» Kapitel 7 «

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»Olivia Capshaw«, ließ der Offizier mit dröhnender Stimme verlauten, als ich von George, der mich nun am Arm gefasst hatte - allerdings um Welten sanfter als gestern -, in einen hellen Saal voller Wachen geführt wurde, die allesamt an einer großen Tafel saßen und miteinander sprachen. Sie aßen noch nicht, warteten aber offenbar darauf, dass aufgetischt wurde. Konnte es sein, dass sie sich meinetwegen Zeit gelassen hatten? Um tatsächlich mit mir zu speisen?

George ließ mich los und deutete mit dem Kinn auf einen freien Stuhl, der neben dem eines anderen Soldaten stand, den ich bereits kennengelernt hatte. Fitzpatrick, der Mann, der mich mit Connors Hilfe festgenommen hatte. Ich konnte seinen Anblick kaum ertragen.

Er erwiderte mein Starren mit seinen feindseligen, stumpfen Augen, die sich in mich bohrten wie glühende Speere. Ich schluckte scharf, während ich auf den unbesetzten Stuhl zuging und mich darauf niederließ. Ich achtete nicht darauf, dass Fitzpatrick mit seinem Sitznachbarn abfällig über mich und die Sonnenanbeterinnen im Allgemeinen sprach und ich ignorierte auch, dass er mich am liebsten lichterloh brennend auf dem Scheiterhaufen sehen würde. In Wahrheit belog ich mich bloß selbst. Jedes seiner Worte traf mich tief. Sie waren ein Beispiel all der Wut derer, die keine Hexen oder Magier waren. Sie verabscheuten uns, weil wir anders waren als sie, weil sie anders waren als wir und sich vor uns fürchteten. Das lag wohl in der Natur des Menschen. Alles, was er nicht verstand und fürchtete, bekämpfte er.

Erst als ich den Blick hob und dem des Offiziers begegnete, wurde mir bewusst, dass er mir gegenüber saß. Er saß aufrecht auf seinem Stuhl und trank gemächlich aus einem Wasserkrug. Auch vor mir befand sich einer, doch ich wagte es nicht, den Blickkontakt zwischen uns zu unterbrechen, um danach zu greifen.

Nachdem er den Krug geleert hatte, stellte er ihn mit einem lauten Knall zurück auf die Tischplatte und verengte die Augen. Dann stahl sich ein kaltes Lächeln auf seine Lippen. Ein Schauer lief mir über den Rücken und ich schnappte nach Luft. Dieser Mann war das Unheimlichste, das mir im Leben jemals widerfahren war. Er wirkte wie ein Raubtier auf Beutezug, stets dazu bereit, seine Krallen in noch lebendes, warmes Fleisch zu stoßen. Ich bekam es mit der Angst zu tun.

»Und? Wie gefällt es dir bei uns?«, fragte er lachend, wartete jedoch keine Antwort meinerseits ab und rief eine Küchenmagd zu sich. »Unser Frühstück kann nun serviert werden. Beeilt euch damit, denn meine Männer«, er schaute amüsiert zu mir. »und Frauen haben großen Appetit.«

Endlich schaffte ich es, mich von seinen Augen, die seltsam vertraut auf mich wirkten, zu lösen und meinen Krug mit ein paar wenigen Schlucken zu leeren. Dabei tat ich alles in meiner Macht Stehende, um ihn nicht anzusehen, seinen durchdringenden Blick nicht zu erwidern. Ich hatte es ihm zu leicht gemacht, mich einzuschüchtern, denn wenn ich in diesem Schloss überleben wollte, musste ich Mumm zeigen. Selbst wenn ich eigentlich keinen besaß.

»Ich habe Fragen«, erklärte ich ausweichend und betrachtete all die Soldaten, deren Stimmengewirr mir das Denken erschwerte. Es waren einzig und allein Männer anwesend, junge, trainierte Männer, die sich angeregt miteinander unterhielten und immer wieder den Kopf in den Nacken legten und schallend lachten.

Der Offizier fing meine prüfenden Blicke mühelos auf und legte seine Hände gefaltet vor seinem Teller ab. »Das habe ich mir fast schon gedacht«, kommentierte er zufrieden, weil er mir offenkundig immer einen Schritt voraus war. »Frag mich. Vielleicht kann ich dir das ein oder andere beantworten. Aber ich verspreche nichts. Und wage es nicht, mich zu verärgern, Olivia Capshaw. Das ist eine Warnung.«

»Woher habt Ihr meine Maße?«, platzte es aus mir heraus.

Der Offizier hob beide Augenbrauen. »Ist das denn nicht völlig offensichtlich? Connor hat die Kleidung anfertigen lassen.« Er grinste hämisch, als er hinzufügte: »Er hat ein Auge für solche Dinge.«

BORN TO BURN (Band 1)Where stories live. Discover now