Klette

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Also lässt Alucard die beiden allein und macht sich selbst auf den Weg, erst einmal das Haus dieses Priesters zu finden. Seine erste richtige Aktivität ist das Durchsuchen der Kleidung. Wenn sich ein Geldbeutel finden sollte, wird dort auch der Personalausweis darin sein. Der schwarzhaarige schmunzelt. Treffer. Er zieht den schwarzen, ledernen Geldbeutel aus einer Tasche und macht sie auf. Ein paar Scheine. Ein bisschen Kleingeld. Nichts besonderes. Er zieht den Personalausweis heraus und will den Geldbeutel schon fast wieder wegschmeißen! Findet aber einen Zettel mit einer Nummer darauf. Kein Name dazu. Handgeschrieben. Die krakeligen Zahlen sind teils verwischt, da der kleine Zettel anscheinend nass geworden ist. Was für eine interessante Sache. Vielleicht können sie das für später noch einmal gebrauchen. Also steckt er den Zettel ein und macht sich in seiner vampirischen Geschwindigkeit auf, um die Adresse auf dem Ausweis zu suchen.

Beide sind angespannt. Es wird immer dunkler. Die stärkste Person in dem Gespann ist auf anderen Wegen unterwegs. Ein Hinterhalt mit erneuten Schüssen könnte sie jetzt nicht so ganz überleben, so zumindest Alex's Gedanke. "Wie hast du es eigentlich geschafft zu entkommen? Ich hab dein Top gesehen, als du noch im Wagen warst!" Das interessiert ihn dann doch so ein wenig. Hat sie vielleicht doch irgendwelche Kräfte, von denen sie noch nicht wussten? Kann sie etwas, was sie erst vorher rausgefunden hat? "Nichts gegen euch beide, aber... Im Gegensatz zu euch weiß ich, dass ein Motor bei so einem heftigen Beschuss in die Luft gehen kann. Ich weiß nicht, ob eine Kugel schon ausreicht und die gezielt sein müsste, aber je länger die Kugeln geflogen sind, desto höher stand die Chance mal kurz geröstet zu werden. Oder als Kohle zu Enden, wenn man mich überhaupt noch finden sollte und ich nicht überall bin." Alex zuckt mit ihren Schultern, während sie sich so ein wenig umsieht und auch Anderson dem Frieden nicht ganz traut.

"Top aus, ein wenig hindrapiert und dann bei einer Schusspause abgehauen. Offensichtlich war ich nicht so schlau wie ich dachte. Man hat mich entdeckt, mir eine Kugel reingejagt und ich wusste nicht, dass man schlimmere Schmerzen als Periodenkrämpfe kriegen kann. Da war der Kratzer ja n scheiß dagegen!" Dem Pater entkommt ein kurzes Lächeln. Ihr geht es wieder so gut, wie es vorher war. Das beruhigt ihn ungemein, da er sich ziemliche Sorgen gemacht hat. Es hätte sein können, dass sie das Blut des Vampirs irgendwie verändert! Offensichtlich nicht. "Ich habe mich also erstmal verzogen, damit ich nicht im Weg bin und auch relativ sicher. Da gab es ein kleines Spielhaus aus Holz. Wahrscheinlich für Kinder. Hab mich darin versteckt und abgewartet. Irgendwann ist dann etwas explodiert und da die Schüsse auch schon weg waren, habe ich nachgesehen und... joa. Den Rest kennst du."

Für einen Moment ist es still. Anderson durchlebt gerade die Gefühle die auftauchten, als er wirklich gedacht hatte, sie verloren zu haben. "Wir dachten, dass du noch in dem Wagen wärst. Der Vampir war auch der Meinung! Und er kann normalerweise spüren, ob noch jemand in der Nähe ist! Ich hatte Angst. Mein..." Er schluckt selbst und sieht wieder nach vorn. "Mein stärkster Gedanke war, dass ich hoffte, dass du recht hattest. Dass man an gebrochenem Herzen sterben kann." Er bleibt stehen, als Alex sich vor ihn stellt und ihn in den Arm nimmt. Trotz der möglichen Gefahr, erwidert er die Umarmung. Legt seinen Kopf auf ihren und schließt die Augen. Für einen Moment hatte er die Angst, dass er das nie wieder machen könnte. Sie einfach in den Arm nehmen. Wissen, dass sie da ist. "Pater Alexander Anderson. Hast du wirklich geglaubt, dass man mich, die größte Klette die es gibt, einfach so wegbringt?"

Etwas anderes als sie halten und einfach nur glücklich sein, geht gerade nicht. "Jeder stirbt einmal. Das ist vorherbestimmt. Das sind die biologischen Wege und... Gottes Weg. Aber der Tag ist nicht heute und er ist auch nicht in naher Zukunft. Dafür werde ich sorgen, klar?" Die glückliche Stimmung seinerseits geht ein wenig runter. Sie ist ein Mensch. Sie wird wirklich irgendwann sterben. Sie wird ihn und auch Alucard zurücklassen. Die beiden werden zusehen, wie sie alt wird. Gebrechlich. Wie sie Krankheiten bekommt und eventuell werden sie beide, frisch wie am ersten Tag, an ihrem Totenbett stehen und nicht verstehen, warum ein Menschenleben nur so kurz dauern kann. Deswegen sollte er jetzt den Moment mit ihr genießen. Erinnerungen schaffen, die alles andere überdauern. "Du bist alles für mich, mein Engel. Alles.", flüstert er und sie schnaubt. "Das ist jetzt schon ein wenig kitschig, oder?"

Anderson richtet sich lächelnd auf und zuckt mit den Schultern. "Ich bin ein alter Mann. Lass mich kitschig sein." Sie zieht eine Augenbraue hoch und leckt sich über die Lippen. "Ein alter Mann der verdammt noch eins weiß, was er mit seiner Zunge und seinen Fingern anstellen kann." Leicht klappt sein Mund auf, ehe er sie los lässt. "Madame? Würdest du dich bitte wieder konzentrieren?" Sie lässt den Pater los und zeigt mit ihren Finger ein Herz. "Liebe dich auch." Schmunzelnd verdreht er die Augen und wird wieder ernst. "Aber wir sollten uns die Kirche wirklich ansehen. Und auch sollten wir uns darauf vorbereiten, dass wir jederzeit angegriffen werden. Da ist jetzt so eine Ablenkung, wie du sie gerade bereitest meine liebe, wirklich nicht hilfreich." Alex nickt und sie gehen weiter. Die Kirche können sie schon und so müssen sie nur noch einen Weg dort hin finden. Zu lange sollte es aber nicht dauern.

Dachten sie. Eine halbe Stunde später sind sie erst dort angekommen. Nur vereinzelte Zwischenfälle gab es, was jetzt niemanden der beiden großartig überrascht. Gesprochen haben die beiden eigentlich nichts mehr, um keine weitere unnötige Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die Fenster der Kirche sind zersplittert. Die Tür hängt in Fetzen in den Angeln. Anderson hat seine Bajonette gezogen. Bereit, jederzeit einen Ghul oder Vampir zu erledigen. Alex hat die Pistole entsichert. Die Sonne ist untergegangen. Zwar sieht man draußen noch etwas, aber innerhalb eines Gebäudes ohne richtige Beleuchtung, ist es stockfinster. Sie können überhaupt nichts sehen. Alex holt ihr Handy heraus, welches bis jetzt immer noch kein Prozent Akku verloren hat und schaltet die Taschenlampe ein. Hält das Handy in der linken Hand. Der linke Arm ist somit angewinkelt und stützt den rechten Unterarm, in welchem die Pistole ist. So hat sie Licht und kann sich gleichzeitig auf das Schießen konzentrieren. 

Die Insel der DimensionenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt