestern einiges davon geschluckt haben. Die blauhaarige schluckt den letzten Rest des gebratenen Fleisches runter und fängt noch einmal an, alles von Anfang an zu erzählen. Scheint die Herren ja sehr zu interessieren, was sonst noch alles abgelaufen ist.

Sie erzählt von dem Moment, als sie aufgewacht ist und den Pater vermisst hat. Sie Alucard aufgeweckt hat und dieser etwas überprüfen wollte. Dann war sie erst einmal alleine und als Alucard aus dem Wald kam, ging der ganze Scherz los. Alex erzählt auch genau, wie sich der Gestaltwandler verhalten hat und wie sie misstrauisch wurde. Immerhin wollte er sie anscheinend unbedingt zum See bringen. Zu dem Gesang, von dem sie sich fern halten wollte. Dann ist er ihr mit der Hand an die Gurgel gegangen. Der Pater meint, dass man die Abdrücke davon jetzt sehen könnte. Und der Rest wäre eh bekannt. Dennoch muss sie ausführen, wie sie auf den Gedanken mit den Steinen gekommen ist. Denn scheinbar hatte das keiner der Männer in Betracht gezogen.

"Ihr seid beide um einiges älter als ich. Und... seid nicht auf die Idee gekommen zu sehen, ob das funktioniert?", fragt Alex und kann kaum fassen, dass sie anscheinend die einzige mit einem funktionierendem Hirn war. "Ihr wärt einfach glatt durch? Wie die größten Arschlöcher? Hättet MICH einfach zurück gelassen?" Während der Pater mehr als schuldbewusst drein sieht und den Augenkontakt kaum halten kann, zieht Alucard nur eine Augenbraue hoch. "Jetzt spiel mal nicht das Moralapostelchen, Menschlein. Du wärst auch abgehauen, wenn es kein Anzeichen für eine Falle gegeben hätte.", meint er und sieht die blauhaarige dabei gelassen an. JEDER wäre einfach so dadurch gegangen. Da gibt es keine Zweifel.

Dachte er zumindest. "Nein." Irritiert hebt er seinen Kopf. Alex sieht den schwarzhaarigen ernst an. "Weil ich erstens nicht weiß, ob das wirklich MEINE Dimension wäre, weil man mir ja schön was vorspielen kann. Und zweitens wäre ich kein Arschloch gewesen und hätte euch so oder so da rausgeholt! DU konntest nicht einmal deine Fähigkeiten einsetzen! Kein Teleportieren. Keine Schattenreise. Nichts. Ich bin vielleicht nervig..." Alex sieht auf die Seite und verzieht ihr Gesicht. "Aber auch verdammt loyal. Wird mir manchmal zum Verhängnis. Lasst es mich nicht bereuen." Der Pater nickt sofort. Man kann ihm ansehen, dass die Schuld dem Nutzen überwiegt und dass er es am liebsten nie gemacht hätte. Alucard hingegen geht ihre Gedanken durch. Sicher, bei der Aussage, ist er sich nämlich nicht. Doch was er in ihrem Kopf findet, lässt ihn fast ein wenig zusammenzucken. Bilder und Gesprächsfetzen aus ihrer Vergangenheit.

Sie wird angeschrien, wie nutzlos sie ist. Dass sie nie Freunde finden wird. Sie gehe jedem auf die Nerven. Er spürt ihre Gefühle bei jedem Bild. Freude. Trauer. Angst. Unsicherheit. Existenzielle Zweifel. Bei jedem Mal, bei der sie ihre gesamte Loyalität hergibt, kommt nichts zurück. Menschen können Arschlöcher sein. Und offensichtlich nicht nur in seiner Dimension. Alex wird geschlagen. Bespuckt. Als Außenseiter hingestellt und allein gelassen. Egal wie sehr sie versucht, sich anzupassen. Und dann ist plötzlich Schluss damit. Sie hat ihren eigenen Kleidungsstil. Scheißt auf die Meinung anderer und zieht die anderen Außenseiter zu sich. Bildet eine Gruppe um sich herum und lässt somit niemanden allein. Immer wieder zieht sie die Außenseiter zu sich. Lässt nie jemanden mehr alleine. Kümmert sich um sie. Verteidigt sie mit Wort UND Tat. Einige Prügeleien scheint die Kleine schon durch zu haben.

Alucard blinzelt, als er wieder zurück ist. Hat er gerade wirklich einen Ausflug durch ihr Leben gemacht? Irritiert, dass er es nicht einmal bewusst gemacht hat, sieht er stirnrunzelnd auf den Boden. Hört dann aber das Lachen der blauhaarigen und blickt zu ihr. Dieses kleine Menschlein zieht Gegensätze an und verbindet sie. Und sie hat nicht einmal eine Ahnung, wie machtvoll diese Fähigkeit ist, die sie besitzt. Ein leichtes schmunzeln zeigt sich bei ihm. Das alles hier ist gerade um einiges interessanter geworden. "Hey! Alucard! Brauchst du Blut?" Alex, die sich mit Anderson unterhalten hatte sieht zu dem schwarzhaarigen, der gerade ein wenig komisch vor sich hin grinst. Als wäre was passiert, was ihm gefällt. Klar, er hat erst gestern getrunken. Aber nach der Nacht könnte sie es durchaus verstehen.

Doch bevor der Vampir antworten kann, fällt ihm der Regenerator schon ins Wort. "Du lässt ihn sicherlich nicht von dir trinken! Spinnst du?!", ruft dieser empört und schüttelt Alex ein wenig, um Vernunft in das Weib hinein zu bringen. Sie könnte näher an der Hölle stehen, als er es denkt. Und jeder Zug des Vampires bringt sie näher dort hin. "Ich spinne schon die ganze Zeit, Pater. Komisch, dass es bis jetzt noch niemandem aufgefallen ist.", erwidert die blauhaarige und braucht einen Moment, um sich von dem halben Schleudertrauma zu erholen, welches ihr der Pater verpasst hat. Sie fasst sich an den Kopf und sieht dem blondhaarigen in die Augen. "Pater. Alucard ist an sich nicht nur das mächtigste Mitglied unserer Truppe, wenn es um die Fähigkeiten geht, er braucht das nun mal, um zu überleben. Und uns HOFFENTLICH zu beschützen!" Ein kurzer Blick zu dem schwarzhaarigen, ehe sie mit den Schultern zuckt. "Außerdem produziere ich das Zeug doch eh..."

Ein amüsiertes Schnauben wird laut und Alucard winkt ab. "Ich habe erst meinen Vorrat auffüllen können. Ich werde auf das Angebot zurückkommen. Aber denk daran, dass dein Körper auch Zeit braucht, um das verloren gegangene Blut zu regenerieren." Stille. Dann ein schon fast hämisches Lachen von Alex, welches ihr der Pater nicht zugetraut hat. "Alucard. Hast du eine Ahnung wie lang das dauert?" Sie hebt ihre Hand und zeigt zwei Finger hoch. "Zwei Tage? Geht ja!", meint der Vampir und er runzelt die Stirn, als sie eine Augenbraue hoch zieht. "Zwei Wochen? Ouh... das könnte interessant werden." Stumm lässt die blauhaarige ihre Hand wieder sinken. "Zwei MONATE, bis sich das Blut vollständig regeneriert hat, Alucard. Zwei MONATE." Ouh scheiße. Damit hat er jetzt nicht gerechnet. 

Die Insel der DimensionenWhere stories live. Discover now