Überzeugungskraft

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Du schaffst das, Alex. Du schaffst das! Beruhige dich. Denk an dein scheiß Theater! Langsam entspannt sie sich. Drei. Du bist eine verzweifelte, junge Frau. Zwei. Du hast nichts mehr zu verlieren. Eins. Du willst Rache. Null. Ihre Gesichtsmimik ändert sich. Der Gang der blauhaarigen passt sich an. Aufrecht gehend. Ihr Blick ist nur auf das Gebäude gerichtet. Kalt. Die Augen werden leicht schmal. Sie streicht sich die blauen Haare aus dem Gesicht. Ein wenig Selbstsicherheit wird an den Tag gelegt. Alexandra muss überzeugend wirken. Zu irgendetwas müssen diese scheiß Jahre an Theater nützlich sein! Sie hofft, dass Alucard nun weiß wie sehr sie ihm vertraut. Denn sie hat nichts, um sich verteidigen zu können. Außer die Dinge, die natürlicherweise an ihrem Körper angebracht sind. Aber keine Waffe. Kein Werkzeug. Nichts. Das ist mir bewusst. Und jetzt weiter! Überrascht zuckt sie zusammen! Entspannt sich aber schnell wieder. Wieso muss er sie so erschrecken?

Dem ganzen Gequatsche zuzuhören ist ja echt unerträglich. Die hat doch sonst nicht immer so viel geredet! Aber wenigstens scheint sie das mit der Geschichte wiedergeben zu können. Eigentlich sollte es ja nur eine kleine Aufklärungsmission werden. Kurz entschlossen hat Alucard diesen Plan geändert. Sie müssten diesen Abschaum so oder so aus der Welt schaffen. Warum nicht gleich? Außerdem kann man Alexandra somit richtig testen. Er wird nichts passieren lassen! Aber so ein wenig baumeln lassen und sehen was sie so alles alleine schaffen würde, ist ein durchaus mögliches Szenario, welches er vielleicht sogar durchzieht. Es könnte sein, dass die Lady sie irgendwann allein auf Missionen schickt. Da ist dann kein Alucard der ihr helfen könnte! Also muss sie sich gefälligst von Anfang an eine gewisse Eigenständigkeit angewöhnen, mit welcher sie arbeitet. Eigenständigkeit ist ein wichtiger Punkt, der der Lady positiv auffallen würde. Wenn sie es schaffen sollte.

Fast hätte sie überrascht losgekreischt! Die beiden Figuren, die sich aus der Dunkelheit des Gebäudeinneren schälen, kommen nun auf sie zu. Alex bleibt stehen und wartet. Doch sie treten nicht in die Sonne. Es braucht einen Moment bis sie drauf kommt. Normale Vampire und Sonnenlicht, das ist ja immer noch so ein Ding. Auch wird sie nun zu ihnen gewunken. Nickend folgt sie dieser Anweisung. Bewegt sich vorsichtig und sieht die beiden genau an. Die Augen wirken glasig. Als wären sie nicht wirklich wach. Naja, ist ja auch Tag. "Warum bist du hier?" Unsicher blickt die junge Frau von dem einen Kerl zum anderen. Deutet sich dann selbst auf den Hals. Die Augen werden schmal. Skepsis tritt auf. "Von wem wirst du geschickt?" Tja. Gute Frage! Hätte der nette Urvampir auch eine Antwort darauf? Stille. Mike. Das ist das Einzige, was kommt. "Mike.", bringt sie raus und sieht den an, der die Frage gestellt hat. Der scheint derjenige zu sein, der von den beiden das Sagen hat.

Immer noch wird der Kopf skeptisch auf die Seite gelegt. Von einer Seite auf die andere. Wie ein Hund, bei dem man das Spielzeug quietschen lässt. "Dann wird dir Mike sicherlich auch gesagt haben, was man heute als Code hat." Oho? Gleich einen Code? Da scheint man ja wirklich nur mit Einladung reinzukommen! Alucard gibt etwas durch, was sie wiederholt. "Selbst wenn sich der Tag zeigt, wir stehen aufrecht." Die beiden blicken sich an. Nicken sich zu. "Folge mir. Gerry? Übernimm du erstmal." Alex folgt dem Gesprächsführer in die Dunkelheit des Gebäudes. Ihre Augen brauchen eine Zeit, bis sie sich an die Umgebung gewöhnt haben. Ein einzelner Gang zieht sich durch das Gebäude. Einzelne Türen gehen ab, an denen sie aber vorbei gehen. "Warum willst du das Ganze?" Ist das auch wieder ein Test? Alex sieht aber immer nur nach vorn. "Rache. Scheiß Bastarde haben ein paar Leute verletzt, die mir nahe stehen. Auf herkömmliche Art komme ich nicht an sie ran. So schon." Der Kerl mustert sie noch einmal, ehe er nickt. "Der häufigste Grund warum man hier auftaucht. Aber verständlich."

Sie soll nicht auffallen. Nur wie eine der anderen verwirrten Menschen wirken, die hier nach einer Lösung ihrer Probleme suchen. Alucard merkt verdammt schnell wie versucht wird, in ihren Kopf zu kommen. So schnell es geht zieht er sich zurück, um sie nicht auffallen zu lassen. Die blauhaarige bekommt davon nichts mit und lässt es einfach so passieren. Bekommt plötzlich ein leichtes Stechen in ihrer rechten Schläfe und denkt an die Warnung, die Alucard ihr ausgesprochen hat. Ein Vampir, der das Eindringen schon seit Jahrhunderten macht, schafft dies ohne Schmerzen. Sollte es aber ein Vampir probieren, der es noch nicht so lange macht, wird für das Opfer ein leichter Schmerz spürbar. Die einzig richtige Reaktion? Der Geschichte zu folgen. Sie will Rache, weil man ihre Familie verletzt hat. Alex schafft es sogar, sich gedanklich auf dieses Thema einzulassen. So sehr, dass sie selbst davon überzeugt ist, dass es die Realität ist! Eine Eigenschaft, die ihr damals im Theater und auf der Bühne oftmals geholfen hat. Leider bekommt sie dieses Anlügen des eignen Ichs nur selten gewollt hin.

"Hier rein." Der Kerl führt sie in ein Zimmer, in welchem das Tageslicht von draußen hereinscheint. Eine Frau sitzt auf einem Stuhl. Der Raum ist sonst leer. Misstrauisch sieht sich die junge Frau um, während Alucard leise flucht. Er kommt nicht mehr in ihren Kopf. Bedeutet, dass er nicht weiß, wann sie Probleme haben sollte. Jetzt muss er selbst Geduld haben und warten. Es ist nicht so, dass er ihr nicht traut. Es ist so, dass er nicht will, dass ihr etwas passiert! Immerhin ist er für sie verantwortlich und sollte ihr unter seiner Aufsicht etwas geschehen, ist er am Arsch. Sein Hirn rattert. Irgendwie muss er es doch schaffen, Kontakt zu ihr aufzunehmen! Aber wie? Was könnte ihm dabei helfen? Scheiße. Wieso musste ein anderer Vampir auch in ihre Gedanken? Hoffentlich hat sie sich an den Plan gehalten und nur an die Rache gedacht. Sollte so herauskommen, dass sie nicht an einer Wandlung interessiert ist, könnte sie schneller tot sein als es Alucard zu schaffen vermag.

Lange, dunkelbraune Haare. Schwarze Augen. Wahrscheinlich einen asiatischen Touch in ihren Genen, die die hohen Wangenknochen erklären könnten. Die leichten Mandelaugen. Lächelnd nickt sie der blauhaarigen zu. "Du möchtest zu uns gehören?", fragt sie und Alex nickt. Ihr Blick entschlossen auf die Frau vor ihr gerichtet. Der Kerl ist immer noch da. "Was genau führt dich her?" Als wäre sie wirklich interessiert, legt sie eine Hand an ihr Kinn. Alex weiß nicht genau, was sie von ihr will. Sagt aber das, was sie weiß. "Rache. Das ist alles, was ich will. Beschissene blutige Rache." Amüsiert schnaubend nickt die braunhaarige. "Verstehe. Sonst noch etwas?" Sie will einen triftigen Grund? Der eigentliche scheint wohl nicht auszureichen, was? Ohne darüber nachzudenken spricht Alex das aus, was ihr als erstes einfällt. "Man hat meine Familie verletzt und fast tot hinterlassen. Sie lagen blutverschmiert in Gassen oder in ihren Häusern. Ich weiß wer es war. Sie werden leiden. Lange und schmerzvoll. Das ist mein einziges Ziel."

Die Insel der DimensionenWhere stories live. Discover now