Zu dritt

185 12 1
                                    

Kopfschüttelnd sieht der Pater auf den Boden und dann auf Alex. "Warum hast du mich nicht angerufen? Ich wäre sofort da gewesen, wenn du jemanden zum reden gebraucht hättest! Was du ja bei ihm anscheinend nicht kannst." Abwehrend hebt die blauhaarige eine Hand. "Um ehrlich zu sein, hat mir Alucard aus der Abwärtsspirale heute rausgeholfen. Ohne ihm wäre ich immer noch in meinem Zimmer." Wo sie recht hat, hat sie recht. Das gibt der schwarzhaarige gern einmal zu, wenn es den Pater nervt. Die roten Augen gehen zu dem Geistlichen, der ihn wiederum skeptisch mustert. Da gefällt es einem wohl nicht, dass man nicht der Böse ist. Nicht derjenige, auf den man alles schieben kann. "Außerdem kann man mit ihm echt gut reden. Er hat einiges durch und kann verdammt gute Tipps geben. Also von dem her ist er ein ziemlich guter Ansprechpartner!" Anderson möchte das nicht wirklich hören.

Immer weiter zieht die Draculina den Kopf ein. Die Spannung steigt. Die Stimmung kühlt ab. Dass sich die beiden aber auch nicht vertragen können! Wenigstens für ein paar Stunden. Oder Minuten. "Bevor ihr beide euch umbringt, will ich mich abmelden!", ruft Alex plötzlich und hebt einen Arm, als wäre sie in der Schule. So zieht sie die Aufmerksamkeit aller auf sich und Integra versteht, wie sie die beiden auf der Insel zusammengehalten hat. Ein anstrengender Job, der ihr aber scheinbar mühelos gelingt. Vielleicht macht sie das aber auch schon unterbewusst? Dann würde die Lady gern wissen, wie sie aufgewachsen ist. Sie würde spontan behaupten, dass sie entweder das mittlere Kind, oder eines von den mittleren Kindern ist. Diese übernehmen in der Familie hauptsächlich zwei Aufgaben. Die Mediation zwischen den Eltern und den Geschwistern und auch meistens den kleinen Psychopathen. Beides würde in ihrem Falle auf diese Rolle in der Familie hindeuten. 

"Ich will schlafen. Pater? Bleibt Ihr noch?" In der Fensterfront sieht man, dass die Sonne langsam aber sicher untergeht. Anderson blickt zu Integra, die nickt. "Wenn Ihr wollt, könnt Ihr eine Nacht hier bleiben. Ein Zimmer könnte für Euch hergerichtet werden." Genügend hätten sie ja im Anwesen. Doch Alex winkt lächelnd ab. "Keine Sorge! Er schläft bei mir. Ich vermisse es echt, dass niemand mehr bei mir schläft und vielleicht kann ich endlich mal durchschlafen!" Der Pater schüttelt sofort den Kopf. "Alexandra. Das geht nicht! Ich bin ein Mann Gottes und du eine Frau. Das würde sich gegen die Kirche richten! Auf der Insel war es eine Notlösung, um dich vor dem Vampir und anderen Gefahren zu schützen." Ihre Augen werden bittend. Alex zieht eine kleine Schmolllippe. Sinkt ein wenig in sich zusammen und hält ihm an seinem neuen grauen Mantelärmel fest. "Nur weil wir andere Geschlechter haben bedeutet das nicht, dass wir gleich Sex haben müssen. Bitte, Pater."

Mit der anderen Hand reibt er sich den Nasenrücken. "Der Herr wird mich deswegen verbannen, das weiß ich jetzt schon." Aber diesen flehenden, braunen Augen kann er nicht widerstehen. Auch nicht deswegen, weil sie sofort aufleuchten als er indirekt seine Zustimmung gegeben hat. Das gibt extra Gebete, bevor er schlafen wird. "Du schläfst nicht bei ihm, Zecke. Wie kann ich sicher sein, dass er dich nicht einfach abzieht?" Alucard hat das eher ohne das Einschalten seines Hirns gesagt und bereut es sofort. Der Blick, der ihm nun von der blauhaarigen zugeworfen wird, reicht aus. Erst überrascht, dann grinsend. "Du kannst ja bei uns schlafen! Im Bett wird es nur ein wenig eng. Außer ihr beide legt euch rein und ich irgendwie auf euch drauf." Sowohl von Alucard, als auch von Anderson kommt sofort ein: "Kommt nicht infrage!", was diese Option also ausschließt. Der Urvampir denkt nach. "Wobei ich zugeben muss, dass ich schon ein wenig Müdigkeit verspüre." Anderson schnaubt und verzieht das Gesicht. "Du hast deinen Sarg, Ungläubiger! Bleib da drin und lass uns in Frieden." Es würde den Pater also nerven, wenn er da wäre? 

Schmunzelnd beugt sich Alucard ein wenig nach vorn. "Ach kommt schon, Pater. Ich würde doch nur ein Angebot unseres gemeinsamen Schützlings annehmen!" Er legt sich eine Hand auf die Brust und ist gespielt empört. "Was wäre ich nur für ein Narr, wenn ich solch eine Einladung einfach ablehnen würde, nicht wahr? Was für ein ungehobelter Gentleman würde so etwas tun?" Tief holt Alex Luft und lässt sie in einem Seufzen wieder raus. Legt sich eine Hand auf die Stirn. War vielleicht doch nicht die beste Idee. "Das Gute ist, dass an sich nur der Pater und ich eine Decke brauchen. Oder brauchen wir drei? Jeder seine eigene?" Geschlagen sieht sie die beiden an. Hoffentlich hält das Bett das aus. Zwei Leute sollte es auf jeden Fall tragen. Aber bei drei könnte es durchaus interessant werden. "Wir brauchen mehr Kissen. Seras? Haben wir noch irgendwo ein paar Kissen und zwei andere Decken?" Alex dreht sich zu der Draculina um, die ein wenig überfordert herum sieht und dann auf sich deutet. "I-Ich? Ehm... Kissen... Kissen..."

Schnippend nickt sie. "Klar! Komm mit!" Ein kurzer Blick auf die Lady, die nur immer wieder leicht mit dem Kopf schüttelt und eine Hand auf dem Gesicht liegen hat. Integra hat aufgegeben. Heute kommt da sicherlich nichts mehr nützliches raus, wenn sie weitermachen würden. Die junge Frau folgt der blondhaarigen, bleibt in der Tür aber noch stehen. "Ich muss noch duschen! Also wehe einer von euch besetzt mein Bad. Bis gleich! Treffpunkt mein Zimmer!" Und mit diesen Worten ist sie verschwunden. Langsam dreht Anderson seinen Kopf zu Alucard, der zufrieden vor sich hin grinst. "Du bleibst aus ihrem Zimmer gefälligst draußen, verdammter Blutsauger!", zischt er warnend, doch Alucard sieht ihn aus dem Augenwinkel an. "Erstens kommt Ihr ohne mich nicht einmal in ihr Zimmer und zweitens könnt Ihr doch nicht ihre Bemühungen, für uns alle Kissen und Decken zu holen, einfach so zunichte machen. Denkt doch nur daran, wie viel Mühe sie sich für uns gibt." Er hasst es, wenn er ihm recht geben muss. Der Geistliche hat wirklich keine Ahnung, wie er sonst in ihr Zimmer kommen würde. Auch gibt sie sich wirklich Mühe, spontan für zwei weitere Personen alles herzurichten. Hinzu kommt, dass nicht viele einfach so ihr Bett teilen würden. Sie würden sagen, dass man eine Matratze bringen könnte. Schlussendlich verlassen auch diese beiden Integras Büro. Diese setzt sich an ihren Schreibtisch und starrt auf ein paar Blätter vor sich. Was bei allen neun Höllen hat sie gerade miterlebt? Vielleicht braucht sie mal Urlaub. Das war nicht mehr normal.

Die Insel der DimensionenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt